0117 - Der Rattenkönig
Mann reden?«
»Wenn er dazu in der Lage ist. Wir haben einen Arzt holen müssen, der ihm eine Spritze gab. Mr. Harding ist ohnmächtig geworden.«
Verständlich, falls der Mann wirklich gesehen hatte, daß seine Tochter von einer Ratte entführt worden war.
Einer Ratte in Menschengröße!
Kaum vorstellbar. Der Sache mußte ich nachgehen.
»Sagen Sie mir die Zimmernummer dieses Mr. Harding.«
»Ich bringe Sie hin, Sir.« Der Hoteldirektor erhob sich. Gemeinsam verließen wir das Büro.
***
Vier Zimmer waren bestellt worden.
Viermal Seeblick.
Eine fantastische Aussicht. Alle Räume besaßen Balkon. Jane Collins öffnete sofort die beiden Doppeltüren und trat auf den Balkon hinaus. Sie legte ihre Hände auf den Handlauf des Gitters. Tief atmete sie durch.
Die Seeluft drang in ihre Lungen. Sie schmeckte nach Salz, Frische und Meer. Eine eigentümliche Mischung, wie man sie nur an der Küste findet.
Im immer gleichbleibenden Rhythmus liefen die Wellen gegen den weißgelben Strand. Jane schloß die Augen und hörte das Rauschen. Dabei hatte sie das Gefühl, über den Wolken zu schweben. Es war herrlich. Trotz aller Unstimmigkeiten wollte sich die Detektivin die Tage so erholsam wie möglich machen.
Es waren auch Boote draußen. Prächtig sah es aus, wie sich die bunten Segel von dem Graugrün der Wasserfläche abhoben. Das allein zu sehen, war für Jane bereits ein Erlebnis.
Auch größere Schiffe entdeckte sie. Die schweren Kähne zogen dicht vor dem Horizont ihre Bahn. Es waren die Könige der Meere, stählerne Ungeheuer, die auch kein Sturm umwerfen konnte.
Zahlreiche Möwen segelten durch die Luft, ließen sich vom Wind tragen, so daß ihr Flug direkt schwerelos wirkte.
Dann schaute Jane auf den Strand. Und schon schwand ein Teil ihrer Urlaubsstimmung.
Niemand hatte nach dem gräßlichen Überfall der Ratten aufgeräumt. Am Strand herrschte ein gewaltiges Durcheinander. Dort lagen noch die Habseligkeiten der Urlauber. Die Menschen hatten alles im Stich gelassen.
Und doch lockte Jane das Wasser.
Sie sah die Wellen, am Himmel die strahlende Sonne, eine frische Brise fächerte durch ihr Gesicht, und vergessen war die Gefahr. So schnell würden die Ratten nicht wiederkommen.
Abrupt drehte sich die Detektivin um. Sie verließ den Balkon und begab sich in ihr Zimmer.
Die Tür ließ sie offen…
Rasch zog Jane Collins sich um. Den modischen Einteiler hatte sie griffbereit oben im Koffer liegen. Bademantel, Sonnenöl, Handtücher waren ebenfalls schnell herausgenommen, auch die Badekappe. So ausgerüstet verließ Jane das Zimmer und klopfte bei Shao an.
Die Chinesin öffnete. Sie trug einen dünnen Hausmantel, der im Gegenlicht durchsichtig war, und Jane konnte durch das Gespinst des Stoffes Shaos Körper bewundern.
Wirklich bewundern, denn die Chinesin hatte eine prächtige Figur.
»Wolltest du schwimmen gehen?« fragte sie.
»Hatte ich eigentlich vor.«
Shao warf einen Blick auf die Wand zum Nebenzimmer, wo Suko seine Bleibe hatte. »Er wird etwas dagegen haben.«
»Mußt du ihn denn fragen?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Dann komm. Wir haben den Strand fast für uns.«
Shao lächelte. »Okay, ich ziehe mich nur rasch um.« Sie holte zwei kleine Stoffetzen aus dem Koffer, verschwand im Bad, und als sie wiederkam, leuchtete auf ihrer braunen Haut der gelbe, sehr knapp sitzende Bikini. Sie streifte sich noch den Bademantel über, packte Handtücher auf den Arm, und wie zwei Verschwörerinnen schlichen die Frauen über den Hotelflur zum Lift.
Sekunden später gingen sie schon durch das Foyer, verließen das Hotel und nahmen einen der kleinen Wege, der sie an die Uferstraße brachte.
Sie überquerten die Fahrbahn und spürten schon bald den feinen Sand unter ihren Füßen.
Inzwischen waren einige Angestellte der Stadt aufgetaucht, um die Schäden zu beseitigen. Die Männer bekamen Stilaugen, als sie sahen, wie die beiden Girls ihre Bademäntel fallen ließen.
»Mann«, sagte einer, »die könnte ich auch.«
»Hau nicht so auf den Pudding, du bringst doch nichts mehr.«
»Wetten?«
Jane und Shao hörten von den Gesprächen nichts. Sie hatten einen leeren Strandkorb gefunden und legten dort ihre Sachen ab.
»Jetzt ins Wasser!« rief Jane. Sie wollte losrennen, doch sie stoppte, als wäre sie gegen eine Wand gelaufen.
Aus der Deckung des nächstliegenden Strandkorbs löste sich eine Gestalt.
Es war ein Mann!
Und wie er die beiden Frauen anschaute, erzeugte er bei Jane und Shao eine
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