0102 - Der Satan mischt die Karten
machen wir heute?«
»Tut mir leid, Jerry. Mit mir kannst du nicht rechnen. Ich bin bei Knowlands eingeladen. Konnte mich nicht länger weigern.«
Phil stammt aus einer guten Familie. Er kennt ’ne Menge Leute, die vor Geld, Bildung und Beziehungen strotzen. Außerdem hat er ein Dutzend alter Onkel und Tanten, die ihn auf Grund seines Berufes als schwarzes Schaf der Familie betrachten und von Zeit zu Zeit versuchen, ihn auf den rechten Weg zurückzuführen. Phil ist viel zu gutmütig, um sich gegen die Versuche energisch zu wehren, allerdings läßt er sich auch nicht bekehren.
»Schade, ich dachte, wir könnten -nach Long Island zum Schwimmen fahren.«
»Brr, viel zu kalt.«
Er hatte recht. Es war ein kühler Tag, aber ich fuhr trotzdem zu New Yorks Badestrand hinaus. Wo es sonst von bunten Badeanzügen, hübschen Mädchen und jungen Männern wimmelte, froren heute nur ein paar tausend Leute, die es nicht lassen konnten.
Ich löste eine Eintrittskarte für das »Long-Beach-Travel«-Bad. Das ist eine ziemlich vornehme Angelegenheit mit angeschlossenem Hotel, einem Tanzbetrieb und was sonst noch dazugehört. Aus diesem Grunde war das Unternehmen nicht so leer wie der übrige Strand. Für mich und alle anderen G-men gibt es, wenn ich schwimmen gehe, immer eine besondere Schwierigkeit. Wohin mit dem Schulterhalfter und der Smith and Wesson? Man muß seine Kleider angeben, und die Garderobenfrauen würden große Augen machen, wenn über dem Hemd und der Hose eine Kanone im Lederzeug schaukelte. Wir lassen also die Waffen zu Hause, aber heute tat ich es nicht.
Mr. Morgan hatte mir zwar noch eine Galgenfrist von vier Tagen zugestanden, aber vielleicht war es besser, sich nicht darauf zu verlassen. Darum schleppte ich eine Aktentasche mit mir herum, in der sich außer dem Bademantel, dem Kamm und einer Zeitung auch die Pistole befand. Bis auf den Bademantel gab ich alles in der Garderobe ab, nahm mir einen Liegestuhl und ging zum Strand.
Von der See her wehte eine kräftige Brise, die mir eine Gänsehaut verursachte. Ich beeilte mich, ins Wasser zu kommen. Der Wind trieb hohe Wellen an den Strand. Es war nicht einfach, durch die Brecher zu kommen. Mit aller Kraft mußte ich mich gegen die wütende Gewalt stemmen, aber als ich die Brandung geschafft hatte, war es wunderbar, sich von den rollenden Wasserbergen wiegen zu lassen.
Ich blieb so lange draußen, wie ich es aushalten konnte, aber nach einer halben Stunde begann die Kälte, sich in meinen Körper zu schleichen. Ich machte mich daran, den Strand wieder zu erreichen.
Plötzlich tauchte neben mir der Kopf eines Mannes auf, dem die Haare naß in die Stirn hingen, und der gewaltig prustete.
»Kann ich mich anschließen?« keuchte er. »Ich bin anscheinend ein wenig weit hinausgeschwommen.«
»Brauchen Sie Hilfe?«
»Nein, nein. Wenn Sie an meiner Seiten bleiben, geht es schon. Die verdammte Strömung läßt einen überhaupt nicht vorwärtskommen.«
»Das scheint Ihnen nur so!« rief ich ihm zu. »Hier gibt es keine Strömung, und der Wind steht auf das Land zu und treibt uns zur Küste. Schwimmen Sie ruhig und stetig. Wir kommen schon vorwärts.«
Er wühlte sich wie ein Walroß durch das Wasser. Seine Armzüge hatten noch Kraft genug. Wir kamen zügig vorwärts. Dann erreichten wir die Brandungszone. Die Brecher packten uns und trugen uns mit Fahrt an den Strand, wobei wir freilich den Halt verloren und über den mit Steinen und Muscheln gespickten Sand geschleift wurden.
Der Mann krabbelte aus dem Wasser heraus und richtete sich auf. Er lachte.
»Vielen Dank, Sir.«
»Keine Ursache. Ich habe nichts für Sie getan.«
»Sagen Sie das nicht. Es war mir eine große Erleichterung, als ich Sie sah. Ich glaube, ich war nahe an einer Panik. Übrigens, ich heiße Al Taylor.«
Er war ein großer, noch junger Mann, nicht älter als ich. Sein Gesicht gefiel mir, obwohl etwas Weiches, Unausgegorenes darin stand.
»Nehmen Sie einen Drink mit mir? lch habe etwas Warmes sehr nötig.«
Auch ich fühlte nicht viel Lust, mich vom Wind trockenpusten zu lassen. Ich zog mich an, und dann traf ich Al Taylor auf der verglasten Terrasse. Hier habe ich Nelly Parker kennengelernt. Na, Schwamm darüber. Reden wir nicht davon.
Taylor bestellte ein paar scharfe Drinks. Wir redeten ein bißchen miteinander, begutachteten die Girls und sprachen von diesem und jenem.
Auch das Mittagessen nahmen wir zusammen ein. Dann schlug Taylor vor, wir sollten nach Atlantic Beach fahren. Er
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