Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 Nightfall - Schwingen der Nacht

01 Nightfall - Schwingen der Nacht

Titel: 01 Nightfall - Schwingen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
Vom Netzwerk:
sich von den blutig geschürften Handgelenken. Die Handschellen fielen scheppernd auf den Teppichboden, ehe S sein Shirt hochzog und sich das Blut vom Gesicht wischte.
    »Können wir trotzdem spielen?«, fragte der Perverse. Seine Stimme klang verlangend, während er mit einer Hand über S’ Schenkel fuhr.
    Dieser schlug die Hand des Mannes beiseite und blickte ihn an. In seinen Augen schwelte ein Feuer. Er strich mit zitternder Hand das zerschnittene, blutige T-Shirt über die darunterliegenden, noch immer schmerzenden Wunden. Eine Erinnerung nagte an ihm – ein Keller –, dann löste sie sich wieder auf. Der Schmerz zog sich zurück, wartete ab.
    I am what you made me,
no matter where you hide,

where you run,
I will find you …
    S’ Hand wanderte zum Reißverschluss seiner Jeans. Er zog ihn zu und schloss den Gürtel. »Fass mich noch einmal an, und niemand wird dich mehr retten können.«
    Elroy wandte den Blick ab. Er biss die Zähne zusammen und ballte die Fäuste. S bückte sich und hob die Handschellen auf. Der Mann beobachtete ihn, ohne die Fäuste zu öffnen. Wortlos packte S eine der Fäuste und ließ eine der Handschellen darum schnappen.
    »He, ich dachte, alles wäre cool«, protestierte Elroy, als S den anderen Metallring an einem Gestell festmachte.
    »Der Schlaf naht«, sagte S, »und ich traue dir nicht.«
    Elroy lehnte sich gegen die Tür des Vans. »Na gut. Ich dir auch nicht.« Er wies auf das Kopfkissen und zog eine Braue hoch.
    »Willst du es dir bequem machen?« S nahm eine der blutigen Klingen und sah Elroy an. Dann stieß er ihm das Messer in den Oberschenkel. »Du kannst mich mal.«
    Elroy sog hörbar die Luft durch die Zähne und verzerrte schmerzerfüllt sein Gesicht. An seiner Schläfe pochte eine Ader. »Du entkommst mir nicht«, flüsterte er.
    »Ach – echt?«, antwortete S und kletterte in den vorderen Teil des Autos. »Da bin ich anderer Meinung.«
    Als er den Vorhang beiseiteschob, warf er noch einmal einen Blick auf den Sterblichen. Leichte Beute. Er wurde wieder hungrig. Das Verlangen nach Blut war so stark, dass er sich fast danach verzehrte. Aber der Gedanke an das bittere Blut des Perversen, das bereits jetzt durch seine Adern, durch sein Herz lief und sein Gehirn wieder funktionstüchtig machte, ließ ihn kalt. Was, wenn er tatsächlich Ginas letzte Worte kennt?

    S glitt durch den Spalt im Vorhang, setzte sich auf den Vordersitz und öffnete die Autotür. Er sprang auf den Asphalt hinaus. Die Nacht kühlte sein Gesicht. Er schlug die Tür hinter sich zu und sog die verschiedenen Düfte ein: feuchtes Gras, Diesel, heißes Gummi und wilde Rosen. Eine Autobahnraststätte.
    Halb gehend, halb schwankend bewegte er sich auf einen Sattelschlepper zu. Seine Stiefel gaben auf dem Boden keine Geräusche von sich. Hunger raubte ihm die letzte Kraft. Die Drogen hatten seinen Körper durcheinandergebracht und sein Bewusstsein vernebelt. Am grauen Horizont zeigten sich die ersten Anzeichen des Sonnenaufgangs, und ihn ergriff wieder Schwindel. Er musste dringend etwas zu sich nehmen und dann wieder zum Van zurückkehren, um sich im Schlaf zu erholen.
    Er sprang auf das Trittbrett des Sattelschleppers und versuchte, die Tür zu öffnen. Verriegelt. Also zerschlug er mit der Faust das Fenster. Glasscherben regneten auf den Asphalt und in die Fahrerkabine. Er hielt sich am Fensterrahmen fest und glitt hinein. Seine Bewegungen waren so schnell, dass der Fahrer noch verschlafen blinzelte, als sich S schon auf ihn geworfen hatte.
    Er hielt ihn fest, riss seinen warmen Hals auf und trank.

31
WORTE WIE EINE FEUERSBRUNST
    Johanna ging den leeren Gang entlang. Sie war durch ihre Wachmachertabletten in einer seltsam fiebrig aufgekratzten Stimmung. Ihre Absätze klapperten laut auf den glänzenden Fliesen. Was ist bei Sonnenaufgang passiert? Der Gedanke wirbelte durch ihren Kopf, und sie blieb abrupt mit pochendem Herzen stehen.
    Es schneit, und der Schnee macht die erwachende Welt hinter ihrem Fenster leise. Der Himmel wird heller und erleuchtet dicke Flocken, die aus dem grauen Himmel fallen, dann …
    Johanna ging weiter.
     
    Dann flackert das Licht – wie eine Kerzenflamme, die eine Windböe plötzlich erfasst –, wird schwächer und geht aus. Finsternis breitet sich am Horizont aus. Der Tag dreht sich um. Eine unfassbare Macht erschüttert den Himmel. Eine Macht, die so stark ist, dass sie Johanna selbst in ihrem Haus erreicht, während sie fassungslos am Küchenfenster steht. Sie

Weitere Kostenlose Bücher