0199 - Das Erbe des Schwarzen Tods
letzten Wirbel aufhörte.
Suko war wirklich zu beneiden.
»Sollen wir dann?« fragte Shao..
Ich trank mein Glas leer und stand auf. »Okay, ich habe nichts dagegen.«
Shao erinnerte Suko noch an die Geschenke. Jetzt sah ich, daß auch er Tüten trug, und konnte mir natürlich eine entsprechende Bemerkung nicht verkneifen, so daß Suko das Gesicht verzog.
Gemeinsam fuhren wir mit dem Lift nach unten. Der Bentley wartete in der Tiefgarage. Ich hatte ihn sogar waschen und polieren lassen. Eigentlich Unsinn im Winter, aber manchmal flippt man auch als Beamter aus.
Shao, Suko und ich fuhren durch ein weihnachtliches London.
Wir hatten ja auch die hektische Vorweihnachtszeit miterlebt und waren überrascht, was die Leute noch so alles einkauften, obwohl es ihnen ziemlich schlecht ging und die Arbeitslosenquote die Zahl drei Millionen erreicht hatte.
Es war ruhig.
Herrlich, einmal so durch die Stadt zu fahren. Und das am frühen Abend, wo normalerweise die Hölle los war. Wir aber merkten nichts davon und genossen die Fahrt regelrecht. Noch einmal erstrahlten die festlichen Lichtkaskaden an den Geschäften, da gab es Tannenbäume und Weihnachtsmänner aus Glühbirnen, und jeder wünschte dem anderen ein frohes Fest.
In ein paar Tagen würde der ganze Kram eingemottet, um im nächsten Jahr wieder hervorgeholt zu werden.
So war es immer.
Nachdem wir die unmittelbare City hinter uns gelassen hatten, kamen wir noch besser voran. Die Straßen waren vom Schnee geräumt. Es hatte allerdings auch getaut. Nur noch an den Rändern lag grauschwarzer Matsch.
Auch mich überkam eine – sagen wir ruhig – weihnachtliche Ruhe. Ich dachte in diesen Momenten nicht mehr an Dämonen oder finstere Mächte, sondern nur noch an den vor uns liegenden Abend.
Wie es in England Tradition ist, hatte Sheila sicherlich einen Truthahn gebraten. Wir würden dazu Wein trinken, in Kerzenlicht schauen und vielleicht das abgelaufene Jahr noch einmal Revue passieren lassen.
Als Nachtisch gab es sicherlich Plum-Pudding. Darauf freute ich mich auch.
Bill wohnt bekanntlich im Londoner Süden, wo die Straßen schmaler sind und die Umwelt noch einigermaßen in Ordnung ist.
In den Vorgärten der Häuser standen Weihnachtsbäume, deren elektrische Kerzen ihren hellen Schein verbreiteten.
Wir unterhielten uns kaum. Irgendwie befand sich jeder von uns in einer anderen Stimmung als sonst. Die sollte nicht durch Gespräche gestört werden.
Im Innenspiegel sah ich, daß Suko und Shao ihre Hände aufeinandergelegt hatten. Ich mußte lächeln. Die beiden waren wirklich verliebt wie am ersten Tag.
Wir befanden uns bereits in der Nähe des Conollyschen Hauses, und Suko begann damit, die Pakete aus den Kaufhaustüten zu holen. Mit denen wollte er nicht bei Sheila, Bill und dem kleinen Johnny aufkreuzen.
»Soll ich deine auch herausnehmen?« fragte er.
»Ich bitte darum.«
»Oh, wie förmlich.«
Noch eine Kurve. Dann rollten wir durch die Straße, an der das Haus liegt. Hier hätte Bill Conolly fast einmal sein Leben verloren, als ihn Desteros Würgehand umbringen wollte. Suko und ich waren im letzten Augenblick erschienen.
Es hatte sich wirklich viel bei den Conollys ereignet. Sogar ihr Haus war in eine andere Dimension transportiert worden, war aber zurückgekehrt und hatte als schreckliches Erbe einen Ghoul hinterlassen, mit dem wir noch große Schwierigkeiten hatten.
Alles Vergangenheit. Ich wollte nicht mehr daran denken, sondern nur an die nahe Zukunft. Mein Magen meldete sich bereits.
Wenn ich an den Truthahn dachte, verspürte ich Hunger.
Das Tor zum Grundstück stand offen. Ich blinkte und ließ den Bentley hindurchrollen.
Ein gewundener Weg führte zum Haus hoch, das auf einem kleinen Hügel lag, den Bill hatte anschütten lassen. Wir sahen Schneereste, kahle Sträucher und Bäume.
Typisch für den Winter.
Über dem Eingang brannte eine Lampe. Auch entdeckten wir einen leuchtenden Baum.
Die letzten Yards.
Ich zog den Wagen noch einmal nach links, um ihn vor der großen Doppelgarage abzustellen.
Motor aus, Türen auf, aussteigen…
Da hörten wir die Schreie!
***
Gil Meier, der Seemann aus dem Elsaß, boxte Harry Cumberland in die Seite. »Träume ich, oder ist das wirklich ein Kerl, der da steht?« fragte er leise.
»Du träumst nicht, Gil.«
Auch Gerd Hansen starrte mit offenem Mund auf die Gestalt. So etwas hatte er noch nie in seinem Leben gesehen, und er war verdammt weit herumgekommen.
Das Wesen, das dort auf der
Weitere Kostenlose Bücher