0130 - Er zahlte mit seinem Blut
kann das Leben des Kindes gefährden. Nur ruhig, ganz ruhig… Überleg dir genau, was du jetzt tun mußt…
Der Doc kam schnell. Wir redeten dem Mädchen zu. Sie sträubte sich, Beruhigungstabletten zu nehmen. Dabei zitterte sie am ganzen Körper und ein Laie konnte sehen, daß sie dicht vor einem Nervenzusammenbruch stand.
»Moment, Doc«, raunte ich ihm zu. »Lassen Sie mich mal!«
Er trat zur Seite. Ich ging zu dem Mädchen und legte ihr meine Hand unters Kinn. Dadurch zwang ich sie, mich anzusehen.
»Miß Hollins«, sagte ich mit eintöniger, fast einschläfernder Stimme. »Sie wollen doch sicher, daß wir den Wagen mit dem Kind so schnell wie möglich finden, nicht wahr?«
Sie nickte, während ihr Körper in krampfhaften Zuckungen geschüttelt wurde.
»Wir können den Wagen nur suchen, wenn Sie uns ganz genaue, glasklare Aussagen machen! Deshalb können Sie sich jetzt beruhigen! Für das Kind müssen Sie jetzt ruhig werden, verstehen Sie? Nehmen Sie diese beiden Tabletten, es wird Ihre Nerven kräftigen. Wir können nur von einer ruhigen Person Auskünfte bekommen, die uns helfen, den Wagen und das Kind zu finden Das muß Ihnen doch einleuchten!«
Sie sah mich mit einem Blick an, der mir ins Herz schnitt.
»Es — es ist ja nicht Thr Kind…« schluchzte sie.
»Ich verstehe Sie, Miß Hollins! Nehmen Sie jetzt die Tabletten! Sie…«
Plötzlich krümmte sie sich nach vorn und brach in ein hysterisches Schreien aus. Es war eine Mischung zwischen Weinen und Lachen, die einem die Haare zu Berge trieb.
Ich sah den Arzt an. Er zuckte die Achseln:
»Ich darf nicht gegen ihren Willen…« murmelte er.
Ich streichelte ihr über den Kopf, bis sie sich ein wenig beruhigt hatte.
»Mit Ihrem verfluchten Gebrüll verhindern Sie jede Fahndung!« fauchte ich sie an. »Statt sich ein bißchen zusammenzunehmen, spielen Sie den Gangstern in die Hand! Verschwinden Sie hier! Kommen Sie wieder, wenn Sie sich dazu entschlossen haben, dem Kind wirklich zu helfen! Wenn Sie imstande sind, uns Aussagen zu machen!«
Sie war bei meinen ersten Lauten zusammengefahren, runzelte aber gleich darauf die Stirn und dachte über meine Worte nach. Plötzlich streckte sie die Hand aus und griff nach den beiden Tabletten.
Schnell füllte ich ein Wasserglas und reichte es ihr nach. Sie spülte die beiden Tabletten hinunter. Ich hielt dem Doc mit einem fragenden Blick die Zigarettenschachtel hin. Er nickte nur.
»Rauchen Sie eine Zigarette«, sagte ich wieder mit ruhiger Stimme. Mein Fauchen hatte ja seinen Zweck erfüllt. »Und jetzt wollen wir einmal ganz kühl über die Sache sprechen. Sie müssen sich eines vor Augen halten, Miß Hollins: Je unbeteiligter einer ist, um so genauer kann er beobachten. Und Beobachtungen sind wichtig für uns. Versuchen Sie, so zu tun, als ginge Sie das Ganze eigentlich gar nichts an! Damit helfen Sie jetzt dem Kind am besten, indem Sio verhindern, daß Ihre Angaben von Ihrer Aufregung beeinflußt und verfälscht werden. Verstehen Sie, was ich meine?«
Sie nickte langsam, während sie ein wenig zu hastig rauchte.
»Ich verstehe«, sagte sie und schluckte ihre Tränen hinunter. »Ich verstehe, Mister. Ich habe mich töricht benommen. Danke für Ihre Hilfe! Ich sehe ein, daß Sie recht haben.«
Ich wandte mich dem Doc zu und sagte leise:
»Holen Sie Mister High, Doc, und den Fahndungsleiter. Dann lassen Sie Phil Decker zu Hause anrufen. Bitte schnell.«
Der Arzt nickte und verschwand auch schon.
»Wie alt war das Kind?« fragte ich, während ich durch eine Drucktaste das in meinem Schreibtisch eingebaute Tonbandgerät einschaltete. Auf diese Weise brauchte ich nicht mitzuschreiben. »Neun Jahre.«
»Junge oder Mädchen?«
»Mädchen.«
»Was für Kleidung trug es?«
»Ein hellblaues Strickkleid.«
»Haare?«
»Hellblond, lange Zöpfe.«
»Augen?«
»Blau.«
»Wie groß?«
Sie zeigte es mit der Hand. Ich schätzte die Fuß-Zahl und notierte es. Dann fragte ich:
»Wie heißt das Mädchen?«
Ich bekam lange keine Antwort. Miß Hollins hatte den Kopf gesenkt und atmete schwer. Nach einigen Sekunden jedoch hob sie ruckartig ihr Gesicht und sagte leise:
»Ich will Ihnen nichts vormachen. Es war nicht das Kind einer Arbeitskollegin. Es war mein eigenes Kind. Ich habe es Barbara taufen lassen nach meiner Mutter.«
Ich Idiot von einem Mann verstand noch nicht.
»Warum haben Sie denn erst das Märchen von der Koll egin erzählt?«
Sie preßte die Lippen aufeinander. Dann sagte sie, fast
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