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010 - Skandal in Waverly Hall

010 - Skandal in Waverly Hall

Titel: 010 - Skandal in Waverly Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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hinter sich, sah aber nur eine dichte Gruppe schimmernder Birken. Falls dort ein Fremder war, würde sie ihm klarmachen, daß das Durchqueren der Ländereien von Waverly nicht gestattet war.
    „Da ist niemand, alter Junge", sagte sie und faßte die Zügel fester. Blaze wurde unruhig, und Annes Unbehagen wuchs.
    „Guten Tag, Anne", sagte Dominick.
    Anne hielt erschrocken die Luft an und traute ihren Augen nicht. Dominick ritt langsam auf einem schwarzen Rappen aus Wäldchen.
    „Wir müssen miteinander reden", erklärte er mit grimmiger Miene.
    Endlich fand sie die Sprache wieder. „Ich habe London nicht ohne Grund verlassen, Dominick. Ich bin nach Waver-ly Hall zurückgekehrt, um einen klaren Kopf zu bekommen. Ich möchte allein sein."
    „Ich weiß, weshalb du hier bist, Anne", antwortete er finster. „Du willst zu einem endgültigen Entschluß über uns gelangen."
    Sie zuckte innerlich zusammen.
    „Nach unserem Streit gestern abend konnte ich dich nicht ziehen lassen", fuhr er unbeirrt fort. „Ich muß verhindern, daß du eine einseitige Entscheidung triffst." Er ließ sie nicht aus den Augen. „Ich lasse dich nicht gehen, Anne. Das kommt nicht in Frage."
    Eigentlich hätte Anne ihm wegen seines autoritären Verhaltens böse sein müssen.
    Doch sie war nicht verärgert, sondern empfand beinahe ein Hochgefühl. Rasch unterdrückte sie ihre freudige Erregung mit jener Vorsicht, die ihr zur zweiten Natur geworden war.
    „Anne?"
    „Du kannst mich nicht zu einer Entscheidung zwingen, Dominick. Ich brauche Zeit, um zu überlegen. Trotzdem bin ich froh, daß du gekommen bist. Du hast recht. Wir sollten gemeinsam über unsere Zukunft entscheiden."
    Dominick atmete erleichtert auf. „Danke, Anne." Er führte sein Pferd näher heran und fuhr ernst fort: „Außerdem möchte ich mich für mein abscheuliches Verhalten gestern abend entschuldigen."
    Anne lächelte mühsam. Doch es kam von Herzen. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Dominick. Ich verstehe dich durchaus."
    Sie ließen sich nicht aus den Augen. Endlich faßte Dominick seine Zügel fester. „Ich werde zum Haus zurückkehren, damit du allein sein und nachdenken kannst. Wollen wir um fünf Uhr gemeinsam Tee trinken?" Er schluckte und zögerte einen Moment.
    „Natürlich ganz zwanglos. Wir brauchen nichts zu überstürzen."
    Anne floß das Herz beinahe über. Sie merkte, daß sie wie eine junge Braut errötete.
    „Ja, das wäre nett", antwortete sie.
    Er nickte, sah sie noch einmal eindringlich an und wendete seinen Rappen.
    „Dominick!" rief Anne und lächelte ein wenig. „Danke."
    Er drehte sich um, sah sie warmherzig an und trabte mit seinem Pferd in den Wald zurück. Anne blickte ihm nach, bis er zwischen den Stämmen verschwunden war. Ihr Herz jubelte vor Freude. Nach ihrer Flucht von London hatte sie sich entsetzlich elend gefühlt. Sie war froh, daß Dominick ihr gefolgt war.
    Anne ließ Blaze in einen leichten Trab fallen. Der Nachmittag schien plötzlich viel sonniger und freundlicher zu sein. Sie würde den Ausritt richtig genießen.
    Kurz darauf rief erneut jemand ihren Namen. Anne blickte über die Schulter zurück, sah aber nur die feuchte Erde und die dichten Stämme. Im nächsten Moment erschrak sie heftig, denn Patrick kam um eine Wegbiegung.
    Sofort tauchte das Bild von Belle und ihm vor ihrem inneren Auge auf.
    Der Vetter galoppierte heran. Sein Lächeln wirkte ein bißchen gequält. „Guten Tag, Anne."
    „Wo kommst du denn her?" fragte sie verblüfft. „Ich dachte, du wärst in London."
    „Ich bin dir gefolgt."
    Ihr Magen zog sich zusammen. „Du bist mir gefolgt?"
    „Ja. Ich war gestern abend in Rutherford House, als du mit Dominick Streit hattest", erzählte er. „Und sah dich heute morgen abreisen."

    Anne versuchte zu begreifen, was Patrick gesagt hatte. „Du bist mir von Rutherford House bis hierher gefolgt?" flüsterte sie und dachte an seine Nacht mit Belle.
    Er lächelte breit. „Dominick ist dir ebenfalls nachgeritten. Hast du ihn verlassen, Anne?"
    Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, und ihr Puls begann zu jagen. Ihr fiel auf, daß Patrick ziemlich oft in Rutherford House gewesen war. Wenn die intime Beziehung zwischen Belle und ihm seit Philips Beerdigung bestand, mußte er ebenso häufig in Waverly Hall gewesen sein.
    Seit Dominicks Rückkehr traf er sich regelmäßig mit ihrer Zofe.
    Und genau seit dieser Zeit versuchte jemand ständig, sie einzuschüchtern, ihr Schaden zuzufügen - und sie vielleicht

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