0166 - Die Gangsterbraut
Viertelstunde nun ließ sich ein Unbekannter bei Mr. Burner melden. Er steckte seine Karte in einen Umschlag. Es war eine Büttenkarte, die merkwürdigerweise nicht bedruckt war, sondern nur einen Stempel trug Dieser Stempel lautete: PRESIDENT OF THE »I DO IT FOR YOU COMPANY«. (Der Präsident der »Ich tu es für Sie Gesellschaft«), Mr. Burner wusste nicht, um was es sich handelte, und ließ den Mann kommen. Wer beschreibt nun sein Entsetzen, als dieser ihm vorschlug, den leitenden Direktor der Konkurrenzgesellschaft, Mr. Marsh, auszuschalten, wie er sich ausdrückte. Als Burner ihn fragte, was er darunter verstehe, machte er eine unmissverständliche Handbewegung, die besagte, er werde den Mann sechs Fuß unter die Erde bringen. Burner, der nichts weiter als eine Erpressung witterte, ersuchte den ungebetenen Gast, schnellstens das Feld zu räumen, anderenfalls werde er die Polizei rufen.
Das nahm ihm dieser sehr übel. Er drohte damit, sich mit der Konkurrenz in Verbindung zu setzen, die wahrscheinlich vernünftiger sei. Als Burner dann wirklich nach dem Fernsprecher griff, warf er ihm eine zweite Karte auf den Tisch und verschwand so schnell, dass auch das alarmierte Büropersonal seiner nicht mehr habhaft werden konnte. Die zweite Karte aber hatte eine andere Aufschrift. Sie lautete: PRESIDENT OF THE MURDERER INC. (Der Präsident der Mörder Vereinigung).
Mr. Burner war entsetzt und telefonierte sofort mit dem Polizeihauptquartier. Anscheinend kam er dort nicht an die richtige Adresse. Er sagte, er sei einfach ausgelacht worden. Man habe ihn gefragt, ob er betrunken sei. Das Gespräch dauerte ungefähr zehn Minuten, und als er dann wieder auf die Karte blickte, konnte er keine Spur der Schrift mehr entdecken. Diese war inzwischen verblasst.«
»Dann schlage ich vor, dass wir zuerst die liebe Konkurrenz besuchen. Wie sagten Sie doch, Chef?«
»Marsh & Brown, die Adresse können Sie im Telefonbuch finden.«
»Ich halte das für richtig«, meinte Phil. »Vielleicht war Mr. Mordpräsident noch nicht dort, und wir können ihn abfassen.«
***
Die Firma war in der 40ten Straße West an der Station der Pennsylvania Eisenbahn, also in einer alles anderen als vornehmen Gegend. Gerade dieser Umstand erschien uns vielversprechend zu sein.
Fünfzehn Minuten später kamen wir bei Nr. 503 an. Es war ein altes, verwittertes Backsteinhaus, neben dessen Eingang dreißig oder vierzig verschiedene Firmenschilder angebracht waren. Es gab Holzbretter, auf die man hochtrabende Bezeichnungen gemalt hatte, Emailleschilder und solche aus Messing und Chrom. Auf einem der letzteren fanden wir die Worte: MARSH UND BROWN, DEVELOPMENT COMPANY.
Der Aufzug war außer Betrieb, und die Treppen waren seit mindestens vier Wochen nicht gereinigt worden. Zu unserer Überraschung verfügte die Firma sogar über einen Vorraum mit Anmeldeschalter, hinter dem ein Mädchen residierte, das ich, wäre ich ihr anderswo begegnet, für eine Eastend-Cleopatra gehalten hätte.
»Mr. Marsh«, sagte ich kurz.
Das Mädchen mit dem übergroßen, feuerrot gemalten Mund, den wasserstoffblonden Locken und den blendend weißen Zähnen musterte uns mit Röntgenblicken. Offenbar war sie nicht zufrieden.
»Mr. Marsh ist nicht zu sprechen«, erklärte sie. »Sie müssen Ihr Anliegen schriftlich mitteilen.«
Damit waren wir für sie erledigt, und sie widmete sich erneut der Lektüre des Kriminalromans mit einem ebenso blutrünstigen Titel wie aufreizendem Titelbild.
Phil und ich grinsten. Wir genossen die Situation. Dann schob ich der superblonden Dame meinen Ausweis mitten auf die frisch umgeblätterte Seite ihres Schmökers. Zuerst glaubte ich, sie würde ihn mir an den Kopf werfen, aber dann entschloss sie sich doch, ihn eines Blickes zu würdigen. Sie sah die Karte an, hob ihre Augen zwecks neuerlicher Prüfung und klapperte entzückt mit den lila angestrichenen Lidern.
»Püh«, staunte sie. »Und was wollen Sie denn hier?«
»Nichts anderes als eine Verabredung mit ihnen, Darling«, erwiderte ich und setzte mein bestes Lächeln auf.
Sie nahm es tatsächlich ernst.
»Freut mich, denn ich bin noch nie mit einem G-man ausgegangen. Wann und wo treffen wir uns?«
Ich bog schleunigst die Geschichte ab.
»Sorgen Sie zuerst einmal dafür, dass wir ihren Chef zu Gesicht bekommen«, meinte ich. »Später reden wir noch darüber.«
Sie zögerte einen Moment und ging dann mit klappernden Absätzen und wiegendem Gang durch die Tür mit der Aufschrift:
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