02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren
damaligen Situation halbwegs zufrieden war. Immerhin hatte ich mich auf der Farm wieder gut eingelebt. Jems Geschichte hatte mir seinerzeit eindrucksvoll vor Augen geführt, wie Vater reagierte, wenn man seine Autorität untergrub. Würde Jo ihm erzählen, dass sein eigener Stellvertreter mit einer von Vaters Frauen ein Kind gezeugt hatte .. die Folgen mochte ich mir nicht einmal vorstellen. Das Mindeste wäre, dass Papa David die Familie wieder einmal zerschlagen würde!
Obendrein erwartete ich nach annähernd zwei Jahren noch immer kein Kind, gleichwohl vorausgesetzt wurde, dass ich Felix den ersten Sohn gebären würde.
Käme heraus, dass stattdessen Idu schwanger war, würde möglicherweise der ganze, von meiner Mutter eingefädelte Schwindel auffliegen. Wir alle würden in Ungnade fallen.
Während ich die Früchte auf den Handkarren schichtete, kam mir eine völlig absurde Idee, die vielleicht alles retten könnte - vorausgesetzt, alle auf der Farm würden mitspielen. Sobald Idus Baby geboren sei, würde man Papa David erzählen, es wäre mein Kind. Dann könnten wir alle in Frieden weiterleben.
Dann sah ich Jos wütend funkelnde Augen! Er erwartete, dass ich empört war!
Mein schöner Gedanke ließ sich unmöglich durchsetzen. Nicht gegen einen aufrechten Mann wie meinen Bruder.
Genau genommen gab es nur eine Möglichkeit: Idu musste von der Farm verschwinden, da hatte Jo durchaus Recht. Sie, die mir vor meiner Hochzeit so ausführlich von ihrem Nomadenleben erzählt hatte, würde wieder durchs Land ziehen.
Aber mit einem Kind? Und diesmal ohne den Beistand der Familien, von denen sie unter diesen Umständen keine Aufnahme mehr erwarten konnte? „Ist das denn christlich?“, fragte ich Jo, nachdem ich ihm von meinen Bedenken erzählt hatte.
„Gebote sind dazu da, eingehalten zu werden, Choga.“
„Schon“, sagte ich, „aber nicht auf Kosten einer Frau und ihres Kindes. Das ist nicht gerecht. Felix hat die Ehe ebenso gebrochen. Also muss auch er gehen.“
Dieser Gedanke gefiel mir am allerbesten, gebe ich zu.
„Dann wird er seine Frauen mitnehmen. Und du bist seine Frau“, entgegnete Jo bündig.
„Somit sitze ich in der Falle“, sagte ich. Mein Bruder begann, die Ananasfrüchte konzentriert auf den Karren zu schichten. Ich sah, dass er nachdachte. Ich hoffte inständig, er würde von allein einsehen, dass sein Beharren auch mir schaden würde.
„Weißt du schon lange, dass Felix und Idu ..?“ Er brach ab. Sexualität ist in meinem Land ein Tabu. Selbst unter Geschwistern. Jo ahnte ja nicht einmal, dass Felix und ich die Ehe niemals „vollzogen“ hatten.
„Dass Papa Felix ständig die Ehe bricht, hast du doch auch schon viel früher gewusst. Bevor ich mit Felix verheiratet wurde. Und du hast nie etwas gesagt.
Wer weiß, wie viele Kinder er noch hat und mit wem? Und auf einmal ist dir das nicht mehr egal?“
„Du bist meine Schwester.“
„Dann beschütze mich mit deinem Schweigen, Jo. Und dich selbst auch.“
Als wir den Karren vollgeladen hatten, zog er ihn zurück zur Farm. Er sagte kein einziges Wort mehr. Ich machte mir Vorwürfe, dass ich ihn so angefahren hatte.
Dennoch hatte ich nicht das Gefühl, mich wirklich an einem anderen Menschen versündigt zu haben.
Am nächsten Morgen schafften wir bereits im Morgengrauen die Ernte zum Markt. Den ganzen Weg über redeten wir
nicht ein Wort. Jos Schweigen bedrückte mich. Ich wusste nicht, ob er seine Drohung wahr machen und Papa David tatsächlich in Lagos anrufen würde.
Während ich die Früchte verkaufte, saß mein Bruder nur stumm neben mir. Am Abend trotteten wir wie immer einträchtig nebeneinander her zurück.
Auf dem Weg kamen wir am Telegrafenamt vorbei. Ich hielt sein Schweigen nicht länger aus. „Wolltest du nicht in Lagos anrufen?“, fragte ich.
Jo trabte einfach weiter. Plötzlich blieb er stehen. Ich dachte schon, er würde umdrehen und doch noch telefonieren wollen. Stattdessen packte er mich und setzte mich sanft auf die leere Ladefläche des Karrens.
„Du bist eine gute Frau und eine gute Schwester, Choga. Ich werde dich jetzt ziehen.“
Er wusste, dass ich das schon als Kind nicht gemocht hatte, weil ich mich nicht wie eine verwöhnte Prinzessin behandeln lassen wollte. Doch diesmal wehrte ich mich nicht. Jo schritt munter aus, begann unvermittelt sogar ein Lied zu singen. Als wir Rast machten, sagte er: „Wenn Gott es so will, dann darf ich nicht eingreifen.“
Ich atmete tief durch. „Du bist
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