02 - Die Gefangene des Wikingers
Haupthalle war von etlichen Räumen umgeben, und einen davon hatte er sich ausgesucht.
Er streckte sich auf einem großen Bett aus. Er schloss die Augen; neben ihm lag Vengeance, sein Schwert, eine Hand hatte er darauf gelegt. Er schlief niemals, ohne Vengeance in Reichweite zu haben.
Die Ereignisse des Tages gingen ihm nochmals durch seinen müden Kopf, dann schlief er langsam ein. Er sah, wie das Mädchen mit den Mandelaugen halb nackt, vor ihm tanzte, aber sie war Rhiannon, sein Weib.
Ihr Haar wogte um sie wie ein zarter Vorhang aus Flammen. Es ergoss sich über ihre nackten Glieder. Dann lag sie auf dem Rücken, und das Geräusch, das sie beide umgab, war das Geräusch eines plätschernden Baches. Sie winkte ihm zu, sie lächelte, sie drängte ihn, zu ihr zu kommen. Er ließ sich zwischen ihren zarten Schenkeln nieder und drückte ihren Rücken in das saftige grüne Blattwerk einer süß duftenden und fruchtbaren Erde.
Er streichelte ihr Haar und ließ seine Finger über sie gleiten, und dann fühlte er etwas Klebriges; es war Blut.
Er fuhr aus dem Schlaf auf.
Um ihn war noch alles ruhig und dunkel. Die Tür zur Halle stand offen, und er sah, dass um das Feuer schlafende Männerlagen.
Sie befand sich nicht in Gefahr, dachte er. Warum verfolgten ihn ständig Gedanken an ihren Tod?
Es war doch eher sie, die ihm an die Kehle wollte, erinnerte er sich selbst.
Er brauchte Schlaf. Die einzige körperliche Wunde, die ihm jemals zugefügt worden war, stimmte von ihr. Aber trotzdem war es ein langer und harter Tag gewesen, auch wenn er mit einem Sieg geendet hatte. Und morgen wollte er wie der Wind reiten.
Er hatte seinen Teil des Abkommens erfüllt und würde es auch weiterhin erfüllen. Denn die Dänen würden sich sicherlich erneut erheben, um Vergeltung für die heutige Schlacht zu üben.
Er legte sich wieder hin und schloss die Augen um endlich zu schlafen.
Er träumte abermals und schlief sehr unruhig. Immer wieder träumte er davon, dass sie in Gefahr war, und immer wieder schreckte er hoch.
Sie befand sich in keiner Gefahr. Sie stand unter der Obhut von Mergwin, und er würde sie vor allen Gefahren beschützen.
In der Morgendämmerung gab er es auf und erhob sich.
Gereizt verließ er das Zimmer und entdeckte Rollo am Feuer, den großen Kopf in den Armen vergraben. Eric stieß ihn it
dem Stiefel an.
»Weck die anderen«, befahl er ihm. »Es ist Zeit, loszureiten.«
Rollo zwinkerte und erhob sich schnell. Geräuschvoll wachten die Männer auf.
Eric trat in den kühlen Frühjahrsmorgen hinaus. Tau lag auf dem Gras, und alles war in Nebel gehüllt. Rochester war eine eindrucksvolle Stadt. Die Dänen waren ganz scharf darauf gewesen.
Sie würden zurückkommen.
Er rief einen Jungen zu sich und bat ihn, sein Pferd aus dem Stall zu holen und bekanntzugeben, dass er mit seinen Männern losreiten wolle.
Minuten später waren seine Männer bereit, beladen mit den Schätzen der Dänen, die sie aus deren Verteidigungsanlage geplündert hatten. Eric war überrascht, auch Rowan abmarschbereit auf einem Pferd zu sehen, hinter sich das Tanzmädchen.
»Der König kommt noch nicht mit«, rief Eric ihm zu und ritt zu ihm hin.
»Ich weiß. Er ist einverstanden, dass ich unter Euch diene«, antwortete Rowan.
Er starrte den Jungen kühl und nachdenklich an. Rowan hatte sich als sehr vielseitig erwiesen - konnte er sich auch als Verräter erweisen? Nun, Rowan konnte gerne mit ihm reiten, aber er würde ein scharfes Auge auf den jungen Mann haben - und auf Rhiannon.
»Dann reiten wir!« sagte Eric zu ihm.
Er rief seinen Männern den Befehl zu und ritt los.
Nach Hause, dachte er. Und zu seinem… Weib. Und, dachte er, während langsam ein Lächeln auf seinem Gesicht auftauchte, zu den ganzen Versprechungen, die sie ihm gegeben hatte. Er würde dafür sorgen, dass sie sie hielt. Jedes einzelne davon.
Kapitel 11
Es war gut gewesen, wieder nach Hause zu kommen.
Nichts in ihrem Hause war angetastet worden, und in der Zeit, die sie abwesend gewesen war, war vieles von dem, was in der Stadt zerstört worden war, wieder aufgebaut worden.
Und beim Heimkommen hatte sie Adela wiedergefunden.
Adela, die Cousine ihrer Mutter, war fast sechzig Jahre alt. Sie war eine quicklebendige Lady mit scharfen Augen und einem schnellen Witz. Sie hatte viele Jahre mit Rhiannon verbracht. Bis zu Rhiannons Rückkehr hatte sie sich im Hause eines Bauern versteckt. Aber nachdem sie von Rhiannons Rückkehr erfahren hatte und
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