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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Miez«, rief er schmeichelnd und erreichte damit so wenig wie zuvor. Er ging in die Küche zurück, warf das ausgetrocknete Futter weg und gab eine frische Portion in den Napf. Den schob er so weit es ging unter das Bett und blieb dann auf allen vieren liegen, um die Katze zu beobachten. Er hatte ein schlechtes Gewissen angesichts der Trauer des Tiers und wußte doch nicht, wie er ihm helfen sollte, da er mit Katzen keine Erfahrung hatte.
      »Also«, sagte er zu der Katze, »mehr kann ich nicht für dich tun. Ob du frißt oder nicht, ist deine Sache. Ich kann dich nicht weiterhin >Mieze< nennen, und >Sidhi< oder etwas ähnlich Absurdes werde ich dich ganz bestimmt nicht nennen.« Die Katze schloß die Augen, ob aus Müdigkeit oder Langeweile, konnte Kincaid nicht sagen. »Sid. Von jetzt an heißt du schlicht und einfach Sid. Okay?« Er nahm das Schweigen als Zustimmung und stand auf.
      Er mußte einen Schlüssel haben, wenn er sich weiter um die Katze kümmern wollte. Wo hatte Jasmine ihre Schlüssel aufbewahrt? Sie hatte sie wahrscheinlich nicht häufig gebraucht, seit sie praktisch ans Haus gefesselt gewesen war, aber sie mußten leicht zugänglich gewesen sein. Der kleine Sekretär erschien ihm als der nächstliegende Aufbewahrungsort, und in der Tat brauchte er nicht lange zu suchen. Er fand einen einzelnen Schlüssel an einem Messingring mit Monogramm in einem Holzkästchen auf der Schreibplatte des Sekretärs.
      Als er sich abwenden wollte, fiel ihm etwas Farbiges in einem der offenen Fächer des Schreibtisches auf. Es war ein Terminkalender, wie man sie in manchen Museen kaufen kann: Jede Seite, die jeweils eine Woche umfaßte, war mit dem Druck eines Gemäldes von Constable geschmückt. Er blätterte die letzten Monate durch und fand Eintragungen ihrer Klinikbesuche, von Geburtstagen und, immer häufiger, seines eigenen Namens. In den Märzwochen erschienen die ersten botanischen Vermerke: über die Blüte der Forsythien und der japanischen Quitten, der Narzissen und, als er zum April blätterte, die Blüte von Birne und Pflaume, der ersten Tulpe im Garten. All diese Pflanzen waren von den Fenstern der Wohnung aus zu sehen, und Kincaid hatte den Eindruck, daß diese Aufzeichnungen nicht Teil eines alljährlichen Rituals waren, das Jasmine gepflegt hatte, sondern vielmehr Wiedergabe des Erlebens eines letzten Frühlings. Unter dem Datum des gestrigen Tages, gegenüber von Constables »Blick von Hampstead Heath« hatte sie geschrieben: »Theo - Sonntag?« Und darunter, sehr sorgfältig: »Mein fünfzigster Geburtstag.«
      Das hatte er nicht gewußt.
     
     

4
     
    Am Samstag morgen erwachte Kincaid langsam, fühlte sich ; wohlig träge und zufrieden, bis die Erinnerung wiederkehrte. Das Gefühl des Verlusts senkte sich schwer auf ihn nieder und saß ihm wie ein Alp auf der Brust. Er richtete sich auf und schüttelte den Kopf wie ein Schwimmer, der aus den Tiefen auf taucht.
      Wenn er geträumt hatte, so hatte er keine Erinnerung daran. Sein Kopf war klar, und er wurde sich bewußt, daß er im Schlaf zu einem Entschluß gekommen war. Wenn der Pathologe feststellte, daß Jasmine eines natürlichen Todes gestorben war, würde er mit Freuden seinen Argwohn fallen lassen. Wenn jedoch nicht, so mußte er, fand er, vorbereitet sein. Selbstmord war die naheliegende Schlußfolgerung; er hatte keinen konkreten Anlaß ihr zu mißtrauen, und doch tat er es. Vielleicht war es einfach so, daß er, der Kriminalbeamte, nicht einmal zu Hause abschalten konnte und selbst im natürlichen und friedlichen Tod einer Freundin noch die Gewalt suchte. Oder vielleicht wehrte er sich gegen den Gedanken an Selbstmord, weil dieser bei ihm Schuldgefühle auslöste, als hätte er sie irgendwie im Stich gelassen. Aber was auch immer die Quelle seines Unbehagens sein mochte, die Erfahrung hatte Kincaid gelehrt, sich auf seinen Instinkt zu verlassen, und etwas an Jasmines Tod beunruhigte ihn.
      Das Wochenende würde ihm Zeit zu näherer Überlegung geben. Er war dienstfrei. Er konnte damit beginnen, sich in Jasmines Wohnung umzusehen. Jedoch bei der Vorstellung, ganz allein in Jasmines persönlichen Dingen zu kramen, überfiel ihn Niedergeschlagenheit. Theo hatte ihm zwar praktisch carte blanche gegeben; dennoch erschien es ihm, als drängte er sich in ihre Privatsphäre.
      Gemmas offenes, sommersprossiges Gesicht tauchte vor ihm auf. Auch sie hatte dieses Wochenende keinen Dienst. Er würde sie anrufen und um ihre Hilfe

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