0149 - Wir jagten die Ratten
einer Art Schützenkette auf die Hütte zu. Phil und ich feuerten, und der' Angriff kam sofort ins Stocken. Drei oder vier Mann schrien auf. Die Bande machte kehrt und verschwand wieder im Wald.
»Lerche, bitte beeilen!« rief ich ins Mikrophon. »Angriff hat soeben begonnen. Etwa zwanzig Leute«
»Wir tun, was wir können! Haltet euch noch fünf Minuten!«
Im nächsten Augenblick begann draußen eine Maschinenpistole zu rattern. Ich warf mich zu Boden, die Fensterscheiben zersplitterten. Eine, zweite MP fiel ein.
Plötzlich fiel hinter mir ein Schuß. Ich warf mich herum und sah Snuffle-Jack am rückwärtigen Fenster stehen, den Colt in der Hand. Und zugleich erblickte ich sieben, acht Männer vom Seeufer her heranstürmen.
Als ich mich wieder umwandte, bekam ich gerade noch mit, wie eine geballte Ladung gegen die Rückwand flog.
»Deckung!«
Ich nahm die Nase in den Staub, und dann krachte es auch schon. Ich sah Feuer — ein Querschläger surrte — die Wand wackelte und hatte plötzlich eine Bresche. Pulverdampf reizte mich zum Husten.
Jack kauerte vorm Hinterfenster und jagte Schuß auf Schuß hinaus. Ich sprang zu ihm hin, während Phil zur Waldseite abschirmte. Noch einmal kam der Angriff ins Stocken. Dann meldete Jack: »Verschossen!«
»Aus!« sagte Phil Sekunden später.
Dann war es auch bei mir vorbei. Wir hatten nicht mehr eine einzige Patrone.
Und dann geschah es. Motorenlärm klang auf, ein schriller Pfiff ertönte. Ich sprang zum Fenster.
Die Gangster ließen vom Angriff ab und letzten in wilder Flucht auf den Wald zu. Einer von ihnen, ein junger, schmächtiger Bursche, der eine Kugel abbekommen hatte, brach taumelnd zusammen. Einer seiner Kumpane sah es, stoppte und feuerte eine ganze Serie von Schüssen auf den Verwundeten.
Sekunden später fuhr Wolters mit zwei Wagen vor. Dreißig G-men, die Maschinenpistolen in den Händen, sprangen ab.
»Links, Sam!« brüllte ich und deutete auf den Wald.
Wolters begriff und hetzte seine Leute in die angegebene Richtung, ich selbst lief zu dem regungslos am Boden liegenden Gangster. Ich kniete neben ihm nieder, hob seinen Kopf und sah sofort, daß ihm nicht mehr zu helfen war.
»Na, mein Junge«, sagte ich, »siehst du, mit welchen Lumpen du dich eingelassen hast? . Sag mir wenigstens, ob Nat Bloome euer Boß ist?«
Er nickte.
»Wo ist Dana Drobb?« fragte ich weiter.
Er sah mich mit glanzlosen Augen an und stöhnte leise. Ein dünner Blutfaden rann aus seinem Mundwinkel. »Keine — Ahnungen«, hauchte er. »Wo ist euer Hauptquartier?«
»Ki — i — rch — e.«
Seine Augen wurden starr, sein Kopf fiel zur Seite.
Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Ich wandte mich um und blickte in Jacks totenbleiches Gesicht. »G-man, ich habe eine Bitte an Sie!«
»Und die wäre?«
»Verhaften Sie mich!«
»Wollen Sie etwa ein Geständnis ablegen?« fragte ich erstaunt.
Er schüttelte den Kopf. »Nein, Sie sollen mich in Schutzhaft nehmen. Die ›Ratten‹ werden sich rächen, und ich habe wenig Geschick zum Leichenhaus-Bewohner!«
Ich überlegte kurz, dann sprach ich die Formel aus.
Sam Wolters kam zurück. Ich brauchte gar nicht zu fragen, was er ausgerichtet hatte, sein Gesicht zeigte es deutlich genug.
»Entwischt, Jerry.«
***
Kurz vor Mitternacht saßen Phil und ich bei Mister High im Office. Anwesend war außerdem Reverend Lucius, ein Methodistengeistlicher.
»… nehmen wir also an, daß das Hauptquartier in oder dicht bei einer Kirche liegt, die vielleicht heute als solche nicht benutzt wird«, schloß unser Chef die notwendigen Erklärungen. »Und ich habe Sie herbitten lassen, weil Sie mehr als wir alle derartigen Gebäude im Kopf haben.«
»Haben Sie eine Ahnung, wie der Tote heißt und wo er gewohnt hat?« fragte der Geistliche.
Ich griff in die Tasche und holte die Brieftasche hervor, die ich bei dem Toten gefunden hatte.
»Er besaß einen Führerschein«, erklärte ich, »ausgestellt auf den Namen Gaston Meister, geboren 19. 9. 1941, wohnhaft New York, 859 Water Street.« Lucius erhob sich und trat zu dem großen Stadtplan an der Wand. »Brooklyn - W'ater Street - Haus Nummer 859. Ja, das Haus liegt ganz in der Nähe des kleinen Bahnhofes York Street. Drei Gehminuten von diesem Bahnhof entfernt stellt die Presbyterianer-Notkirche. Die Baracke wurde im Jahf 1940 errichtet und bis 1952 von der Gemeinde benützt. In diesem Jahr war dann der große Steinbau bei der Manhattan-Bridge fertig, und die Notkirche wurde verkauft.«
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