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02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren

Titel: 02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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verwundert, denn ich wusste nicht, was sie meinte. Deshalb schwieg ich. Mama Bisi befreite mich von Sue. Später beteten wir und aßen unser Nachtmahl zusammen mit den anderen Frauen und Schwestern und einigen Farmhelferinnen ein, die während der Saison vor allem in der
    verschwenderisch großen Eingangshalle schliefen (der feine englische Vorbesitzer hätte daran sicher seine Freude gehabt..).
    Vor dem Zubettgehen rief mich Mutter auf die Veranda, wo bereits Mama Bisi saß und einen Korb flocht, den sie zusammen mit unzähligen anderen auf dem Markt verkaufen wollte. Seitdem wir in Jeba lebten, kam es nicht mehr sehr oft vor, dass Mutter mir noch eine Geschichte vorlas oder erzählte. Umso mehr freute ich mich also und wollte mich zu ihren und Mama Bisis Füßen auf den Boden setzen.
    „Choga, geh mal ein paar Schritte auf und ab“, sagte Mutter.
    „Warum?“
    „Ich möchte sehen, wie du gehst.“
    Ich tat, wie mir geheißen. Der Tag auf dem Feld hatte mich angestrengt, der ganze Körper tat mir weh.
    „Belaste mal das andere Bein“, meinte Mutter. Ich versuchte es. Nach einigen Schritten verfiel ich wieder in meine übliche Haltung, in der ich das schmerzende Bein weniger beanspruchte. Das tat ich aus reiner Gewohnheit immer so.
    „Deine Mutter hat Papa David geschrieben“, meldete sich plötzlich Mama Bisi zu Wort. „Wir alle finden, er soll dir helfen, dass du besser laufen kannst.“
    Entsetzt starrte ich erst Mama Bisi an, dann Mutter. „Das dürft ihr nicht!“, stieß ich hervor.
    „Es muss etwas geschehen, Kind, bevor es zu spät ist! Ich habe Papa David gebeten, dich von einem Arzt behandeln zu lassen. „ Mutter sprach sehr ernsthaft und sah mich dabei fest an.
    Ich hasste es, wenn sie oder irgendjemand anders von meinem Bein sprach. Es tat zwar weh, doch damit hatte ich mich abgefunden. So wie Corn, der es sogar schaffte, mit drei Beinen durch die Gegend zu laufen.
    „Irgendwann wirst du heiraten und Kinder bekommen wollen, meine Kleine“, sagte Mama Bisi. „Dann ist es zu spät, noch etwas zu tun.“ Ich stutzte, meine mütterliche Patentante steckte also dahinter. Sie, die immer nur tröstete, aber sich
    nach Möglichkeit nicht einmischte in den Lauf der Dinge, wollte tatsächlich in mein Schicksal eingreifen.
    Ich hielt Mama Bisi und Mutter entgegen: „Ich will keinen Arzt. Gott hat mich so gemacht.“ Doch das war nur die halbe Wahrheit, wie ich heute eingestehen kann. Ich wollte niemals anders behandelt werden als meine Schwestern. Ich wollte nichts Besonderes sein, deswegen schämte ich mich, wenn über mein Bein so offen gesprochen wurde.
    Einige Wochen später eröffnete mir Mutter, dass sie die Farm für unbestimmte Zeit verlassen müsse. Eine erneute Reise nach Deutschland stand bevor: Noch einmal sollte sie in ihrer Heimat eine Anzahl landwirtschaftlicher Geräte, Saatgut und Düngemittel erstehen. Nicht nur für uns, sondern auch für die anderen Farmen, die Papa David gehörten.
    „Dein Vater schickt uns ein Auto, mit dem wir nach Lagos gefahren werden“, sagte Mutter.
    Ich spielte gerade mit Sue. „Darf Sue mitkommen?“, fragte ich. Mutter lachte und sagte, dass mein Schwesterchen Mama Ada brauche. Und dann fügte sie hinzu: „Du wirst ein paar Wochen im Harem bleiben, Choga Regina.“
    Niemals hatte ich gewagt, meiner Mutter offen zu widersprechen. Doch jetzt tat ich es: „Ich will aber hier bleiben!“, stammelte ich trotzig.
    Sie erklärte mir geduldig, dass ich nach Lagos müsse - um zum Arzt zu gehen.
    „Dein Vater hat zugestimmt, dass dich ein Spezialist im Krankenhaus ansieht.“
    Mutter hatte, das wusste ich aber damals nicht, in mehreren Briefen an Papa David dafür gekämpft, dass ich diesen Termin bekam. Doch ich weigerte mich!
    Und zwar auf meine Art: Ich lief weg, verkroch mich hinter Mama Bisis Bougainvilleabüschen und heulte, als wollte man mir ein großes Unrecht antun.
    Ein Krankenhaus! Wie entsetzlich! Dorthin kam man doch nur, wenn man krank war. War ich etwa krank? Die Welt brach für mich zusammen. Corn spürte mich auf und kuschelte sich an mich.
    Irgendwann fand mich Mama Bisi und durch ihre Worte beruhigte ich mich zumindest wieder ein bisschen. „Deine Mutter ist einverstanden, dass ich mitfahre, meine Kleine. Du musst keine Angst haben.
    Mama Bisi wird immer bei dir sein“, versprach sie mir. Corn allerdings konnte uns nicht begleiten.
    Als Jem abends vom Feld zurückkam, erzählte ich ihr von den Plänen unserer Mütter. Doch anstatt mich

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