01 Nightfall - Schwingen der Nacht
Labor.«
»Verstanden.«
Johanna beendete das Gespräch. Es war Zeit, sich vorzubereiten. Ihr kam die Idee, Washington zu verlassen. Zum wiederholten Mal zog sie diese Möglichkeit in Erwägung. Sie konnte wegfliegen. Was hielt sie noch? Bis Ronin und die anderen sie gefunden hatten, würde sie genügend Zeit gehabt haben, einen Plan zu entwerfen und die Dinge ins Rollen zu bringen.
Doch der Gedanke, ihr kleiner Blutgeborener könnte in Ronins Händen sein, sagte ihr ganz und gar nicht zu. Ihr Magen verkrampfte sich, wenn sie nur daran dachte. Sie musste ihn wieder zu ihrem Eigentum machen. Was, wenn er bereits aufgewacht war und sich wieder erinnern konnte? Dann musste sie diese Erinnerungen eben erneut in ihm begraben und ihn wieder zum Schlafen bringen.
Johanna erhob sich und ging durch den weiß erleuchteten Raum zu einem Karteischrank aus Kirschholz. Sie sperrte die oberste Schublade auf, nahm eine unbeschriftete CD heraus und schloss dann den Schrank wieder ab. Mit der CD in der Hand kehrte sie zu ihrem Schreibtisch zurück, wo sie diese in
einen gefütterten Briefumschlag steckte, den sie an Dante Prejean adressierte.
Wenn alles schieflief, wollte Johanna sicher sein können, dass Wells nicht ungeschoren davonkam, und wenn alles gut ging, nun, dann musste sich Wells vielleicht trotzdem Sorgen machen. Aber nicht wegen S. Vielleicht sollte er sich Sorgen wegen eines unangemeldeten Besuches Johannas machen.
Heather lief durch das volle Terminal und lauschte den Stimmen, die über Lautsprecher die Flüge nannten, die wegen des bevorstehenden Sturms storniert werden mussten. Sie sah sich die Gesichter der Leute an, an denen sie vorbeikam und die entweder bei der Gepäckausgabe warteten oder an den Imbissen und Kiosken etwas kauften.
Als sie frischen Kaffee und Speck roch, begann ihr Magen zu knurren. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie seit dem Nachmittag des Vortags nichts mehr gegessen hatte, und sie stellte sich sogleich in eine Schlange vor Sunnys Breakfast ’n’ More.
Während sich die Schlange vorwärtsbewegte, sah sich Heather nach Männern in Anzügen mit diesem typischen selbstbewussten FBI-Gang um. Sie suchte nach jemandem, der die Hand übers Ohr legte, schaute sich aber ebenso nach De Noir um. Außerdem passte sie auf, ob sich andere umsahen wie sie selbst.
Ihr Blick blieb an einem Mann in Anzug und Parka hängen, der mit einer Frau in einem beigen Trenchcoat sprach. Heather erstarrte. Der Mann musterte die Menge im Rücken der Frau, während sie miteinander sprachen, und Heather war sich sicher, dass die Frau dasselbe hinter ihm tat. Moores Leute? Flughafensicherheit?
»Nächster.«
Heather bestellte ein Sandwich mit Speck, Eiern und Käse zum Mitnehmen und zahlte bar. Sie hatte De Noir gesagt, er solle sie bei der Autovermietung treffen. Vielleicht war er schon da und wartete. Heather schob ihr eingewickeltes, dampfend heißes Sandwich in die Manteltasche und mischte sich unter die Leute. Ihr Herz begann zu rasen. Vorsichtshalber öffnete sie den Gürtel und die Knöpfe ihres Trenchcoats.
Für wen auch immer Parka und Trenchcoat arbeiten mochten – sie würden nicht so dämlich sein, sie in der Flughafenhalle abzufangen und aufhalten zu wollen. Nein, sie würden darauf warten, dass Heather den Flughafen verließ. In der Halle war sie in Sicherheit.
Sie schob sich durch die Menge und arbeitete sich zur Theke der Autovermietung vor. Dort standen zwar bereits Leute, aber keiner von ihnen war fast zwei Meter groß und hatte schwarzes Haar, das bis zur Taille reichte. Wo war De Noir? War ihm etwas passiert? Er hatte ihr versichert, er werde am Flughafen sein, wenn sie dort landete.
Es sei denn …
Nichts gegen Lucien, aber Ihre Sicherheit wird nicht seine Hauptsorge sein.
Hatte De Noir Dante durch ihre Verbindung erreicht? Vor dem Schlaf ?
Einen Augenblick lang regte sich in Heather Hoffnung. Dann wäre es nicht mehr nötig, Johanna Moore zur Rede zu stellen. Stattdessen konnte sie mit der Akte über Dante eine Anklage gegen sie zusammenstellen und sie verhaften lassen. Sie verraten? Wenn sie das tat und ihre Beweise den Medien vorlegte, war ihre Karriere beim FBI für immer vorüber.
Aber war sie das nicht ohnehin schon? War ihre Karriere nicht schon so tot wie Stearns? Was war mit Dante? Würde er seine Vergangenheit – einschließlich seiner Verbrechen – als
Schlagzeilen und gefundenes Fressen für die Boulevardpresse sehen wollen?
Heather trat an die Theke. Ein
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