0192 - Vorm Sterben einen Drink
kann?«
»Nicht. Nicht im geringsten«, mußte ich zugeben. »Aber irgendwas muß für Meelson doch so wertvoll an diesem Gelände sein, daß er es unbedingt haben will. Was ist das für ein Zaun da hinten?«
»Den habe ich nur wegen der Kinder machen lassen. Die Erdschicht hier ist höchstens zwei Meter tief, darunter liegt Felsen. Vom Zaun aus fällt das Gelände fast senkrecht zum Fluß hin ab, und zwar gute sechs bis sieben Meter. Man kann sich den Hals brechen, wenn man da hinuntertstürzt. Deswegen habe ich den Zaun da aufbauen lassen.«
Man mochte die Sache ansehen, von welcher Seite man auch immer wollte, es blieb vollkommen unverständlich, warum Meelson um jeden Preis den Garten seines Nachbarn noch haben wollte.
Auch zu seinem Grundstück gehörte ein Garten, und dieser war jetzt schon größer als Renners Grundstück. Warum wollte er also auf jeden Fall noch dessen Garten dazu haben?
Unverrichteter Dinge zogen wir wieder ab.
Als wir wieder unten in Manhattan ankamen, war es schon halb acht Uhr abends, und es gab eigentlich nichts mehr, was wir an diesem Tag noch hätten unternehmen können.
Ich probierte es und rief das Büro der Mordkommission an, aber Rogerty war nicht im Hause.
Man fragte mich, ob es dringend sei und ob man mich mit Rogertys Wohnung verbinden solle.
Das lehnte ich ab, weil ich Rogerty nicht am Feierabend stören wollte. So wichtig war es nicht.
Also fuhren wir zu einem Restaurant in der Chinatown, wo man schmackhaft und preiswert essen kann. Als wir gesättigt waren, fragte Phil: »Wollen wir ins Kino gehen, oder schon ins Bett?«
Ich blickte auf die Uhr. Es war noch nicht einmal neun.
»Fürs Bett ist es mir noch zu früh«, sagte ich. »Wie wär’s mit einer Partie Schach bei mir?«
»Gern«, sagte Phil.
Wir brachen auf, setzten uns in den Jaguar und fuhren zu mir.
Da ich Phil später noch nach Hause bringen würde, ließ ich den Wagen an der Bordsteinkante stehen, statt ihn in die Garage zu fahren.
Als wir ausgestiegen waren, fiel mir ein, daß meine Vorräte an geistigen Getränken erschöpft waren. Also gab ich Phil den Wohnungsschlüssel und sagte: »Geh schon rein! Ich hole nur noch schnell eine Flasche Scotch von gegenüber.«
»Okay«, erwiderte mein Freund und nahm die Schlüssel.
Ich überquerte die Straße und suchte die nahegelegene Kneipe auf, wo ich mir meistens meinen Scotch kaufe.
Mit dem Wirt wechselte ich nur ein paar allgemeine Redensarten, und es konnte alles in allem nicht länger als drei bis fünf Minuten gedauert haben, als ich vor der Tür zu meiner Wohnung stand.
Phil hatte sie einen kleinen Spalt offenstehen lassen, damit ich herein konnte. Durch diesen kleinen Spalt drang jetzt deutlich ein eigenartige Geräusch. Es war ein Mittelding zwischen einem Keuchen und einem Stöhnen.
Ich stutzte, trat über die Schwelle und stellte die Flasche Scotch erst einmal in den Flur.
Mit zwei raschen Schritten war ich im Wohnzimmer.
Zwei Sessel waren umgeworfen, ein kleiner Tisch hatte sich in Kleinholz aufgelöst, und der schöne Kristallaschenbecher darauf war auch nicht mehr als ganzes Stück vorhanden.
Ungefähr in der Mitte des Wohnzimmers standen sie. Einer bog Phil die Arme auf den Rücken.
Der andere hatte seinen rechten Unterarm so eng um Phils Hals gerissen, daß mein Freund langsam blau im Gesicht wurde. Der dritte stand vor Phil und ließ die Klinge seines Schnappmessers über den Daumennagel gleiten, um die Schärfe zu probieren.
Ich war so schnell bei ihm, daß er mein Erscheinen erst merkte, als ich schon den Arm gepackt hatte.
Ich riß ihn hoch, drehte mich drunter durch und zog ihn wieder herab. Während ich mich vorwärts beugte, trat ich nach hinten aus.
Das Messer ließ er fallen, und ich sorgte dafür, daß es in meine Hände kam.
Als ich mich wieder aufrichtete, hatten die beiden, die Phil festgehalten hatten, mich als den im Augenblick gefährlichsten Gegner ausgemacht und stürzten sich auf mich.
Ich ließ das Messer fallen und empfing den ersten mit einem Uppercut, in den er richtig heineinlief. Er kippte nach rechts weg, ohne einen Ton von sich zu geben. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, daß Phil zusammengesackt war. Noch mehr regte mich der Tiefschlag auf, den mir der zweite Kerl gab.
Ich ging rückwärts und sah verschwommen, daß auch der Messermann schon wieder auf die Beine kam. Jetzt wurde es aber Zeit, wenn ich nicht den Kürzeren ziehen wollte. Ich holte tief Luft und riß die Arme zur Deckung hoch.
Zu
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