0182 - Mord ist kein Geschäftsbetrieb

herausschreien.«
    Der Fausthieb hatte nicht nur Lemmons Mund, er hatte auch seinen Widerstandswillen zerschlagen.
    »Der Mann heißt Flower«, antwortete er leise und wischte sich das Blut vom Kinn.
    Ich hörte diesen Namen mit Interesse. Lemmon hatte also in Browns Auftrag jenen Mr. Flower erpresst, der so standhaft geleugnet hatte, an der Beseitigung seines Kompagnons Rastrick irgendeine Schuld zu tragen.
    Jetzt kam Sawer an die Reihe.
    »Und du?«
    In Als dumpfen Schädel war noch kein Licht aufgegangen. Wahrscheinlich begriff er nicht einmal, um was es sich handelte. Mir schien es richtig zu sein, ihn vor den Folgen seines langsamen Gehirns zu bewahren.
    »Sawer hat mit dem Abkassieren nichts zu tun«, mischte ich mich ein. »In dem Geschäft stecken nur Brown selbst, Lemmon, ich und Honnan. Honnan ist der Junge, der dort liegt.«
    »Bei wem hat er kassiert?«
    »Keine Ahnung!«
    Der Gangsterführer winkte den Jungen heran.
    »Bring ihn zur Vernunft, falls noch ein Funken davon in ihm ist.«
    Der Boy mit dem hübschen Gesicht drehte Honnan auf den Rücken, legte kurz sein Ohr an die Brust des Reglosen und holte ihn dann auf eine Art ins Bewusstsein zurück, die alles andere als sanft war. Ohrfeigen und der Inhalt eines Sodasiphons spielten eine hervorragende Rolle bei den Wiederbelebungsversuchen. Schließlich schlug Honnan die Augen auf. Der junge Gangster richtete ihn in eine halb sitzende Stellung auf, und der Chef stellte die übliche Frage: »Bei wem hast du für Brown kassiert?«
    »Ewell Smith und Wyan Simett«, stotterte Honnan schwach.
    »Okay«, nickte der Boss. Der Junge ließ Honnan los. Fred fiel sofort wieder um, wobei er mit dem Hinterkopf hart aufschlug.
    Der Mann mit den grauen Augen fasste meinen Arm.
    »Komm mit!«, befahl er.
    Ich überlegte in aller Eile, ob es richtiger sei, zu gehorchen oder jetzt schon irgendeinen Tanz zu entfachen. Ich überschlug meine Chancen und fand sie miserabel. Die beiden Pistolenhelden lehnten immer noch am Eingang des Salons, und sie würden mich mit Blei vollpumpen, sobald ich nur eine falsche Bewegung machte. Ich musste vor dem Chef hergehen. Vor dem Haus stand Browns schwarzer Cadillac, der Wagen, mit dem Honnan und die anderen Mitglieder der Bande gekommen waren, und ein schwarzer Lincoln.
    ***
    Ich musste in den Fond des Lincolns einsteigen, und der Chef stieg zu mir. Erst jetzt sah ich, dass die beiden Pistolenhelden uns gefolgt waren. Der Große klemmte sich hinter das Steuer, während der ewige Gummikauer sich auf den Beifahrersitz lümmelte.
    »Fahr zu!«, befahl der Boss. »Beale Street.«
    Ich wusste, dass es mir nicht an den Kragen gehen würde, wenigstens nicht sofort. Das bewies die Sitzordnung. Es war unwahrscheinlich, dass der Chef mich höchstpersönlich zu erledigen wünschte, und wenn ich schon während der Fahrt hätte daran glauben sollen, so hätten sie mich auf den Beifahrersitz gesetzt und einen von den Kanonenhelden hinter meinen Rücken gepflanzt.
    Wir fuhren den Russian Hill hinunter und quer durch die Stadt. Ungefähr in der Nähe der Columbus Avenue tat ich den Mund auf.
    »Es wäre nett von dir, mir zu sagen, was ihr mit mir zu tun beabsichtigt«, sagte ich. »Selbst wenn man gehängt wird, bekommt man es vorher gesagt.«
    Der Chef musterte mich kalt, aber seine Augenlider zuckten nervös, und ich dachte, dass dieser Mann vielleicht doch die Nerven verlieren könnte, wenn es einmal hart auf hart käme.
    »Wir hängen nicht«, antwortete er.
    »Es kommt mir nicht auf die Methode an«, sagte ich grinsend, »aber wenn es 34 mit mir zu Ende geht, wüsste ich es gern vorher.«
    »Warum? Was hättest du davon?«
    »Nun, ich könnte einen letzten Gedanken an meine entfernte Geliebte richten, oder« - und ich verstärkte mein Grinsen noch um einige Grad - »ich könnte versuchen, den einen oder anderen von euch mit in Hölle zu nehmen.«
    Er lächelte ein wenig. »Das dürfte dir schwerfallen.«
    »Nicht so schwer, wie du glaubst«, antwortete ich.
    Der Wagen bog in diesem Augenblick in die Sansome Street ein, und der Gangster am Steuer musste mit dem Gas heruntergehen. Ich schlug blitzschnell auf den Türgriff. Die Tür flog auf, und ich warf mich rücklings aus dem Wagen. Ich schlug hart auf den Asphalt, überkugelte mich. Die Bremsen von zwei oder drei Wagen, die hinter dem Lincoln fuhren, kreischten auf. Ich rollte bis an den Rand des Bürgersteiges, sprang auf und klopfte meine Kleidung ab.
    Ein paar Leute, die zufällig beobachtet