0149 - Die Nacht der flammenden Augen
konzentrieren, hatte ich nicht mehr. Ich konnte nur noch mit reinen Reflexbewegungen arbeiten und hoffte auf mein Glück.
Ich schnellte zur Seite und riß gleichzeitig meinen rechten Fuß hoch. Die Spitze krachte gegen das Gelenk. Ich hörte einen wütenden Laut, aber das Messer ließ der Bursche nicht fallen. Er war katzengewandt, berührte im Fallen den Boden und stand wieder.
Meine Rechte kam wie ein Hammer.
Er stand im Moment deckungslos. Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich sein erstauntes Gesicht, als meine Faust davor auftauchte, dann explodierte der Schlag an seinem Kinn.
Es war ein klassischer Knockout, wie man ihn oft im Boxring sieht, und ich hatte wirklich Glück dabei. Mein Gegner breitete die Arme aus, als wollte er mich umarmen, dann jedoch torkelte er rückwärts, prallte gegen die Wand, wo seine Knie nachgaben und er langsam zu Boden rutschte.
Les war erst mal aus dem Rennen.
Aber er hatte noch einen Kumpan. Ich wirbelte herum.
Glenda hatte Soccer zwar überraschen können, aber dieser abgebrühte Kerl ließ nicht lange den Lolly mit sich machen, er kannte die Tricks und hatte sie auch eingesetzt.
Plötzlich hielt er den Gürtel in der Hand.
Ich sah noch, wie er ihn abfing, dreckig dabei lachte und Glenda mit einem Ruck zu sich heranzog, die ebenfalls nicht losgelassen hatte, was ein Fehler war.
Mein Sprung brachte mich durch das halbe Zimmer. Bevor Glenda in das stoßbereite Messer hineinlaufen konnte, war ich da. Mit beiden Füßen zuerst rammte ich den Mugger und schleuderte ihn so gegen die Wand. Auch Glenda bekam etwas mit. Sie fiel ebenfalls zu Boden, ließ aber den Gürtel los.
Soccer wälzte sich am Boden. Er spielte den Verletzten. Und er spielte ihn so gut, daß ich darauf reinfiel. Denn plötzlich schnellte er hoch und griff an.
Er war ebenso schnell wie sein Freund. Die schmale Klinge glich einem wendigen Aal, sie wollte mich durchbohren, und ich brachte mich mit einer raschen Drehung in Sicherheit.
Mit dem Rücken stand ich jetzt zum brüchigen Fenster, das eine sehr niedrige Bank besaß. Soccer stand vor mir.
»Gib auf«, sagte ich.
Das Gegenteil tat er.
Plötzlich stürmte Soccer vor, wobei er seinen Kopf senkte, den rechten Arm mit dem Messer in der Hand vorstreckte, um mich so fertigzumachen.
Er lief in meinen Tritt.
Ich kam durch seine Deckung. Die Wucht hob ihn fast aus den Schuhen. Er flog zurück und riß beide Arme hoch. Quer durch das Zimmer torkelte er, die Tür hielt ihn auf. Blut rann aus seiner Nase, doch in seinen Augen leuchtete der Haß.
»Laß es!« warnte ich.
Er wollte nicht hören.
Ich wehrte seinen Messerstoß ab und wich auch dem nächsten aus, der nah an meiner Hüfte vorbeiwischte. Dann prallte Soccer gegen mich. Plötzlich hatte ich ihn gepackt. Am Kragen und Hosengürtel hob ich ihn hoch und wuchtete ihn gegen die Wand.
Das heißt, er sollte dagegen fallen, doch Soccer war hart im Nehmen. Während er noch unterwegs war, drehte er sich und stolperte genau auf die Fluchtlinie des Fensters zu.
»Vorsichtig!« schrie ich.
Zu spät. Ich hatte vorhin erwähnt, daß die Fensterbank zu niedrig war, sie bot keinen Halt mehr. Und das bekam ich auf drastische Weise vorgeführt. Mit den Oberschenkeln prallte Soccer dagegen, suchte Halt, fand die Scheibe und das Fensterkreuz, aber es war das falsche.
Beides war nur noch Bruch.
Es klirrte, krachte und splitterte. In diese Geräusche mischte sich dann ein gellender Schrei, den Soccer ausgestoßen hatte, als er inmitten eines Scherben- und Holzwirbels aus dem Fenster in die Tiefe fiel.
Hoch war es nicht, wir befanden uns im ersten Stock. Solch einen Sturz konnte man unter Umständen überleben.
Ich war am Fenster, als ich bereits den Aufprall hörte.
Er ging mir durch Mark und Beine. Vorsichtig beugte ich mich nach draußen.
Zum erstenmal konnte ich in den Hinterhof schauen und war überrascht, denn ein normaler Hinterhof war dies wirklich nicht, sondern ein verwilderter Friedhof. Schemenhaft sah ich die Konturen der Grabsteine, die aus dem mit hohem Unkraut überwucherten Boden wuchsen.
Ich sah auch noch mehr.
Soccer!
Er lag direkt unter dem Fenster. In einer Haltung, die ich schon öfter gesehen hatte. So sah ein Mensch aus, der sich das Genick gebrochen hatte.
Wahrscheinlich war Soccer auf einen Grabstein gekracht. Ihm konnte keiner mehr helfen.
Scharf saugte ich den Atem ein.
»John!«
Glendas Schrei riß mich herum. Und sie hatte ihn nicht umsonst ausgestoßen. Etwas hatten wir
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