01 - Hexenpower
Punkte im Rückspiegel wären ein Wagen, der direkt hinter ihrem stand. Als ihre Augen sich jedoch etwas besser an die Dunkelheit in dem Fahrzeug gewöhnt hatten, stellte sie fest, daß die beiden Leuchtflecke hinter ihr über der Rückbank schwebten. Und langsam schälten sich auch die umliegenden Konturen aus der Schwärze.
Es war ein Mann.
Ein Mann mit feuerrot leuchtenden Augen!
Britneys Mund öffnete sich zu einem Schrei, und ihre Hand griff instinktiv zum Türöffner. Doch es war zu spät.
Eine rauhe Hand, fast schon eine Pranke, legte sich blitzschnell um ihren Hals und riß sie nach hinten. Es gab keine Möglichkeit zur Flucht, keine Chance zur Gegenwehr.
Nur ein Kellner auf der Außenterrasse des »quake« bemerkte verwundert, daß der kleine Sportwagen leicht zu schaukeln schien .
Prue fluchte leise. Wo war bloß der verdammte rechte Schuh? Sie kam sich wie eine schuldbewußte Variante von Schneewittchen vor, wie sie hier auf einem Fuß durch Andys Schlafzimmer hüpfte, immer darauf bedacht, keinen Lärm zu machen.
Draußen stiegen schon die ersten hellen Schleier am Horizont auf, und Prue wußte, das Andy Frühdienst hatte. Es war die letzte Chance, hier ohne Diskussion herauszukommen.
Endlich fand sie den Schuh. Er lag hinter dem Sessel, und trotz allem mußte sie grinsen, als sie daran dachte, wie er dort hingekommen war. Sie zog ihn an und griff nach ihrer Handtasche. Dabei stieß sie ein paar Zeitschriften, von der Anrichte, die geräuschvoll auf den Boden klatschten.
Andy drehte sich im Bett herum. Er schlief ein bißchen unruhig, was bei seinem Beruf als Polizist und nach dieser Nacht verständlich war.
Auf Zehenspitzen trippelte Prue in Richtung Tür.
Noch vier Schritte, noch drei, noch zwei ...
In diesem Moment piepste der Radiowecker, und sie bekam fast einen Herzinfarkt. Es dauerte einige Sekunden, bis sie das nervtötende Gerät im Halbdunkel erspäht hatte. Danach genügte minimale Konzentration, um das Kabel des Störenfrieds mit Gedankenkraft aus der Steckdose zu zerren und den Wecker durch die halboffene Balkontür nach draußen zu schleudern.
»Tut mir leid«, flüsterte sie, »ich kaufe dir einen neuen.«
Sie trat aus der Wohnung und ging Richtung Aufzug.
Andy war lange genug Polizist gewesen, um schon beim ersten Piepsen seines Weckers aus Morpheus' Armen zurückzukehren. Er öffnete müde die Augen. Nach zwei Sekunden kehrte die Erinnerung an die vergangene Nacht wieder.
»Prue?« murmelte er leise, während er die andere Betthälfte neben sich abtastete. »Prue? Bist du da?«
Er mußte feststellen, daß er auch an diesem Morgen wieder alleine frühstücken würde.
Piper gehörte nicht zu den Menschen, die schon am frühen Morgen den Fernseher einschalteten. Die hirntote Mischung aus lauten Talkshows, dümmlichen Spielen und unerträglichen Seifenopern verursachte ihr Kopfschmerzen. Heute jedoch machte sie eine Ausnahme: Der Bildungskanal brachte eine Dokumentation über Hexen.
»Sie als Gespielinnen des Teufels zu entlarven«, dozierte der Sprecher mit düsterer Stimme, während im Hintergrund schaurige zeitgenössische Bilder eingeblendet wurden, »war keine leichte Aufgabe für die Beisitzer der Hexenprozesse von Salem. Doch es kam zu einem erstaunlichen Zwischenfall. Eine der Beschuldigten, Mary Esteen, rannte zur Kirche, um vor Gott ihre Unschuld zu bezeugen. Es tat einen Donnerschlag, und vom Blitz getroffen sank sie zu Boden. Nach Ansicht des Gerichts hatte damit der Herr selbst gesprochen, indem er dem Bösen den Zutritt zu seinem Haus verweigerte. Die Hexen wurden in der Folge der Ketzerei schuldig gesprochen, und bei lebendigem Leib auf dem Scheiterhaufen verbrannt.«
Piper schüttelte sich, während sie ihre Tasse ausspülte.
In diesem Augenblick kam Prue in die Küche, entdeckte noch einen Rest Kaffee in der Kanne, und schenkte sich glücklich davon ein. Sie warf einen Blick auf den kleinen TV-Apparat. »Was guckst du da?«
Piper drückte hastig auf den Aus-Knopf der Fernbedienung. »Nichts. Ich meine, nur eine Dokumentation. Über Hexen.«
Prue sah sie eindringlich, aber belustigt an. »Hast du Angst, auf dem Scheiterhaufen zu enden?«
Piper knetete ihre Hände. »Unsinn . Ach ja, Andy hat angerufen.«
Die älteste der Halliwell-Schwestern war überrascht. »Wann?«
»Eben, als du unter der Dusche warst.«
»Was hast du ihm gesagt?«
»Daß du unter der Dusche bist. War das Date denn so schlimm?«
Prue begann, die Kaffeetasse zwischen ihren
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