0141 - Mein Todesurteil
niederfallen.
Viele wirkten völlig apathisch, ließen die Köpfe im wahrsten Sinne des Wortes hängen.
Auch der Weißhaarige. Er zuckte mit seinen Händen und warf seinen Oberkörper vor und zurück.
Gordon Fariac aber lächelte. Er schritt stolz wie ein König zwischen seinen Leuten, aus denen nun Diener geworden waren, hin und her, und dann schaute er Jane Collins an.
Vier Schritte stand er von ihr weg, und die Detektivin fror unter diesem grausamen Blick.
Die Gänsehaut kroch über ihren Rücken, Jane atmete durch die Nase, wich dem Blick aber nicht aus.
Das Schicksal der anderen schien den Unternehmer nicht zu interessieren. »Wie hat Ihnen denn mein kostbarer Wein geschmeckt, Miß Collins?«
»Es geht.«
»Oh?« Er lächelte spöttisch.
»Ich trinke lieber herbere Weine, wenn Sie verstehen, was ich meine, Mr. Fariac?«
»Natürlich.«
Jane sah, daß sich der ihr wohlbekannte Vorhang bewegte, und dann tauchte jemand auf.
Der Zwilling des Gordon Fariac. Ja, es waren Zwillinge, sie glichen sich wie ein Ei dem anderen. Da gab es einfach keine andere Möglichkeit.
Und der zweite lächelte. Er lächelte so, daß seine beiden Vampirzähne zu sehen waren.
Fariac merkte, daß hinter ihm jemand erschienen war, und drehte sich um.
»Bruder!« rief er enthusiastisch und hob beide Arme. Auch er lächelte jetzt, und Jane sah ebenfalls seine spitzen Eckzähne. Er gab sich keine Mühe mehr, sein wahres Wesen zu verbergen. »Das ist er«, sagte er zu Jane Collins gewandt, »das ist mein Ahnherr, aus dessen Asche ich wieder einen Vampir geformt habe, damit er sein Leben weiterführt. Vor dreihundert Jahren wurde er von einem Marek getötet, nun habe ich ihn wieder zum Leben erweckt.«
Jane schauderte.
Der alte Vampir schaute sie an. Kalt und grausam war sein Blick.
Dann sprach er. Und seine Worte klangen für Jane Collins wie ein Todesurteil.
»Sie hat keinen Wein getrunken, Bruder!«
***
Auch in London, wo alles seinen Anfang genommen hatte, machte man sich Sorgen.
Sir James Powell, der Stratege, dachte gar nicht daran, aufzugeben.
Er ließ seine Beziehungen spielen, und die reichten auch bis nach Deutschland hinein.
Dort klingelte er einen Staatssekretär aus dem Bett, der einen hohen Posten im Innenministerium bekleidete.
Sir James sprach mit dem Mann sehr lange, etwa 20 Minuten.
Dann ließ er sich noch einige Informationen wiederholen, vor allen Dingen wollte er die genaue Lage der Burg wissen. Es fiel auch der Name Mallmann, denn mittlerweile war es einigen Leuten in Deutschland ebenfalls bekannt, daß es Dinge gab, die man nicht einfach mit einem Achselzucken abtun konnte, weil sie sich zu fantastisch anhörten.
»Ich kann natürlich keine Hundertschaft Polizei hinschicken«, sagte der Staatssekretär. »Aber ich werde einiges unternehmen, das versichere ich Ihnen.«
Sir James bedankte sich. Mehr hatte er in diesen Augenblicken nicht tun können.
***
Gordon Fariac zog die Augenbrauen zusammen. Ansonsten zeigte er keine Reaktion. Er schaute Jane nur an und fragte: »Stimmt das, Miß Collins?«
Warum sollte Jane lügen? Es war sowieso alles verloren. Deshalb gab sie es zu.
»Ihr Bruder hat recht, Mr. Fariac, ich habe keinen Wein getrunken. Blut hat mir noch nie besonders gut geschmeckt. Darin unterscheiden wir uns eben.«
Der zweite Fariac kam näher und blieb neben Gordon stehen.
Jetzt hatte Jane den genauen Vergleich. Ja, die beiden ähnelten sich wirklich, allerdings sah der Bruder wesentlich schlechter aus. Er war ungeheuer bleich, sein Gesicht eingefallen, die Wangenknochen sprangen hervor, die Lippen waren kaum zu sehen. Er konnte auch nicht ruhig stehenbleiben, sondern zitterte, und sein Blick wieselte durch die große Halle.
Jane kannte sich bei diesen Vampiren aus. Und ihr war klar, daß der zweite Blut brauchte.
Gordon lächelte. »Sie wissen also Bescheid, Miß Collins«, stellte er fest.
»Das wußte ich von Beginn an.«
»Sind Sie überhaupt Reporterin?«
»Nein.«
Jetzt lächelte Fariac. »Das habe ich mir gedacht, aber ich habe nichts gesagt. Darf man fragen, welch einen Beruf Sie tatsächlich ausüben?«
»Ich bin Privatdetektivin.«
»Eine Schnüfflerin.« Der Mann lachte. »Wie nett. Das hätte ich nicht für möglich gehalten. Und ich dachte schon, daß Sie und dieser Conolly von der Polizei wären. Wenn das so ist, habe ich es praktisch mit keiner Gefahr zu tun. Ihr Freund Conolly wird Ihnen auch nicht helfen können.«
»Was ist mit ihm?«
Gordon Fariac lachte.
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