0139 - Im Land des Vampirs
schaffen, zog zwei Bänder aus einer Öse und klappte den Stoff zur Seite, so daß ein Spalt entstand, durch den wir auf den Wagen klettern konnten.
Er war wirklich voll beladen. Kisten und Fässer standen dort. Es roch nach Gewürzen, Obst und Gemüse. Das hatte der Mann wohl alles vom Markt gekauft.
Wir fanden kaum Platz. Karel stieg auf die Ladefläche, rückte zwei Kisten zur Seite und klemmte sich in den schmalen Spalt. Ich hatte mehrere Säcke entdeckt, die weiter hinten auf der Fläche standen. Da wollte ich mein Versteck finden. Auf allen vieren robbte ich dorthin und schaffte es tatsächlich, die Säcke noch ein wenig zur Seite zu rücken.
Ich machte mich so klein wie möglich und verschwand zwischen der Ladung.
»Abfahren!« rief Karel Marek.
Ich hörte das Knallen der Peitsche, dann ruckte der Wagen an.
Die Ladung, zum Großteil nicht festgezurrt, wurde geschüttelt. Sie blieb aber in der alten Stellung und kippte nicht um.
Die Spannung stieg. Konnten wir es schaffen? Würde man uns diesen Bluff abnehmen? Ich hoffte es stark.
Vor mir sah ich den eingeklemmten Karel. Der Junge bewies Mut, doch es war fraglich, ob er auch gegen die verdammten Blutsauger bestehen konnte.
Und sein Vater verließ sich auf den Pfahl. Diesen Pflock, der in der Gegenwart zu Staub zerfallen war, als ich Kalurac, dem großen Vampir und Draculas Neffen, damit tötete.
Daß die Pferde ziemlich erschöpft waren, merkte ich daran, wie groß die Mühe war, die sie einsetzen mußten, um den schwerbeladenen Planwagen zu ziehen.
Immer wieder knallte der alte Marek mit der Peitsche. Das pfeifende Geräusch übertönte sogar das Malmen der Räder. Jedesmal wenn der Planwagen in eine Kurve gezogen wurde, neigte er sich zur Seite und ächzte schwer. Wie ein Mensch, der im Sterben liegt, so kam er mir vor. Der Wagen schien kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen.
Ich hatte die Kurven vom Schloß aus gerechnet mitgezählt. Fünf waren es.
Die letzte lag nur noch vor uns.
Auch die schaffte das Gespann. Dann ging es ein Stück den Berg hoch, und schon hörte ich die Stimme des Alten.
»Brrr… stehenbleiben, ihr verdammten Gäule.« Er zerrte an den Zügeln, die Pferde ruckten, schüttelten den Wagen durch und standen schließlich still.
Jetzt kam es darauf an.
»He, will denn keiner öffnen?« Stephan Marek machte seine Sache wirklich ausgezeichnet. Der alte Knabe schien Nerven wie Drahtseile zu besitzen.
Zuerst geschah nichts. Dann schrie eine Stimme. Dem Klang nach zu urteilen, kam sie von der Burgmauer: »Wer bist du denn?«
»Die Vertretung.«
»Was ist mit Gottfried, dem Kutscher?«
»Krank. Er liegt beim Feldscher. Ich bin ein alter Freund von ihm.«
»Ich habe dich noch nie gesehen.« Der Wärter schien doch mißtrauisch zu sein.
»Ich komme aus dem Dorf.«
Nach diesen Worten trat erst einmal eine Pause ein, bis der Wärter rief: »Warte, es wird geöffnet!«
Die Hürde war auch genommen.
»Jetzt kommen wir rein!« zischte Karel Marek. Seine Stimme klang aufgeregt.
»Sei ruhig.«
Hoffentlich hielt der Junge durch, denn waren wir erst einmal in dem Schloß, würde es verdammt schwer sein, wieder herauszukommen.
Dann vernahm ich bekannte Geräusche. Ein Tor wurde geöffnet.
Knarren, Quietschen, Ächzen – und eine Stimme.
»Los, Alter, gib deinem Gaul Zunder!«
Wieder knallte die Peitsche. Wir fuhren auf den Schloßhof. Hoffentlich kamen die Bewacher nicht auf die Idee, den Wagen zu durchsuchen, dann wären wir geliefert.
Ich machte mich noch kleiner und hielt den Atem an, als Marek aufgefordert wurde, anzuhalten.
Wieder stoppte er.
Schritte zu beiden Seiten des Zweispänners. Jemand schlug gegen die Plane, blieb hinten stehen, und dann sah ich den Widerschein einiger Fackeln durch die Ritzen schimmern.
Jetzt wurde es spannend.
Finger zurrten an der Verseilung. Wenn sie die Plane hinten hochhoben, mußten wir uns den Weg freikämpfen.
Wieder reagierte der alte Marek goldrichtig. »Was soll das?« rief er. »Mit Gottfried habt ihr nicht so viel Theater gemacht.« Er hustete. »Ich habe keine Zeit mehr und will wieder zurück. Schließlich bin ich nicht mehr der Jüngste und habe es Gottfried zum Gefallen getan.«
»Der Alte ist schlimm«, hörte ich einen Mann sagen. »Sollen wir ihn fahren lassen?«
»Meinetwegen«, erwiderte ein zweiter.
»Fertig, Alter, du kannst los. Bis zum Provianthaus.«
»Und wo finde ich das?«
»Fahr durch den Bogen und dann links. Aber helfen wird dir niemand, das brauchten
Weitere Kostenlose Bücher