Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
höchstens noch schlimmer aus. Er hat sich selbst ein handfestes Motiv für den Mord gegeben.«
    »Das sich nicht verifizieren läßt«, entgegnete St. James milde. »Es sei denn, du befragst Lady Stinhurst selbst. Und ich habe das starke Gefühl, Stinhurst verläßt sich darauf, daß du zu sehr Ehrenmann bist, um das zu tun.«
    »Oh, ich werde es tun. Wenn es notwendig werden sollte.«
    St. James ließ einen seiner Schuhe zu Boden fallen und befestigte dann die Beinschiene an einem anderen. »Aber lassen wir die Frage, was für eine Reaktion er sich von dir erhofft, mal beiseite, Tommy. Nehmen wir an, seine Geschichte ist wahr. Es wäre geschickt von ihm, findest du nicht, sein Motiv für den Mord so offen auf den Tisch zu legen. Dadurch verhindert er, daß du es erst aufspüren mußt und doppelt argwöhnisch wärst, wenn du es entdeckt hättest. Mal ganz extrem ausgedrückt, du brauchst ihn des Mordes überhaupt nicht zu verdächtigen, weil er dir gegenüber ja von Anfang an völlig offen war. Nun, ist das geschickt oder nicht? Viel zu geschickt, wenn du mich fragst. Und indem er Jeremy Vinney mitkommen ließ, einen Mann, von dem man erwarten mußte, daß er nach Joys Tod jeder peinlichen Geschichte nachgehen würde, derer er habhaft werden konnte, schuf Stinhurst auch gleich die dringende Notwendigkeit, das Beweismaterial zu vernichten.«
    »Du behauptest, Stinhurst hätte schon im voraus gewußt, daß Joys verändertes Stück die Geschichte der Beziehung seiner Frau mit seinem Bruder behandeln würde. Aber das läßt sich doch nicht halten! Das Zimmer neben Joy Sinclair bekam Helen. Die Flurtür zu Joy Sinclairs Zimmer war abgeschlossen. Auf dem Schlüssel der Verbindungstür waren nur die Fingerabdrücke von Davies-Jones.«
    St. James widersprach nicht. Er sagte nur: »Wenn man es so nimmt, Tommy, könnte man sagen, daß es sich auch i!Anbetracht der Tatsache nicht halten läßt, daß Sydeham einen Teil der Nacht allein war. Genau wie seine Frau übrigens. Auch diese beiden hatten die Gelegenheit, Joy Sinclair zu töten.«
    »Die Gelegenheit vielleicht. Jeder hier scheint Gelegenheit gehabt zu haben. Das Problem ist das Motiv. Ganz zu schweigen von der Tatsache, daß Joy Sinclairs Tür abgeschlossen war. Der Täter muß entweder die Hauptschlüssel gehabt haben, oder er ist durch Helens Zimmer gegangen. Das ist der Punkt, auf den wir immer wieder zurückkommen.«
    »Stinhurst könnte die Schlüssel gehabt haben, meinst du nicht? Er hat dir doch selbst gesagt, daß er früher schon hier war.«
    »Wie seine Frau, seine Tochter und Joy. Sie alle können gewußt haben, wo die Schlüssel sind, St. James. Selbst David Sydeham kann es gewußt haben, wenn er später am Nachmittag durch den Korridor ging, um nachzusehen, in welchem Zimmer Elizabeth Rintoul verschwand, als sie ihn und Joanna Ellacourt ankommen sah. Aber das ist ein bißchen weit hergeholt, nicht? Weshalb hätte er sich für Elizabeth Rintouls Versteck interessieren sollen? Um seiner Frau ein weiteres Engagement mit Gabriel zusammen zu ersparen? Das hätte nichts gebracht. Sie ist vertraglich an eine Zusammenarbeit mit Gabriel gebunden. Hätte Sydeham Joy Sinclair getötet, so hätte er damit gar nichts erreicht.«
    »Ich habe das Gefühl, wir kommen immer wieder auf diesen Punkt zurück. Joy Sinclairs Tod scheint nur einer Person genützt zu haben: Lord Stinhurst. Jetzt, wo sie tot ist, wird das Stück, das für ihn so peinlich zu werden drohte, niemals zur Aufführung kommen. Es sieht schlecht aus, Tommy. Ich frage mich, wie du so ein Motiv ignorieren kannst.«
    »Aber -«
    Es klopfte. Lynley ging zur Tür und sah sich Constable Lonan gegenüber, der eine in Plastik eingehüllte Damenhandtasche trug. Er hielt sie mit zwei Händen steifarmig von sich weg, einem Butler ähnlich, der eine Platte mit fragwürdigen Hors d'œuvres anbietet.
    »Sinclairs«, sagte er. »Der Inspector meinte, Sie würden sich den Inhalt ansehen wollen, ehe die Tasche ins Labor geht.«
    Lynley nahm ihm die Tasche ab, legte sie aufs Bett und zog die Gummihandschuhe über, die St. James ihm wortlos aus dem offenen Koffer zu seinen Füßen reichte.
    »Wo haben Sie sie gefunden?«
    »Im Salon«, antwortete Lonan. »Auf dem Fensterbrett hinter dem Vorhang.«
    Lynley warf ihm einen scharfen Blick zu. »Versteckt?«
    »Glaub ich nicht. Sie scheint sie einfach hingeworfen zu haben. So wie sie alles in ihrem Zimmer rumgeworfen hat.«
    Lynley zog den Reißverschluß der Plastikhülle auf

Weitere Kostenlose Bücher