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0170 - Die Ratte von Harlem

0170 - Die Ratte von Harlem

Titel: 0170 - Die Ratte von Harlem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Ratte von Harlem
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gewesen sein. Aber vielleicht meinte er den Platz, wo er sie wieder gesehen hatte, als sie sich entschied, ihn in ihre Wohnung aufzunehmen. Was hatte er uns darüber erzählt? Ich suchte mir seine Worte ins Gedächtnis zu rufen, als Phil sagte: »… sie spricht kaum mit mir. Und ich habe keinen Grund, mich in ihre Angelegenheiten zu mischen. Ich hauste bislang in einem regelrechten Kellerloch und muß dankbar sein, daß ich bei ihr in der Küche au i dem Sofa schlafen darf.«
    Ich blickte ihn an. »Hast du es mitgeschrieben?«
    Er grinste. »Ja, oben unterm Hut…«
    »Na, kommen Sie«, meinte Mr. High, »ich habe auch eine gute Neuigkeit für Sie beide.«
    Wir folgten ihm in sein Büro.
    Er bot uns Zigaretten an und nahm dann etwas aus einer seiner Schreibtischschubladen.
    Ein Bild.
    Ich drehte es um. Ein Foto von einem Mann aus den dreißiger Jahren. Er stand vor einem Motorrad und winkte.
    »Wer soll das sein?« fragte ich.
    Der Chef lächelte. »Na, wenn Sie ihn nicht erkennen, kann ihn bestimmt kein Polizist auf der Straße erkennen.«
    »Larry Keaton«, stieß ich hervor. »Ja, natürlich. Jetzt sehe ich es. Nein, den erkennt heute keiner wieder. Das Bild ist ja wenigstens zwanzig Jahre alt.«
    »So ungefähr. Unsere Leute haben es bei einem alten Artisten in Hoboken ausgegraben. Er war zu Mitte der dreißiger Jahre mit Keaton zusammen an einem Vatriete. James Finch heißt er.«
    »Wo wohnt der Mann?«
    »In Hoboken…«
    ***
    James Finch war ein alter, halbblinder Mann. Er lebte in einem Altersheim, und ich begriff nicht, wie unsere Leute ihn hier ausfindig gemacht hatten.
    Er lächelte mich mtüde an. Sein Mund war fast völlig zahnlos, und ich verstand kam die Hälfte von dem, was er sagte.
    Ja, die Verwandten von Larry seien doch schon gestern bei ihm gewesen, und er habe ihnen das Ausflugsfoto mitgegeben. Er langte ein vergilbtes Fotochen aus einem Klappkasten. Es waren noch ein paar Leute mit Motorrädern darauf. In der fotografischen Abteilung unserer Dienststelle hatten sie sofort eine riesige Ausschnittvergrößerung von dem alten Foto angefertigt. Dann hatten sie dem alten Finch das Bild zurückgebracht. Verständlich, denn der Alte wäre sonst sicher mißtrauisch geworden und hätte womöglich gar nichts gesagt.
    Ich gab Finch eine Zigarre. Er steckte sie gleich an und kaute darauf herum.
    »Leider ist Larry ja tot«, tastete ich mich langsam vor.
    »Ja ja«, nuschelte er an der Zigarre vorbei, »die Boys, die mir die drei Flaschen Bier brachten, sagten es schon.«
    »Kannten Sie ihn gut?«
    Er suchte mit seinen kranken Augen mein Gesicht. »Sind Sie auch ein Verwandter von ihm?«
    »Nicht direkt«, bog ich ab. »Aber da er nun tot ist…«
    »Jaja« — er fuhr mit der welken Hand durch die Luft. — »Wie heißt es doch: Und wenn er erst gestorben ist, dann lassen sie ihn leben! Hihihihi!«
    »Er war früher ein tüchtiger Artist, Sie müssen es ja noch wissen!« bohrte ich von neuem los.
    Der Alte sog an der Zigarre. »Doch, das ist wahr. Er war ein prachtvoller Springer, und verdrehen konnte er sich wie eine Schlange…«
    Ich fühlte, daß meine Hände leise vor Erregung zitterten. »Waren Sie lange mit ihm zusammen?« fragte ich.
    »Doch ja, ziemlich. Ich weiß nicht mehr genau… Aber er war ein Prachtkerl!«
    Ich hatte das Gefühl, daß er Larry Keaton nicht besonders gut gekannt hatte. Wahrscheinlich wollte er sich jetzt nur interessant machen. Und daß er ihn auf einem alten Foto mit drauf hatte, war purer Zufall. Trotzdem hoffte ich, noch etwas Brauchbares aus dem Mann herauszubringen. »Wo ging er hin, als er Ihre Truppe verließ?«
    »Ah, ich ging weg. Ich war Revolverschütze. Sehen Sie mal da!« Er wies auf die Wand. Da hingen mehrere uralte Colts, die aus der Pionierzeit stammen mochten.
    Und nun berichtete mir der alte Artist anderthalb Stunden lang aus seinem Leben. Er war Kunstschütze gewesen. Ich mußte ihm einen Colt von der Wand holen. Er nahm ihn in seine mit dunklen braunen Flecken besäte verschrumpelte Knochenhand und schwang ihn plötzlich mit unvorstellbarer Geschwindigkeit um den Zeigefinger, ließ ihn bis zur Schulter hochtanzen, fing ihn bei geschlossenen Augen wieder auf, ließ ihn um den der anderen Hand rasend schnell rotieren, ließ ihn los und fing ihn mit der vorgestreckten Rechten auf.
    Strahlend blickten mich seine fast erloschenen, alten Augen an. »Ja, da staunen Sie, was? Da mache ich noch manchem Jungen was vor. Ich war jahrelang als junger Mann in

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