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01 Nightfall - Schwingen der Nacht

01 Nightfall - Schwingen der Nacht

Titel: 01 Nightfall - Schwingen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
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ärgerlicher Stimme. »Hm? Warum nicht damals?« Seine Augen richteten sich auf den Anhänger um Luciens Hals. »Scheiße!« Er sah weg, wobei ein Muskel an seinem Kiefer zuckte. Geistesabwesend wischte er sich die Nase ab und verschmierte so Blut auf seinem Handrücken und im Gesicht.
    Mit wedelnden Flügeln stand Lucien auf. Eine kühle nächtliche Brise fuhr durch die Kirche. Der starke Geruch nach Weihrauch und Wachs war für einen Moment nicht mehr wahrzunehmen.
    Lucien erinnerte sich an den Schmerz, der durch seinen Geist gefahren war und ihn hatte abstürzen lassen. Er erinnerte sich an den Zorn und die Trauer, die durch die Verbindung zu ihm herüber geflossen war, und dann erinnerte er sich mit einer solchen Klarheit, dass ihm beinahe das Herz stehen blieb: jemand hatte Dantes Schilde mutwillig durchbrochen.
    »Warum zum Teufel hast du nichts gesagt?«
    »Du hattest schon so viel zu verdauen«, erklärte Lucien mit einer leisen, beruhigenden Stimme. »Ich wollte dir nicht noch mehr aufhalsen.«

    Dante kniff die Augen zusammen und schüttelte sich.
    »Lass mich dich heimbringen«, sagte Lucien und ging auf ihn zu. Unter seinen Füßen brach Holz. »Du bist verletzt, erschöpft. Dante, s’il te plaît .«
    Da sah Dante ihn mit funkelnden Augen an, seine bleiche Miene wirkte eiskalt. »Wie hieß sie … Genevieve wie noch?«
    »Ich erzähle es dir später, nach dem Schlaf . Ich glaube, dir ist nicht bewusst, wie verletzt du bist.«
    »Nein!«, rief Dante. »Sag es mir, verdammt! Wie heiße ich?«
    Lucien seufzte. »Baptiste.«
    »Baptiste«, wiederholte Dante. Das Licht in seinen Augen erstarb. Er wankte und hielt sich an einer der Kirchenbänke fest. »Genevieve Baptiste.«
    »Lass mich dich nach Hause bringen.« Lucien trat noch einen Schritt auf ihn zu und streckte ihm die Hand hin.
    Dante sah ihn an, und Luciens Herz verkrampfte sich. Er sah wieder den hungrigen, tief verletzten Fremden am Anlegesteg vor sich – den schönen, lebensgefährlichen Jungen, der ihn ohne mit der Wimper zu zucken bis zum letzten Blutstropfen leergetrunken hätte.
    Sein Freund, sein Kind, sein Gefährte war verschwunden. Der Anhänger mit dem X brannte wie Trockeneis auf seiner Haut.
    »Kanntest du auch meinen Vater?«
    »Dante … genug. Nicht jetzt.«
    In diesem Augenblick wirbelte eine Böe aus regennasser Luft, vermischt mit dem Geruch von Nelken und altem Leder, in die Kirche. Plötzlich stand Von neben Dante. Der Nomad sah zu dem Loch in der Decke hinauf und stieß einen leisen Pfiff aus.
    »Heiliger Strohsack! Da wird aber jemand ganz und gar nicht glücklich sein, wenn er die neue Klimaanlage hier sieht!«

    Vons Augen wanderten von der zerschmetterten Decke zu den blutigen Kirchenbänken und dann zu Lucien. Nachdenklich strich er sich den Schnurrbart glatt. Dann sah er Lucien eine Weile lang an. Offenbar spürte und roch der Llygad die Spannung, die zwischen ihm und Dante herrschte. In seinem Blick lagen Fragen, die er aber nicht aussprach.
    Von schaute zu Dante. »Geht es dir gut?«
    Dante schüttelte den Kopf. »Je ne sais pas.«
    »Ich habe das von diesem Arschloch Ronin gehört«, sagte Von, »und von Jay. Es tut mir leid, Mann.«
    Dante sah weg, sein Kiefermuskel zitterte, sein Körper zuckte, ja bebte regelrecht vor Empörung. Blut rann aus seiner Nase.
    Lucien richtete sich auf, denn die Worte des Nomad überraschten ihn. Was war geschehen, seit er nach St. Louis Nr. 3 geflogen war und sich mit Loki auseinandergesetzt hatte? Hatte Ronin Dantes Schilde zerstört und seine Erinnerungen freigesetzt?
    Mit gerunzelter Stirn legte Von seine Hand auf Dantes Stirn. »Du glühst ja.«
    »Ich könnte für immer glühen und in Flammen stehen, Llygad , und es würde doch nicht reichen.«
    Lucien spürte, wie Von nach Dantes schutzlosem Bewusstsein griff. »Nein!«, rief er.
    Von riss jäh die Hand zurück und wich taumelnd einen Schritt zurück. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Mit zitternder Hand berührte er seine Schläfe und starrte Dante erschüttert an.
    Dante erwiderte seinen Blick. Seine dunkle Iris war golddurchwirkt und karminrot gesprenkelt. Er trat einen Schritt vor und legte seine blutverschmierte Hand auf die Schulter des Llygads .
    »Später, mon ami .«

    Zu Lucien sagte er nichts.
    Stattdessen zog er die Hand zurück, drehte sich auf dem Absatz um und ging durch das Kirchenschiff zurück zum Portal. Als er auf die breite Doppeltür zueilte, streckte er beide Arme aus und strich mit den Fingern über die

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