0101 - Drei Lastwagen voll Rauschgift
antwortete ich. »Vergiß den Mann nicht, der mich anrief. Ich glaube nicht, daß einer von Morgans Bande, außer Morgan selbst, seinen Namen und seine Adresse kennt. Und selbst wenn die Morgan-Gang eigenhändig ihre ehemaligen Kumpane umgelegt hat, so können wir es ihr nicht nachweisen. Nach vierundzwanzig Stunden müßten wir sie wieder laufen lassen.«
Als der Morgen graute, rief ich ein paar Zeitungsredaktionen an.
»Bringt ihr die Nachrichten über die Schießerei im Central—Park?«
Überall wurde die Frage bejaht.
»Tut dem FBI einen Gefallen und schreibt dazu, daß es so gut wie sicher ist, daß die beiden Gangster von eigenen Leuten erschossen wurden.«
Ich hoffte, daß Ray Dexter noch lebte und daß er diese Nachricht las.
***
Ich hatte richtig kalkuliert, und ich erhielt den Beweis für die richtige Rechnung am Abend des nächsten Tages, als ich nach Hause kam.
Ich schloß die Haustür auf, betrat den Flur und schaltete das Licht ein und ging zum Aufzug. Neben dem Aufzug geht die Treppe hoch. Während ich noch auf den Lift wartete, tauchte hinter dem Geländer ein Mann auf, der eine Pistole in der Hand hielt und sie sehr eindeutig auf mich richtete.
Im Normalfalle hätte ich mich hingeworfen, den Smith and Wesson aus dem Halfter gefischt und es darauf ankommen lassen. Aber irgend etwas an der Haltung des Mannes hinter dem Treppengeländer brachte mich zur Überzeugung, daß er gar nicht die Absicht hatte, mich umzubringen. Dann schob der Mann den Hut aus dem Gesicht, und ich erkannte Ray Dexters farbloses Gesicht. Er hatte einen zweitägigen Stoppelbart und einen gehetzten Ausdruck in den Augen.
»Hallo, Ray«, sagte ich ruhig. »Wie kommst du hier herein?«
»Keine falsche Bewegung, G-man«, drohte er. »Ich schieße sofort.«
Ich glaube, ich habe selten in meinem Leben vor einer Pistole gestanden, vor der ich mich weniger fürchten mußte als vor diesem Ding in Dexters zitternder Hand.
»Was willst du, Ray?«
»Mit dir sprechen, G-man.«
»Nichts dagegen einzuwenden, aber muß es hier auf dem Flur sein? Es wohnen ein paar schreckhafte Damen im Haus. Sie könnten sich einen Herzanfall zuziehen, wenn sie dich hier stehen sehen. Komm mit hinauf!«
Der Lift war angelangt. Ich öffnete die Tür.
»Nicht mit dem Aufzug«, sagte Dexter. »Nimm die Treppe!«
Offenbar hatte er Angst, mit mir in dem engen Fahrstuhl auf Tuchfüllung zu kommen.
Ich fügte mich seinem Wunsch. Er ging in gehörigem Abstand hinter mir her.
Im Wohnraum meiner Wohnung blieb er an der Tür stehen. Als ich den Barschrank öffnete, rief er: »Halt!«
»Kein Appetit auf einen Drink?« fragte ich erstaunt.
»Geh da weg! Ich bediene mich selbst!«
Er fürchtete, ich könnte eine Pistole im Schrank liegen haben und überzeugte sich, daß nichts anderes darin enthalten war, als zwei oder drei gute Flaschen und Gläser.
»Setz dich«, sagte ich. »Du scheinst mir etwas wacklig in den Knien.«
Er ließ sich in einen Sessel neben dem Kamintisch fallen. Ich stellte ihm ein Glas und eine Flasche hin. Er folgte mit dem Pistolenlauf jeder meiner Bewegungen.
Er trank zwei, drei Gläser, ohne mich aus dem Auge zu lassen.
»Schieß los, Ray«, forderte ich ihn auf, »aber mit dem Mund, nicht mit dem Ding da.« Ich zeigte auf die Kanone.
»Ist es wahr, daß Pen und Aldo umgelegt wurden?« stieß er hervor.
»Ja, was in den Zeitungen steht, stimmt aufs Wort.«
»Ihr habt Cols und die anderen nicht verhaftet?«
»Wir verhaften nicht gern Leute, denen wir nichts beweisen können. Es ist ein scheußliches Gefühl, wenn man sie wieder laufen lassen muß.«
»Arbeitest du mit Cols zusammen?«
»Ziemlich einseitige Zusammenarbeit bisher! Ich rede von Freundschaft, und er spricht mit Pistolen- und MP-Kugeln.«
»Ich kann dir Cols liefern«, sagte er.
»Wegen Mordes?.«
»No, wegen der Rauschgiftsache.«
»Laß hören.«
»So einfach geht’s nicht. Ich habe kein Interesse daran, daß Morgan hinter Gitter kommt. Wenn Morgan von euch erledigt wird, ist auch das große Geschäft erledigt. Ich selbst kann mit Cols nicht mehr arbeiten. Er würde mich umlegen, wie er es mit Freeman und Aldo gemacht hat. Aber mit dir zusammen kann ich an das Geld kommen, das er uns allen versprochen hat. — Du willst doch auch an der Ladung verdienen?«
»Woher weißt du das?«
»Du hast damit laut genug angegeben, damals in ›Luckys Inn‹. Und Morgan hat es auch mehrere Male gesagt, aber er traute dir nicht über den Weg.«
»In Ordnung.
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