01 - Suche bissigen Vampir furs Leben
Kellnerin?“
„Ja. Die Trinkgelder sind ziemlich gut - Daisy und ich müssen jedenfalls nicht hungern oder so. Aber ich weiß immer noch nicht, ob mir der Beruf wirklich gefällt oder nicht. Im Augenblick probiere ich einfach verschiedene Sachen aus.“
„Wer ist Daisy?“
„Mein Hund. Sie ist das Einzige, was ich aus Philadelphia mitgebracht habe.
Jedenfalls ist es mir im Augenblick völlig egal, ob ich jemanden kennenlerne, mit dem es auch langfristig was werden könnte. Mir reicht einfach nur irgendein Kerl. Hauptsache, ich muss da nicht allein hingehen und meine Mom denkt nicht, dass ich hier mutterseelenallein durch die Großstadt irre, auch wenn es so ist. Abgesehen von Daisy natürlich. Die ist meine treue Begleiterin.“
„Verstehe.“ Ich lächelte und tätschelte die Schulter der jungen Frau. „Es war schön, Sie kennenzulernen. Evie wird Ihnen dabei helfen, den Fragebogen bis zum Ende auszufüllen. Und denken Sie immer daran: Das Happy End ist nur eine Frage weit entfernt.“
Okay, das war noch so ein lahmer Slogan, aber ich hatte so viel im Kopf, dass ich bisher einfach nicht die nötige Geisteskraft hatte aufbringen können, um mir ein richtig gutes Motto auszudenken.
„Schließen Sie dann bitte für mich ab?“, bat ich Evie, als ich auf die Tür zueilte.
„Nach dem Treffen mit den Ninas muss ich noch nach SoHo, wegen meiner Verabredung mit Francis. Deshalb werde ich heute Abend wohl nicht mehr zurückkommen.“
„Dieser Bekloppte?“
Ich hatte Evie schon über Francis informiert. Reich. Exzentrisch. Lahm. Den Teil von wegen bösartiger Blutsauger habe ich aber lieber ausgelassen. Nicht dass es wichtig gewesen wäre. Ein Langweiler war ein Langweiler war ein Langweiler.
„Viel Glück“, wünschte sie mir. „Wenn er nur halb so schlimm ist, wie Sie erzählt haben, dann können Sie es brauchen.“
„Wir sind in der Bibliothek“, stellte Nina Eins fest, als ich vor der New York Public Library mit ihr zusammentraf. Die Uhr hatte soeben sieben geschlagen, was bedeutete, dass uns genau dreißig Minuten für unsere Arbeit blieben, bevor der Laden schloss. „Der Bibliothek]“ „Und?“
„Ich dachte, wir würden wieder Visitenkarten an Singles verteilen, wie letzten Samstagabend.“ „Tun wir auch.“ „Hier?“
„Jede Menge Singles kommen hierher. Jede Menge alleinstehender, intelligenter, erfolgreicher Leute.“ Ich warf einen Blick auf einen Mann in einem Dreiteiler, der an uns vorbeiging. Er trug einen dicken Band über Steuerrecht in der einen und einen ledernen Aktenkoffer in der anderen Hand. „Da ist der Beweis. Ein alleinstehender, erfolgreicher Anwalt.“
„Woher willst du denn wissen, dass er erfolgreich ist?“
„Hallo? Er trägt eine Uhr von Cartier. Davon mal abgesehen bin ich ein Vampir und kann sogar einiges über die Fälle lesen, die ihm augenblicklich das Hirn vernebeln. Beispielsweise ein Fünf-Millionen-Dollar-Prozess, bei dem er so kurz davor steht zu gewinnen.“
„Dann ist er eben erfolgreich. Bibliotheken sind aber langweilig.“
„Es ist doch nur eine halbe Stunde deines ganzen endlosen Lebens.“ Ich reichte ihr einen Stapel Visitenkarten. „Du übernimmst den vierten Stock.“
„Wenn man bedenkt, dass ich hierfür eine Verabredung mit Adrian habe sausen lassen .. „ Nina schob die Karten in ihre Fendi-Tasche.
„Adrian ist ein egozentrisches, aufgeblasenes Arschloch.“
„Stimmt, aber er ist toll im Bett. Ich könnte genau in diesem Augenblick einen Orgasmus haben.“
Das Bild von Wilson, dem amtlich zugelassenen Wirtschaftsprüfer, schob sich vor mein inneres Auge - und ich sah Nina forschend an. „Wie viele Orgasmen?“
„Sechs.“
„Minimum oder Maximum?“
„Minimum. In einer richtig guten Nacht komme ich auf elf.“ Ich lächelte. „Ich glaube, ich liebe dich.“
„Also, was für eine Art Frau suchen Sie eigentlich?“, fragte ich Francis, nachdem ich die Ninas und einige Dutzend Visitenkarten in der Bibliothek hinterlassen hatte.
Wir standen knietief in Seidenhemden und handgenähten Anzugjacken in Pierre Claude's, einer exklusiven Männerboutique. Pierre war einer der trendigsten neuen Designer (und ein megaheißer gebürtiger Vampir) und sein Geschäft hatte abends sehr viel länger auf als alle anderen. Er war gerade nach hinten gegangen, um noch ein paar legere Klassiker aus der letzten Saison aufzustöbern, während wir vor dem eleganten Schaufenster herumspazierten. Es roch nach Champagner, Geld und neuen
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