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0149 - Wir jagten die Ratten

0149 - Wir jagten die Ratten

Titel: 0149 - Wir jagten die Ratten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Theodor Horschelt
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den Schultern und hob ihr Kinn.
    Sie sah mich entsetzt an. Tränen und verwischte Schminke hatten ihr Gesicht zu einer Clownmaske verzerrt.
    »Kann ich etwas für Sie tun, Miß?« fragte ich freundlich.
    Sie warf mir ein Schimpfwort an den Kopf und begann wieder zu schluchzen.
    Ich trank meinen Martini und bekam sofort einen neuen eingeschenkt.
    Ein etwas dicklicher, etwa dreißigjähriger Bursche trat an die Theke heran und klopfte der Blondine derb auf den Rücken.
    Sie fuhr auf und wandte sich um. Eine ganze Weile flüsterten die beiden miteinander, dann kramte die Frau in ihrem Handtäschchen und brachte eine größere Note zum Vorschein.
    Der Mann holte eine Tabakdose aus einem Jackett, schraubte sie auf und reichte der Frau fünf Briefchen, ähnlich solchen, in die man früher Kopfwehpülverchen und ähnliche Medikamente einzuwickeln pflegte. Ich begriff.
    Das schien der Frau gefehlt zu haben: Kokain. Sie schloß die Faust um die kleinen Briefchen und verschwand.
    Ich wollte mir gerade den Burschen vorknöpfen, als ich Phil herankommen sah. Er tat, als habe er mich nie im Leben gesehen, und hockte sich auf den Barhocker, auf dem vorher die Blonde gesessen hatte.
    Phil wandte mir seinen Rücken zu, so daß er mich gegen neugierige Blicke abschirmte. Das war auch nötig. Denn plötzlich erspähte ich Enrico Casetti. Der glatzköpfige Mann schien im ›Ali Baba‹ zu Hause zu sein. Er kam langsam, jovial nach rechts und links grüßend, zur Theke und setzte sich neben den Rauschgifthändler.
    »Hallo, Madge!« rief er die Barfrau an.
    »Wie immer, Mr. Casetti?« fragte diese eifrig.
    Der Detektiv nickte.
    Gleich darauf stand ein großes Glas von einem Zeug, das wie Himbeerlimonade aussah, vor ihm.
    Bevor er daran nippen konnte, brach plötzlich die Musik mit einem schrillen Mißton ab.
    Polizeipfeifen schrillten. Wenigstens zwanzig uniformierte Beamte drangen unter Führung eines Zivilisten ins Lokal und besetzten sämtliche Ausgänge.
    Totenstille herrschte im Raum. Man hätte eine Nadel zu Boden fallen hören können.
    Ich blickte zu Casetti hinüber. Der Privatdetektiv stieß dem Kokainhändler in die Seite. Dieser schob ihm die Tabakdose zu, und Casetti schüttete das Gift kaltblütig in seine Limonade.
    Der baumlange Zivilbeamte trat auf die Tanzfläche und hob den Arm. »Ich bin Leutnant Selby von der Stadtpolizei!« erklärte er. »Ich habe eine richterliche Verfügung, im ›Ali Baba‹ eine Razzia abzuhalten. Niemand verläßt den Raum. Wer sich ausweisen kann und nichts auf dem Kerbholz hat, braucht nichts zu befürchten.«
    Die Uniformierten verteilten sich, soweit sie nicht damit beschäftigt waren, die Eingänge zu bewachen, und begannen, die Besucher zu durchsuchen.
    Leutnant Selby — ich kenne ihn gut — ging kreuz und quer durch den Saal, um sich seine Schäflein zu besehen. Er blieb vor Casetti stehen und musterte ihn stirnrunzelnd.
    Der Privatdetektiv gab den Blick frech grinsend zurück.
    »Was machen Sie denn hier?« brummte Selby.
    Casetti machte eine ausdrucksvolle Geste und deutete auf sein Glas.
    »Das sehen Sie doch, Leutnant. Ich trinke in aller Ruhe meine Himbeerlimonade. Im übrigen schätze ich es, wenn man mich mit Mister Casetti anspricht.«
    »Okay, Mister Casetti«, versetzte Selby ironisch. »Wie ich sehe, sind Sie immer noch Alkoholgegner.«
    »Und Sie sind heute sehr witzig veranlagt!«
    Selby schenkte dem Detektiv bereits keine Beachtung mehr, sondern wandte sich dem Kokain-Händler zu. Seine Mine hellte sich auf.
    »Ah — da haben wir ja ein seltenes Vögelchen gefangen. Hast du was zum Schnupfen bei dir, Snuffle-Jack?«
    Der Rauschgifthändler wehrte entrüstet ab und erklärte geschmeidig:
    »Das mit dem Fangen möchte ich überhört haben, Sir. Gegen mich liegt nichts vor. Ich bin ein ehrlicher Staatsbürger.«
    »Der Himmel behüte uns vor solchen und ähnlichen Staatsbürgern«, sagte der Leutnant kopfschüttelnd. »Hände hoch, Jack.«
    Der Bursche schien sich absolut sicher zu fühlen. Er ließ die Durchsuchung grinsend über mich ergehen. Es machte ihm sichtlich Spaß, zu sehen, wie Selby immer mürrischer wurde. Ich wußte, warum. Casetti hatte ihm ja geholfen, das belastende Gift aus der Welt zu schaffen.
    Selby sah jetzt auch Phil und mich. Ich kniff ein Auge zusammen. Er tat, als kenne er uns nicht, und fragte rauh, wer wir seien.
    Wir wiesen uns schweigend aus, aber so, daß die anderen keinen Blick auf unsere Ausweise werfen konnten.
    »Seid wohl neu hier?«

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