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017 - Blick in die Vergangenheit

017 - Blick in die Vergangenheit

Titel: 017 - Blick in die Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Terminus technicus smelly socks brigade) !« King Roger III. zog eine angewiderte Miene. »Kommen Sie, Jefferson, setzen Sie sich.« Der König legte das Buch auf den Tisch.
    »Einen Sessel bitte!«, rief er in den Raum hinein. Vor dem Tisch öffnete sich ein quadratisches Stück Boden. Wie von Geisterhand bewegt wurde ein Sessel aus der Öffnung geschoben; seine Podestplatte füllte den Schacht fugenlos aus. Die geschwungenen Beine und Armlehnen waren aus grünem Glas, Sitzfläche und die kurze Lehnenschale aus moosgrünem Kunstleder.
    Der Octavian nahm Platz. Er trug ähnlich geschnittene, weite Kleider wie der König. Nur eben Schwarz, wie gesagt. King Roger III. legte die Fingerspitzen auf Winters kahlen Schädel und begann die Kopfhaut zu massieren. »Ich habe die Projektgruppe ›London‹ natürlich auch beauftragt darüber nachzudenken, wie wir uns ohne Schutzanzüge auf der Erdoberfläche bewegen können.«
    Octavian Winter nickte. Er war ein Mann von ungefähr hundertdreißig Jahren. Die weiße Haut seines Gesichtes, seines Schädels und seiner Hände wirkte wie brüchiges Pergament. Feines dunkelblaues Venengeflecht durchzog sie. Seine Augen waren tiefrot. Winter galt als bester Redner der Community und als ihr beliebtester Dichter. Kaum jemand in der Community, der nicht wenigstens ein Dutzend seiner virtuellen Geschichten erlebt hatte. Außerdem war Winter seit Jahren der engste Berater König Rogers.
    »Micky!«, rief der König. Winter schloss die Augen und genoss die Massage. Er kannte den König - bevor er nicht alles ausgesprochen hatte, was ihm durch seinen träumerischen Schädel tanzte, kam man kaum zu Wort. Also fasste sich der Octavian in Geduld.
    In der Berglandschaft entfärbte sich eine große quadratische Fläche.
    Warmes Grün füllte sie aus. Der E-Butler erschien darauf.
    »Hallo Roger, wie gehts so?«
    Der E-Butler des Königs trug weiße Handschuhe, große gelbe Schuhe und rote Pumphosen. Ein dünner schwarzer Schwanz ragte hinten aus seiner Hose. Schwarz auch seine riesigen Ohren und ein Teil seines Schädels. Das Gesicht war weiß - große eierförmige Augen blickten listig über einer leicht nach oben gebogenen Schnauze. Kurz: Der E-Butler des Königs war eine Micky Maus.
    »Danke der Nachfrage«, lächelte King Roger. »Es geht mir hervorragend. Und wie geht es dir, Micky?«
    »Bestens. Was liegt an?«
    »Eine dunklere Kulisse bitte.« Flusstal, Weiden und Bergpanorama verblassten. Die Glaskuppelwand des königlichen Arbeitszimmers wurde dunkel. Bald funkelten Sterne auf ihr, über den Köpfen der Männer schimmerte das Band der Milchstraße. »Und nun bitte die Simulation, die wir heute Morgen ausgeknobelt haben.«
    Feine Strahlen bohrten sich aus dem Zenit der Kuppeldecke und tauchten die Modellstadt in schimmerndes Licht. Über der Stelle, an der das Modell der Tower Bridge über die Themse führte, wuchs eine Kuppel. Sie wurde größer und größer und wölbte sich schließlich vom Hyde Park im Westen bis zum Archbishop's Park im Osten und vom Battersea Park im Süden bis zum Britischen Museum im Norden.
    Viele symmetrische Waben zogen sich über die Kuppel.
    »Toll, was?«, piepste der E-Butler.
    »Fantastisch«, sagte Winter wenig begeistert.
    »Aber nicht zu verwirklichen.«
    Der König schnitt eine säuerliche Grimasse.
    »Spielverderber«, piepste der E-Butler.
    »Wie wollt Ihr eine sterile Atmosphäre in der Kuppel errichten, Sire? Wie wollt Ihr dem Stinkstiefel Paacival erklären, dass wir ein Stück seines Territoriums abzwacken?« Unbeirrt schoss der Octavian seine Fragen ab.
    »Und wie wollt Ihr die Kuppel im Fluss verankern, Sire?«
    »Sie reden wie ein Greis, Octavian!« King Roger III. hob die Hände flehend zur Milchstraße. »Haben Sie denn als Dichter nicht genug Fantasie, sich vorzustellen, dass so eine Kuppel nicht notwendigerweise aus festem Material bestehen muss?!«
    »Miesepeter«, piepste der E-Butler.
    »Halt dich raus, Micky!«, schimpfte der König in seine Richtung. Und dann wieder an Winter gewandt: »Es ist eine Utopie Jefferson, eine Utopie, verstehen Sie…?«
    »Der Militär-Octavian hat keinen Sinn für Utopien, Sire. Und der Octavian für Bauwesen verlangt ein gründlich durchgerechnetes Datengebäude, bevor er sich mit so einer Idee überhaupt nur befasst. Die Mehrheit des Octaviats wird es als Zumutung empfinden, unter einem hässlichen Grauhimmel in Sichtweite ungenießbarer Pflanzen, deprimierender Ruinen, wilder Tiere und barbarischer

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