0100 - Die Schule der Dämonen
mich lustig machen wollen…«
»Keine Ungeheuer?«
»Nein, verflucht!« sagte der junge Mann laut und grantig. »Ganz normale Flics. Fragen Sie doch die anderen Leute, Sie… Sie Komiker.«
Genau das tat der Professor.
Und er bekam die Worte seines ersten Gesprächspartners bestätigt. Kein Mensch hatte dämonische Ungeheuer gesehen. Von den meisten war der Hauseingang gar nicht beachtet worden. Diejenigen aber, die doch einen zufälligen Blick hinübergeworfen hatten, erzählten ausnahmslos etwas von ganz alltäglichen Gendarmen in normaler Dienstuniform.
Zamorra verstand es nicht. Aber er mußte sich mit den Auskünften, die er bekommen hatte, zufrieden geben.
Als er den Leuten den Rücken zudrehte und zum Haus André d’Avallons zurückging, wurde offen hinter ihm hergelacht. Aber Zamorra wußte ganz genau, daß zur Heiterkeit wirklich kein Grund vorlag. Ganz und gar nicht.
***
Nachdem der Professor die Wohnung verlassen hatte, trat Nicole an eins der beiden Fenster.
Ihr war klar geworden, warum er sich auf einmal so komisch verhalten hatte. Die Art und Weise, in der er förmlich in sich hineingehorcht hatte
... das tat er meistens, wenn sein Amulett ansprach. Ging dort unten auf der Straße etwas vor?
Sie blickte aus dem Fenster, sah aber nichts Ungewöhnliches. Regnerisches, unangenehmes Wetter, Leute, die auf einen Bus warteten, zwei Flics, die sich im Eingang des gegenüberliegenden Hauses vor dem Regen zu schützen schienen.
Achselzuckend trat sie vom Fenster zurück.
Madame Dabouille hatte ein Tuch in die Hand genommen und staubte damit ein Bücherregal ab. Das tat sie wahrscheinlich, um das Eindringen in d’Avallons Apartment vor sich selbst zu rechtfertigen.
Nicole lächelte leicht und machte sich dann daran, die Papiere auf dem Sekretär zu begutachten. War etwas dabei, das nähere Hinweise auf das Fahrtziel des Gedankenlesers geben konnte?
Zuerst fand sie nur Unterlagen, mit denen nicht viel anzufangen war. Ein paar Rechnungen und Quittungen, Reklameprospekte, Fachzeitschriften, die genausogut auf Professor Zamorras Schreibtisch hätten liegen können.
Dann wurde es interessanter. Sie stieß auf ein Bündel Briefe. Hauptsächlich handelte es sich um Privatpost. Ein Mädchen aus Marseille hatte d’Avallon geschrieben, ein Freund aus Limaux, ein ebenfalls telepathisch begabter Mann aus London. Dann kamen mehrere Einladungen. Ein Pariser Kollege Zamorras, den sie selbst auch kannte, wollte d’Avallon für eine Versuchsreihe engagieren. An der Universität in Heidelberg sollte er eine Demonstration seiner telepathischen Fähigkeiten geben.
Nicole kräuselte die Mundwinkel. André d’Avallon war ein vielbegehrter, vielbeschäftigter Mann. Welche der zahlreichen Einladungen er nun angenommen hatte, ließ sich überhaupt nicht feststellen. Er konnte nach Marseille, nach Heidelberg oder ganz woandershin gefahren sein.
Sie wollte die ganze Post noch einmal durchgehen, als es plötzlich eine Störung gab.
»Was tun Sie hier?«
Die schnarrende Stimme in ihrem Rücken ließ Zamorras Sekretärin herumfahren.
Zwei Männer standen im Türrahmen.
Zwei Polizisten. Nicole erkannte, daß es die beiden Flics waren, die sie kurz zuvor unten auf der Straße gesehen hatte.
Auch Madame Dabouille war erschrocken zusammengefahren. Nervös blickte sie die Gendarmen an.
»Wir haben… ich bin…«
»Sie sind in diese Wohnung eingebrochen!« sagte einer der beiden Beamten scharf. Wie sein Kollege war er ein großer Man mit kantigen Gesichtszügen.
»Nein, nein«, verwahrte sich die Hausmeisterin gegen diesen Vorwurf. »Wie können Sie so etwas sagen. Wir…«
»Der Mieter dieser Wohnung ist ein Mann namens André d’Avallon, nicht wahr?« fragte der Polizist.
»Ja«, antwortete Madame Dabouille. »Und ich bin…«
»Beantworten Sie nur meine Fragen!« donnerte der Gendarm. »Wir haben diese Wohnung seit einiger Zeit beobachtet. Und wissen Sie auch, warum?«
»Nei… nein.«
»Weil uns Monsieur d’Avallon davon unterrichtet hat, daß er einen Einbruch in seine Räume befürchtet. Wie es aussieht, waren seine Befürchtungen nicht unbegründet.«
Die beiden Beamten lösten sich vom Türrahmen und traten mit schweren Schritten ins Zimmer. Drohend baute sich der eine vor Nicole auf.
»Wer sind Sie? Was tun Sie hier?« Fragen scharf wie Rasiermesser.
Nicole überlegte blitzschnell. D’Avallon hatte sich also nicht nur an den Professor um Hilfe gewandt, sondern auch an die Polizei. Das ließ alles
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