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02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Wagen meines Bruders, um keine zusätzlichen Reifenspuren zu hinterlassen.« Er lächelte mit Verachtung. »Wir waren sehr vorsichtig, o ja. An der Straßengabelung fängt ein starkes Gefalle an, mit zwei Haarnadelkurven gleich zu Beginn, eine direkt nach der anderen. Wir ließen den Motor an und schoben den Wagen an, in dem mein Bruder hinter dem Steuer saß. Er gewann rasch an Geschwindigkeit. An der ersten Kehre schoß er über die Straße hinaus, durchbrach den Zaun und stürzte auf die darunterliegende zweite Kehre ab, wo er dann die Böschung hinunterrollte und Feuer fing.«
    Stinhurst zog ein blütenweißes Leinentaschentuch heraus und wischte sich die Stirn. Er kam zum Tisch zurück, aber er setzte sich nicht. »Danach gingen wir zu Fuß zum Haus zurück. Die Straße war fast völlig vereist, so daß wir keine Fußabdrücke zurückließen. Es hat eigentlich nie jemand daran gezweifelt, daß es sich um einen Unfall handelte.« Mit einer Hand berührte er die Fotografie seines Vaters, die immer noch dort lag, wo Lynley sie mit den anderen ausgebreitet hatte.
    »Warum ist dann Sir Andrew Higgins extra aus London angereist, um den Toten zu identifizieren und bei der Untersuchung auszusagen?«
    »Zur Rückversicherung. Wir fürchteten, es könnte vielleicht jemand an Geoffreys Verletzungen etwas ungewöhnlich finden und anfangen, Fragen zu stellen. Sir Andrew war der älteste Freund meines Vaters. Wir konnten ihm unbedingt vertrauen.«
    »Und was hatte Willingate mit der Sache zu tun?«
    »Er traf keine zwei Stunden nach dem Unfall auf Westerbrae ein. Er war bereits unterwegs gewesen, um Geoff zur Vernehmung nach London zurückzuholen. Der Anruf, den mein Bruder erhalten hatte, war zweifellos eine Warnung gewesen. Mein Vater sagte Willingate die Wahrheit. Und die beiden trafen eine Vereinbarung. Die ganze Sache würde geheim bleiben. Der Regierung lag nichts daran, publik werden zu lassen, daß jahrelang ein sowjetischer Agent im Verteidigungsministerium gesessen hatte. Und mein Vater wollte auf keinen Fall, daß bekannt wurde, daß sein Sohn dieser Agent gewesen war. Außerdem wollte er nicht wegen Mordes vor Gericht gestellt werden. Also blieb die Geschichte vom Unfall bestehen. Und wir anderen verpflichteten uns zu schweigen. Wir hielten uns an die Verpflichtung. Aber Phillip Gerrard war ein geradliniger, anständiger Mann. Er hat es sich den Rest seines Lebens nicht verziehen, daß er sich dazu überreden ließ, einen Mord zu vertuschen.«
    »Ist das der Grund, warum er nicht auf Westerbrae beerdigt werden wollte?«
    »Er meinte, er hätte einen Fluch über den Besitz gebracht.«
    »Warum ist Ihr Bruder dort begraben?«
    »Mein Vater wollte ihn in Somerset nicht haben. Er hätte ihn am liebsten überhaupt nicht beerdigen lassen.« Jetzt erst sah Stuart Stinhurst seine Frau an. »Wir alle sind an Geoffs Geschichte zerbrochen, nicht wahr, Mag? Aber uns beide hat es am schlimmsten getroffen. Wir haben Alec verloren. Wir habe!Elizabeth verloren. Und wir haben uns verloren.«
    »Immer stand Geoff zwischen uns«, sagte sie stumpf.
    »All die Jahre. Du hast immer so getan, als hättest du ihn getötet und nicht dein Vater. Es gab Momente, wo ich mich allen Ernstes gefragt habe, ob du ihn nicht wirklich getötet hast.«
    Stinhurst schüttelte den Kopf, nicht bereit, die Entlastung anzunehmen. »Ich habe ihn getötet, Marguerite. Ich habe ihn getötet. An dem Abend damals in der Bibliothek gab es einen kurzen Augenblick, wo ich hätte eingreifen, wo ich meinen Vater hätte zurückhalten können. Sie lagen auf dem Boden und - Geoff hat mich angesehen. Maggie, ich bin der letzte Mensch, den er gesehen hat. Und er hat realisiert, daß sein einziger Bruder dastand und tatenlos zusah, wie er getötet wurde. Ebensogut hätte ich ihn mit eigener Hand töten können, verstehst du? Letztendlich bin ich der Schuldige.«
    Eine Frage galt es noch zu klären. »Warum haben Sie am vergangenen Wochenende zum MI5 Kontakt aufgenommen?«
    »Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Mir war klar, daß jede Ermittlung sich früher oder später unweigerlich auf das Skript konzentrieren würde, in dem wir am Abend vor Joys Ermordung gelesen hatten. Und ich dachte - ich glaubte -, ein näheres Studium des Stücks würde alles an den Tag bringen, was wir, meine Familie und die Behörden, fünfundzwanzig Jahre lang so sorgsam geheimgehalten hatten. Als Willingate mich anrief, meinte auch er, daß die Skripten vernichtet werden müßten. Dann

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