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01 Arthur und die vergessenen Buecher

01 Arthur und die vergessenen Buecher

Titel: 01 Arthur und die vergessenen Buecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Uniform wie ein Maßanzug. Sein schwarzes Haar war gegelt und zurückgekämmt, und sein dunkler Bartschatten sah nicht ungepflegt, sondern auf den Mikrometer genau gestutzt aus.
    »Gunther!«, rief er und sprang vom Wagen herunter. Die beiden Männer umarmten sich, dann nahm Antonio uns in Augenschein.
    » Bella! «, rief er und hielt Larissa seine Hand hin. Als sie ihre Hand etwas zaghaft in seine legte, führte er sie zu seinem Gesicht und deutete einen Handkuss an. Sie errötete und zog ihre Hand etwas zu schnell zurück.
    Antonio lachte. »Keine Angst! Gunther kann bezeugen, ich habe Frau und Kinder und bin sehr glucklich!« Er wandte sich mir zu. »Willkommen an Bord, compagno . Ihr musst also heimlich umsteigen? Das will ich gleich etwas genauer wissen! Aber erst sagt ihr mir, wie ihr heißt!«
    »Das ist Larissa, und ich bin Arthur«, sagte ich.
    » Arturo e Larissa! Che bello! «, rief er.
    Er half uns, unsere Koffer in den Waggon zu hieven. Immelmann drückte jedem von uns die Hand. »Viel Glück, Kinder. Bei Antonio seid ihr in guten Händen.«
    Antonio bugsierte uns in den nächstliegenden Erste-Klasse-Waggon. Ich wies ihn darauf hin, dass wir nur ein Ticket für die zweite Klasse hatten.
    » Assurdo! «, rief er. »Meine Freunde fahren immer in der ersten Klasse. Hier« – er deutete auf zwei Plätze – »die sind garantiert nicht reserviert. Setzt euch! Setzt euch!«
    Also machten wir es uns in den breiten Sesseln bequem. Antonio verschwand und kam wenig später mit einem Tablett wieder, auf dem er zwei Croissants und zwei Tassen Milchkaffee beförderte. Er stellte das Tablett vor uns auf den Tisch.
    » La colazione «, sagte er. »Ein kleines Fruhstuck.« Er zog entschuldigend die Schultern hoch. »Mehr kann ich euch leider nicht anbieten.«
    Ich merkte, welchen Hunger ich hatte. Wir tunkten die noch warmen Hörnchen in den Kaffee ein und verspeisten sie genüsslich. Antonio war wieder verschwunden, und wenig später setzte der Zug sich in Bewegung und rollte in den Bahnhof ein.
    Etwas besorgt schaute ich aus dem Fenster, ob ich vielleicht Ham Slivitsky auf dem Bahnsteig entdecken konnte, aber es war keine Spur von ihm zu sehen. Er konnte auch unmöglich wissen, in welchen von den Zügen wir gestiegen waren, die München fast im Minutentakt verließen.
    Der Zug begann sich langsam zu füllen. Die meisten Reisenden in unserem Wagen waren Geschäftsleute, von denen einige uns mit fragendem Blick musterten. Pünktlich um zwei Minuten nach halb neun rollten wir aus dem Bahnhof.
    Die Fahrt verlief ereignislos. Von München aus ging es über die Grenze nach Österreich und von dort aus die Alpen hinauf bis zum Brennerpass. Etwa bei Innsbruck brach die Sonne durch die dichte Wolkendecke. Von hier aus stieg die Bahnstrecke bis zum Brenner konstant an. Unser Weg führte durch Felsschluchten und an ausgedehnten Bergtälern vorbei, in deren saftigem Grün immer wieder Bergbauernhäuser wie aus dem Bilderbuch auftauchten.
    Am Bahnhof Brenner hatten wir einen längeren Halt, weil die Lokomotive gewechselt wurde. Außerdem stiegen italienische Grenzbeamte ein, um die Ausweise der Reisenden zu kontrollieren. An der niederländischen Grenze hatten wir beide Male Glück gehabt, denn es gab keine Kontrollen. Was würden die Beamten sagen, wenn sie zwei Minderjährige ohne Begleitung Erwachsener im Zug antrafen?
    Antonio sorgte dafür, dass es dazu gar nicht erst kam. Er schien die Beamten gut zu kennen und erzählte ihnen in rasendem Italienisch eine Geschichte, als sie an unseren Tisch kamen. Die beiden Grenzer nickten uns nur kurz zu und gingen dann weiter.
    »Ich habe ihnen gesagt, ihr seid die Kinder meines Schwagers und ich passe auf euch auf«, berichtete er, als er nach Bozen wieder zu uns kam. Seit unserer Abfahrt war er alle halbe Stunde bei uns aufgetaucht und hatte uns mit diversen Getränken und Keksen versorgt. Dabei mussten wir ihm erzählen, was uns nach Bologna führte und warum wir verfolgt wurden. Ich wiederholte die Märchen, die ich Immelmann aufgetischt hatte, und kam mir ziemlich mies dabei vor, jemanden zu belügen, der so freundlich zu uns war wie Antonio.
    Dieses Mal brachte er für jeden ein Paar Frankfurter Würstchen mit. »Mittagessen«, grinste er und stellte uns noch zwei Cola dazu.
    Wir hatten die Alpen inzwischen hinter uns gelassen. Weiße Häuser mit roten Ziegeldächern lagen träge in der Sonne. In den Ortschaften, durch die unser Zug nun rollte, waren Rottöne in allen

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