01 - Der Geist, der mich liebte
unterschrieb, packte er meine Einkäufe in braune Papiertüten. Als er fertig war, legte er den Beleg in seine Kassenschublade. Während ich noch überlegte, wie oft ich gehen musste, um alles zum Wagen zu bringen, richteten sich Mr Perkins' Augen auf die beiden Männer. Er deutete mit dem Kopf auf die Tüten. »Bill und Frank bringen Ihnen die Sachen zum Auto.«
Die beiden reagierten prompt. Jeder von ihnen klemmte sich zwei Tüten unter den Arm und schnappte sich dann noch einen Eimer Farbe. Alles, was mir zu tragen blieb, war ein kleiner Werkzeugkasten, für den ich mich entschieden hatte.
Ich verabschiedete mich von Mr Perkins und ging hinter Bill und Frank zur Tür.
»Ms Mitchell!«, rief Mr Perkins mir hinterher.
Ich blieb noch einmal stehen. »Ja?«
»Zurzeit treibt sich ein Landstreicher in der Gegend herum. Irgend so ein Drogenfreak. Sperren Sie Ihre Tür gut ab!«
»Danke. Werde ich tun.« Allein schon wegen der Zombies. Ich unterdrückte ein Grinsen, als ich mal wieder an die wandelnden Toten denken musste. Der Gedanke an einen Landstreicher behagte mir allerdings weit weniger. Was, wenn ich ihm bereits begegnet war - vergangene Nacht...? Nein! Ein Eindringling hätte Spuren hinterlassen. Was ich gesehen hatte, war entweder das Bild eines Traums oder ein Gespenst. Ich hoffte auf den Traum.
Ich nickte Mr Perkins noch einmal zu, dann folgte ich den beiden Männern nach draußen und führte sie zu meinem Käfer. Blitzschnell war alles eingeladen, und ehe ich michs versah, waren die beiden schon auf dem Rückweg zu Mr Perkins' Laden, um ihren Schwatz fortzusetzen.
Während ich noch überlegte, ob ich jetzt etwas essen oder erst meine Einkäufe hinter mich bringen sollte, fiel mein Blick auf ein großes Backsteingebäude. Das Ziegelrot hob sich so deutlich von den hellen Fassaden der anderen Häuser ab, dass ich mich fragte, warum es mir nicht schon vorhin aufgefallen war. Bibliothek verkündeten große graue Buchstaben über dem Eingang. Da kam mir eine Idee. Ich war in der Lage, einen Nagel in die Wand zu schlagen, Löcher zu bohren und würde sicher auch noch ein paar andere Dinge schaffen. Doch bei dem, was mich im Haus erwartete, konnte es bestimmt nicht schaden, wenn ich mir ein paar Do-it-yourself-Bücher besorgte.
Ich überquerte die Straße und betrat die Bibliothek durch einen der beiden Türflügel. Im Inneren war es kühl.
Allerdings längst nicht so kalt wie in meinem Haus. Im Eingangsbereich stand ein hufeisenförmiger Tresen aus dunklem Holz. Dahinter erstreckten sich unzählige Regalreihen. Dicke Teppiche dämpften meine Schritte, als ich zum Tresen ging.
Erst als ich näher kam, entdeckte ich die Blondine, die dahinter auf einem Bürostuhl saß und in einem Buch las. Sobald sie mich bemerkte, klappte sie das Buch zu, ohne es aus der Hand zu legen, und blickte mir Kaugummi kauend entgegen. Soweit ich es einschätzen konnte, war sie etwa in meinem Alter. Ihr Haar stand in Gel geformten Stacheln nach allen Seiten ab; das Platinblond ein krasser Kontrast zu ihrem knallroten Lippenstift und dem leuchtend grünen Lidschatten, der ihre katzenhaften Augen betonte. Silberne Ohrringe in Form von handtellergroßen Scheiben klirrten bei jeder Bewegung leise. Ihre Klamotten waren mindestens genauso schrill wie ihr Make-up. Sie trug eine silberne Kette um den Hals, deren Anhänger im gewagten Ausschnitt ihres bauchfreien, pinkfarbenen Tops verschwand, dazu ein Paar knallenge Jeans und einen nietenbesetzten schwarzen Ledergürtel.
»Kann ich dir helfen?«, fragte sie und ließ gleich darauf eine Kaugummiblase platzen.
»Bestimmt. Hast du was über Heimwerken?«
»Du bist neu hier.«
»Richtig. Sam Mitchell«, stellte ich mich vor.
»Hi. Ich bin Tess. Tess Adams. Eigentlich Teresa, aber jeder, der mich so nennt, bekommt Ärger.«
Grinsend legte ich meinen Rucksack auf den Tresen. Mir
ging es wie ihr. Auch ich zog die Kurzform meines Namens vor. »Dann brauch ich wohl zuerst einen Bibliotheksausweis, oder? Kannst du mir einen ausstellen?«
»Klar.« Tess nickte. »Du brauchst 'nen Ausweis. Aber das meinte ich gar nicht.« Jetzt legte sie ihr Buch zur Seite. Die unsterbliche Seele - beschwören oder bannen?, stand in dicken Lettern auf dem Cover. Esoterik. Nicht ganz meine Kragenweite. »Ich hab dich in Cedars Creek noch nie gesehen.«
Natürlich nicht, ich war ja die Neue, die sich nun überall den neugierigen Fragen und Blicken der Stadtbewohner stellen musste. Ich unterdrückte ein Seufzen
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