017 - Invasion der Kyphorer
auf einige große Kartons, die am Rand entlang aufgereiht standen. Jackson Chan hatte bereits kurz nach seiner Ankunft bemerkt, dass auf dieser Etage einiges im Umbruch zu sein schien; auf den Gängen standen teils verschlossene, teils geöffnete und halb ausgepackte Kisten und in einigen Räumen waren Handwerker bei der Arbeit.
Chan hatte gerade die ersten dieser Kisten passiert, als ein leiser Maunzer ertönte. Im nächsten Augenblick sprang ein kleines, schwarzes Fellbündel auf ihn zu, krallte sich an seiner Brust fest und begann, ihm das Gesicht zu lecken.
»Felicitas!«, stieß er überrascht hervor. »Iiiih! Was soll denn das!«
Vorsichtig legte er beide Hände um den Leib der Katze und setzte sie auf den Boden. Dann ließ er sich neben ihr nieder und streichelte sie. Felicitas schnurrte laut und schmiegte ihr Köpfchen an seine Hand.
»Was ist denn mir dir los? Freust du dich so sehr, mich wieder zu sehen? – Nein, da ist etwas anderes. Du bist ja völlig verängstigt! Was ist denn passiert? Hat dir jemand etwas angetan?«
Kraulend untersuchte er die Katze, konnte aber keinerlei Verletzungen feststellen. Zögernd stand er wieder auf. Felicitas strich ihm um die Beine.
»Wo ich jetzt hingehe, kann ich dich nicht mitnehmen. Wirklich! Tut mir leid!«
Er tat einige Schritte – sofort war die Katze wieder bei ihm. Er seufzte.
»Bitte! Ich möchte nicht, dass dir etwas zustößt!«
Doch Felicitas ließ sich nicht abschütteln. Durch das Erlebnis in der Scannerkabine völlig verschreckt war sie glücklich, ihren netten, neuen Freund wieder gefunden zu haben und entschlossen, sich so schnell nicht wieder von ihm zu trennen.
Endlich gab Jackson Chan die Versuche, die Katze loszuwerden, auf. »Na gut, wenn du unbedingt mit mir kommen willst …«
Zu zweit machten sie sich wieder auf den Weg.
Bald darauf näherten sie sich jener Biegung des Ganges, hinter der, wie Chan bereits festgestellt hatte, Frascatis Zelle lag. Aus Erfahrung wusste er, dass sie von zwei schwer bewaffneten Posten bewacht wurde. Er hielt inne, zog die kleine automatische Pistole aus der Tasche und überprüfte sie ein letztes Mal. Wieder strich Felicitas um seine Beine und maunzte.
»Pst!«, flüsterte er. »Wir müssen nun ganz leise sein!«
Als hätte sie seine Worte verstanden, verstummte die Katze. Fragend sah sie zu ihm auf.
Das Geräusch von Schritten mehrerer Personen, die sich rasch näherten, alarmierte Chan. Prüfend sah er sich um; es kam aus einem Seitengang, der nicht weit von seinem Standpunkt in diesen Gang einmündete. Verzweifelt suchte der Überlebensspezialist nach einem Versteck – es gab keines. Nur eine Tür an der gegenüberliegenden Wand, aber nach seinen bisherigen Erfahrungen brauchte er gar nicht erst zu versuchen, ob sie sich öffnen ließ.
Doch es gab keine andere Möglichkeit. Lautlos sprang er zu der Tür – es war eine richtige Tür mit Klinke, kein Schott, das sich durch Knopfdruck oder Eingabe eines Codes öffnete – und drückte den Griff nieder.
Die Tür schwang auf.
Blitzschnell verschwand Chan in dem dahinter liegenden, dunklen Raum. Ebenso schnell folgte ihm Felicitas, so, als wüsste sie genau, was davon abhing. Der Asiate schloss die Tür hinter ihnen bis auf einen winzigen Spalt, durch den er hinausspähen konnte.
Sekunden später bereits kam der erste der Männer in sein Blickfeld. Er trug die schwarze Uniform der Wachen, hielt eine Maschinenpistole schussbereit in den Händen und ging rasch in Richtung von Frascatis Zelle, also von Chan weg. Ihm folgten zwei Männer, die eine Bahre trugen und auf der Bahre …
Jackson Chan schluckte, als er den Mann erkannte, der leblos auf der Bahre lag: Lino Frascati! War er tot? War er, ›Jackie‹ Chan, wieder einmal zu spät gekommen, nachdem er die Entführung seines obersten Chefs in Troja schon nicht hatte verhindern können? Schwarze Ringe tanzten vor seinen Augen und er musste sich an der Mauer festhalten. Mit aller Gewalt zwang er sich, seine Emotionen zu überwinden und die reine Logik sprechen zu lassen. Und diese Logik sagte ihm:
Wenn Frascati tot wäre, brächte man ihn kaum wieder zurück in seine Zelle!
Also war er noch am Leben und nur bewusstlos – wahrscheinlich geschockt!
Gleichzeitig mit dieser Erkenntnis gelangte Chan zu der Einsicht, dass er nicht wie geplant fortfahren konnte. Er hatte keine Chance, einen bewusstlosen Frascati zu befreien – er würde ihn bis zu dem oberirdischen Gleiterhangar tragen müssen,
Weitere Kostenlose Bücher