012 - Das Schloß des Schreckens
zurück, allein mit seinen Gedanken und seiner Angst. Nach der teuflischen Operation würde ihm auch seine Immunität gegen den direkten hypnotischen Einfluss des Ghuls nicht mehr helfen.
Sechs Stunden waren es noch bis zum Morgengrauen. Sechs Stunden bis zu einer furchtbaren, Fluch beladenen Existenz.
***
Dean Warren wusste nicht, wie lange er im Dunkeln gelegen hatte. Einmal hörte er das grässliche, teuflische Gelächter über die alte Burg hallen. Dann war wieder Stille, an den Nerven zerrende Stille.
Viel später hörte Dean Warren, wie die Tür geöffnet wurde. Etwas näherte sich ihm. Er wandte den Kopf, konnte es aber im Dunkeln nicht erkennen. Ein Schatten beugte sich über ihn. Eine Hand berührte seine Schulter.
»Gib keinen Laut von dir«, hörte er Elvira Sabas Stimme. »Ich will dich retten. Ich bin frei von seinem Einfluss; wer weiß wie lange es währen wird. — Wir müssen uns beeilen.«
Sie löste die festen Kunststoffschlaufen, die Dean Warrens Arme und Beine sowie seinen Oberkörper auf dem Operationstisch hielten. Er setzte sich auf, massierte Hand und Fußgelenke, um das gestaute Blut wieder zum Zirkulieren zu bringen.
Elvira Saba führte ihn zur Tür. Sie gingen über den verlassenen Burghof. Das Mondlicht erhellte das alte Schloss spärlich. Dunkel und drohend sahen die Gemäuer aus. Die Gräueltaten vieler Jahrhunderte schienen ihnen ein gespenstisches Fluidum des Schreckens verliehen zu haben.
Der Mann und das Mädchen öffneten das schwere, eisenbeschlagene Tor einen Spalt und drückten sich hinaus. Sie gingen den Weg hinab zu der Felsgruppe, hinter der Dean Warrens Chrysler verborgen stand.
Plötzlich hörte Dean Warren ein leises Knurren aus Elvira Sabas Kehle. Er wandte den Kopf. Die Finger wie Krallen ausgestreckt, ging sie auf ihn los, mit starren Augen und unbewegtem Gesicht.
Ihre Fingernägel schrammten über seine Haut. Dean Warren schlug zu. Er legte sein ganzes Gewicht hinter den Schlag. Elvira Saba lief genau hinein. Mit einem trockenen Geräusch traf Dean Warrens Faust die Kinnspitze des Mädchens.
Reglos glitt sie zu Boden. Dean Warren sah zurück zum Schloss. Auf dem himmelragenden Turm stand das bleiche Skelett Shochor-al-Ghiras. Die toten, leeren Augen des Skelettschädels schienen Dean Warren zu durchbohren.
Fast körperlich spürte er den Anprall der hypnotischen Kräfte. Doch er war immun, ihn konnte nicht übernehmen. Dean Warren legte sich die bewusstlose Elvira Saba über die Schulter. Er trug sie zum Wagen. Er schloss die Tür auf, legte die Bewusstlose auf den Rücksitz und setzte sich hinter das Steuer.
konnte zwar durch feste Wände und geschlossene Türen gehen, doch Entfernungen musste er zurücklegen wie jedes andere Lebewesen auch. Er konnte nicht plötzlich an einem anderen Ort materialisieren.
Dean Warren fuhr los. Mit quietschenden Reifen jagte er um die Kehren der engen Straße. Elvira Saba begann, sich auf dem Rücksitz zu regen. Sie setzte sich auf. Schon wollte Dean Warren ihr abermals einen Faustschlag versetzen.
Doch sie griff ihn nicht an.
»Mein Gott«, stöhnte sie, »diese schreckliche Kreatur hatte wieder Gewalt über mich gewonnen. Sein Wille strömte in meinen Geist ein wie Wasser in ein Gefäß. — Doch jetzt bin ich außerhalb seines Bannkreises.«
»Wir werden ihm auch nicht mehr nahe kommen ohne die Mittel, die ihn vernichten können«, antwortete Dean Warren. »Mit Silberdolch und Silberkugeln sind diese Geschöpfe des Ghuls nicht zu erledigen. — Jetzt kann nur noch Miguel Salvadors Rat uns helfen. Wir müssen zu ihm nach Sevilla, wie dein Vater es sagte.«
»Mein Vater ist tot«, sagte Elvira Saba leise. »Die Säure, die du über dem Knochengerippe Shochor-al-Ghiras ausgeschüttet hast, Zerfraß die Zuleitungen der Maschine, die ihn am Leben erhielt. — Didier Saba hat endlich die ewige Ruhe gefunden.«
Niemand verfolgte Dean Warrens Chrysler. Er erreichte die nach Tanger führende Küstenstraße. Schon von weitem sahen der Mann und das Mädchen die Lichter der Stadt. Auch in der Nacht war Tanger von Leben erfüllt. Doch Dean Warren wusste, dass er in der Stadt so wenig sicher war wie anderswo.
Er fuhr die Hauptgeschäftsstraße entlang, vorbei an den vielen Neonreklamen und den hell erleuchteten Schaufenstern. Im Hafenviertel parkte Dean Warren den Chrysler vor einer Bar. Er ging auf den bulligen Mann zu, der neben der Tür an der Wand lehnte.
»Kennst du einen, der Boote verleiht?« fragte er, zunächst in
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