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01 Nightfall - Schwingen der Nacht

01 Nightfall - Schwingen der Nacht

Titel: 01 Nightfall - Schwingen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
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Bänke, an denen er vorbeikam.
    Lucien beobachtete ihn mit zugeschnürter Kehle. Dantes verschleierter Blick, der gewirkt hatte, als kannten sie einander nicht, hatte ihm fast das Herz gebrochen. Wenn Dante ihm nicht vergab, würde er ihm nicht beibringen können, wie er seine Gaben als Creawdwr nutzen konnte. Wenn er ihm nicht verzieh, würde er seinen Sohn nicht lehren können, wie er diese Begabungen verbarg . Er hatte gehofft, mehr Zeit zu haben. Oder den richtigen Zeitpunkt abpassen zu können. Aber Lokis Auftauchen besagte, dass ihnen keine Zeit mehr blieb. Selbst einsam und unverziehen musste er alles in seiner Macht Stehende tun, um Dante vor den Augen der Elohim zu verbergen.
    Von fuhr herum und wollte Dante nacheilen.
    »Warte«, sagte Lucien. »Lass ihn. Er muss jetzt allein sein.«
    »Machst du Witze? Er ist total am Arsch.«
    Lucien legte die Hand auf die Schulter des Nomads und drückte sie mit seinen Krallen. Dann starrte er auf seine Hand.
    Die Klauen schienen dicker zu sein und waren von blauen Fäden durchzogen. Er blickte auf, als Dante gerade das Kirchenportal und die Menge erreichte, die sich auf der Schwelle der Kathedrale versammelt hatte.
    Er hörte das inbrünstige Flüstern der Sterblichen: »L’ange de sang … l’ange de sang.«
    »Er soll seinem Zorn freien Lauf lassen«, sagte Lucien. »Dann kannst du ihn holen, ihn heimbringen. Er braucht Schlaf .«
    Dante lief durch die Menge der Sterblichen, als bemerke er sie gar nicht – wie ein letzter Traum kurz vor dem Erwachen.
Die Leute sahen ihm nach, als er die Stufen hinabging und in seinen MG stieg. Sie betrachteten ihn entgeistert, aber voll Bewunderung. Er war wie ein wahrer Unsterblicher durch sie hindurch geschritten – wie ein wahrer Blutgeborener, und dafür verehrten, ja liebten sie ihn.
    Von befreite sich so heftig aus Luciens Griff, dass zwischen dessen Klauen Fetzen seiner Lederjacke zurückblieben. Er sah Lucien mit seinen grünen Augen interessiert an. Kerzenlicht und Schatten flackerten über sein Gesicht. Dann warf er einen Blick auf das gähnende Loch im Dach der Kathedrale.
    »Muss ein verdammt schmerzhafter Sturz gewesen sein«, sagte er.
    Luciens Finger legten sich um das X um seinen Hals. Er nickte. »Ja.«
    Der Nomad nickte auch, wandte sich dann um und ging durch das Kirchenschiff zum Ausgang. Er schlängelte sich durch die Menge, die das Wesen mit den dunklen Flügeln unter dem beschädigten Kathedralendach fassungslos anstarrte. Kurz darauf war Von nicht mehr zu sehen.
    Lucien hielt sich an der geschwungenen Rückenlehne einer Kirchenbank fest. Er konnte Dante durch ihre Verbindung jederzeit finden, ganz gleich, ob der Junge ihm antwortete oder nicht. Es stimmte, was er Von gesagt hatte: Dante musste erst einmal allein sein. Er musste seinem Zorn freien Lauf lassen. Aber andererseits brauchte er jetzt dringend einen Freund an seiner Seite – der ihn durch diesen Zorn hindurch begleitete und ihm half, ihn auch zu überleben.
    Aber dieser Freund würde nicht er sein. Vermutlich nie mehr.
    Mit einem lauten, scharfen Knacken zersplitterte das Holz der Bank unter seiner Hand.

23
FEUERSTURM
    Sie steht neben ihm, kleine Finger klammern sich an seine Hand, unter den anderen Arm hat sie den Plüschorca geklemmt. Ihre blauen Augen sind für eine Achtjährige zu direkt. Rotes Haar umrahmt ihr sommersprossiges Gesicht.
    Ich jage sie in die Hölle, Chloe. Versprochen.
    Was ist mit dir?
    Ich brenne schon lichterloh.
    Chloes Körper verschwimmt, ihr Bild wird schwächer. Ihre warmen Finger entgleiten ihm.
    Das ist nicht genug, Dante-Engel.
     
    »Ich weiß«, flüsterte Dante und schaltete in den vierten Gang. Sein Fuß trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Der Motor heulte. Die Scheinwerfer der entgegenkommenden Autos verschwammen, blauweiße Schlieren durchzogen die Nacht.
    Er konnte sich nicht erinnern, in den Wagen gestiegen zu sein. Konnte sich nicht erinnern, wie er den Zündschlüssel gedreht hatte und wusste auch nicht, wohin er fuhr. Er erkannte die Straße nicht. Eines aber wusste er:
    Die Stimmen waren verstummt.
    Du kannst ihn noch retten, Blutgeborener.
    Mon ami, es tut mir leid …
    Wie fühlt sich das an, marmot?

    Er fragte sich, ob er schneller als der Schall fahren konnte.
    Eine Hupe ertönte, ein langer, wütend klingender Ton. Jenseits der Windschutzscheibe verschwand eine gelbe Doppellinie unter dem MG. Licht kreiste vor ihm, wurde größer, heller als ein UFO. Wieder war eine Hupe zu hören. Dante

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