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02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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hat, die eigene Frau zu halten. Und glauben Sie ja nicht, dieser feine Pinkel aus London hätte sie halten können!« Er schenkte sich wieder ein und goß einen Teil des Whiskys achtlos daneben, als die Flasche ans Glas stieß. »Schauspielunterricht hat er ihr versprochen und eine Rolle in irgendeinem Stück. Aber wenn das alles nichts geworden wäre, hätte sie ihn genauso .«
    »Eine Rolle in seinem Stück? Schauspielunterricht? Woher wissen Sie das? Stand das in ihrem Brief?«
    Darrow drehte sich zum Kamin um und antwortete nicht. Aber Lynley war jetzt klar, warum Joy Sinclair diesen Mann immer wieder angerufen hatte, was sie in den Gesprächen mit ihm so hartnäckig herauszufinden versucht hatte. Ohne Zweifel hatte er ihr in seinem Zorn, ohne es zu wollen, eine Informationsquelle verraten, die sie dringend brauchte, um ihr Buch schreiben zu können.
    »Gibt es Aufzeichnungen, Darrow? Tagebücher vielleicht?«
    Der Mann antwortete nicht.
    »Darrow! Nun kommen Sie schon! Wissen Sie den Namen des Mörders?«
    »Nein.«
    »Aber Sie wissen eine ganze Menge. Woher?«
    Noch immer starrte Darrow mit unbewegter Miene ins Feuer. Aber sein keuchender Atem verriet, wie erregt er war. »Tagebücher«, stieß er schließlich hervor. »Hannah hat sich selber immer unheimlich wichtig genommen. Alles hat sie aufgeschrieben. Die Tagebücher waren in ihrem Koffer. Zusammen mit allen ihren anderen Sachen.«
    »Geben Sie mir die Tagebücher, Darrow«, sagte Lynley, der wußte, daß der Mann behauptet hätte, sie schon vor Jahren vernichtet zu haben, wenn er sein Verlangen als Frage formuliert hätte. »Geben Sie sie mir. Ich kann nicht garantieren, daß Teddy niemals die Wahrheit über seine Mutter erfahren wird, aber ich verspreche Ihnen, daß er sie von mir auf keinen Fall erfahren wird.«
    Darrow senkte den Kopf. »Ich kann nicht«, murmelte er.
    Lynley ließ nicht locker. »Ich weiß, daß Joy Sinclair mit ihren Fragen alles wieder aufgerührt hat. Ich weiß, daß sie Ihnen Kummer und Unruhe bereitet hat. Aber, um Himmels willen, hat sie deshalb verdient, ermordet zu werden? Von einem brutalen Mörder, der ihr einen Dolch in den Hals stieß? Wer von uns verdient einen solchen Tod? Gibt es überhaupt ein Verbrechen im Leben, das eine solche Strafe verdient? Und Gowan! Was ist mit dem Jungen? Er hatte nichts getan, nichts, Darrow, und trotzdem mußte auch er sterben. Überlegen Sie, Mann! Sie können den Tod dieser beiden doch nicht einfach so hinnehmen!«
    Danach gab es nichts mehr zu sagen. Danach konnte er nur noch auf die Entscheidung des Mannes warten. Ein Holzscheit im Kamin knackte laut und zerbarst in einem kleinen Funkenregen. Von oben war das Rumoren von Darrows Sohn zu hören. Nach einer qualvollen langen Stille hob Darrow den Kopf.
    »Kommen Sie mit rauf in die Wohnung«, sagte er tonlos.

    Eine Außentreppe an der Rückfront des Hauses führte in die Wohnung hinauf. Darunter zog sich ein gekiester Weg durch einen verwilderten Garten zu einem Törchen, hinter dem sich in endloser Weite die Felder dehnten, in einer Monotonie, die nur hier und dort durch einen vereinzelten Baum, einen Kanal, die wuchtige Form einer Windmühle unterbrochen wurde. Der trüb!Himmel schien alle Farbe aus dem Land aufzusaugen, und die Luft war geschwängert vom modrigen Geruch nach Torf und Morast. Jahrhundertelanges Wechselspiel von Überschwemmungen und Fäulnis hatte diese trostlos wirkende Landschaft geformt, die still war bis auf das rhythmische Keuchen der Entwässerungspumpen, das aus der Ferne über das flache Land klang.
    John Darrow öffnete die Tür und führte Lynley in die Küche, wo Teddy, umgeben von feuchten Wischlappen, Topfkratzern und einem Eimer Wasser, auf allen vieren vor dem alten Herd lag und sich abmühte, das verkrustete Backrohr zu reinigen. Der Fußboden um ihn herum war feucht und schmutzig. Aus dem Radio auf dem Büffet schallte die heisere Stimme eines Rocksängers. Bei ihrem Eintreten blickte Teddy von seiner Plackerei auf und schnitt eine Grimasse.
    »Da haben wir 'n bißchen zu lang gewartet, Dad. Bei der Kruste käme ich mit einem Meißel besser voran.« Er wischte sich grinsend das Gesicht.
    Darrows Ton war barsch, aber liebevoll. »Geh runter, Junge. Kümmre dich um die Wirtschaft. Das Rohr kann warten.«
    Dagegen hatte Teddy nichts einzuwenden. Mit einem Sprung war er auf den Füßen und schaltete das Radio aus.
    »Ich kann ja jeden Tag ein bißchen was dran machen. Dann werden wir es bis Weihnachten

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