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02 Nightfall - Rueckkehr des Engels

02 Nightfall - Rueckkehr des Engels

Titel: 02 Nightfall - Rueckkehr des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
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sagte der Morgenstern und gab den Chalkydri gereizt ein Zeichen mit der Hand.
    Mit einem lauten Surren ihrer Flügel gehorchten diese und verschwanden.
    »Bitte, Bruder, setz dich. Iss.« Der Morgenstern wies mit der Hand auf den Tisch, der voller Obst – Orangen, Limetten und Granatäpfeln –, Brot und Krügen mit Saft und Wein war. In einem Kreis standen mehrere Sofas um das Festmahl.
    Lucien gelang es, sich trotz der Ketten und der zusammengebundenen Flügel anmutig zu setzen. Allerdings war eindeutig erkennbar, dass er sich nicht entspannte. Er hielt den Rücken gerade, und seine Muskeln wirkten zum Zerreißen gespannt. Lilith fiel auf, dass er die Kette zwischen seinen Fesseln mit beiden Händen festhielt.
    Als plane er, sich seine Freiheit zu erkämpfen.
    Er ist mein Sohn.
    Vielleicht hatte er genau das vor, wenn er auch nur die geringste Gelegenheit dazu sah. Einen Augenblick lang belustigte sie die Vorstellung, doch dann räusperte sie sich ernüchtert. Sie atmete die nach Jasmin und Myrrhe duftende Luft ein und schob das Bild des brennenden Chaosthrons beiseite.

    »Ist es deine Idee, dass wir uns heute hier treffen?«, wollte Lucien wissen. »Oder folgst du nur Gabriels Anweisungen, wie es sich für ein braves Schoßhündchen gehört?«
    »Natürlich weiß Gabriel Bescheid«, antwortete der Morgenstern, ohne auf die Stichelei einzugehen. Seine Stimme klang so aalglatt wie sonnenwarme Seide. »Aber er wird nur erfahren, was ich ihm mitteile.«
    »Der Platzhalter, wie du ihn nanntest, ist damit beschäftigt, sich zu überlegen, wie er die Welt der Sterblichen am leichtesten erobern kann«, meinte Lilith.
    »Ganz einfach: Sobald Gehenna nicht mehr existiert«, flüsterte Lucien, »und ich auch nicht.« Er lehnte sich auf dem Diwan vor, so dass seine Ketten klirrten, und nahm sich eine Orange und ein Stück Brot.
    »Das muss nicht passieren«, sagte Stern. Mattes, pfirsichfarbenes Licht ließ seine hellen Haare erglänzen. »Nicht, wenn es einen Creawdwr gibt, der das Land und dich heilt.«
    »Es gibt keinen Creawdwr« , antwortete Lucien.
    »Wirklich nicht?«, fragte Stern. »Ich habe Loki in die Welt der Sterblichen geschickt, um nach ihm zu suchen.«
    Lilith bemühte sich, sich weder im Gesicht noch in ihrem Bewusstsein etwas anmerken zu lassen. Sie hatte nichts davon erwähnt, dass sie Loki zu Stein erstarrt auf dem Friedhof entdeckt hatte, dazu verdammt, ein Grab in New Orleans zu bewachen.
    Lucien schälte die Orange und schwieg.
    Stern seufzte. »Vielleicht hast du ihn ja getroffen?«
    »Ich habe ihn getroffen«, entgegnete Lucien. »Er hat mich geärgert, weshalb ich ihn an die Erde band.« Er aß einen Schnitz Orange, wobei seine Miene gedankenvoll wirkte. »Wahrscheinlich wird er so lange dortbleiben, bis ich zurückkehre, um ihn zu befreien.«
    Stern zog eine seiner weißen Brauen hoch. »Das würde sein Schweigen erklären. Wie gesagt: Ich habe ihn geschickt, weil
ich glaube, dass sich ein Creawdwr in der Welt der Sterblichen verbirgt.«
    »Wie kommst du auf diese absurde Idee?«, fragte Lucien.
    »Einige Male hatte ich im Traum das Gefühl«, sagte Stern mit leiser Stimme, »als hätte ich die letzten Töne eines Anhrefncathls gehört. Ein wildes, wundervolles Lied.«
    »Vielleicht war das Teil deiner Träume«, meinte Lucien. »Wenn ein Creawdwr in der Welt der Sterblichen wandelte, hätte ich davon erfahren.«
    »Ja, das hättest du«, sagte der Morgenstern, »und du wärst ihm so nahe wie möglich gekommen, wobei ich nicht weiß, ob es deine Absicht gewesen wäre, ihn zu beschützen oder zu töten. Ich habe das Gefühl, dass Loki Bescheid wusste und du ihn deshalb an die Erde bandest.«
    »Wenn du meinst.« Lucien aß seine Orange auf und biss in das Brot.
    »Samael …«
    »Er bevorzugt Lucien«, murmelte Lilith und nahm einen Schluck Saft.
    » Lucien also, wie mir meine geliebte Cydymaith rät.«
    Lucien sah die beiden an. Seine dunklen Augen funkelten amüsiert. »Gratuliere«, sagte er. »Ist dieser beneidenswerte Bund zufällig zur gleichen Zeit zustande gekommen, als Gabriel den Thron für sich forderte?«
    Liliths Wangen liefen rot an. »Mit wem ich einen Bund eingehe, ging dich von dem Augenblick, als du aus Gehenna geflohen bist, nichts mehr an. Damals war das Blut unseres Creawdwrs an deinen Händen noch nicht getrocknet.«
    Luciens belustigter Ausdruck verschwand, und in seinen Augen funkelte ein goldenes Licht. »Wir tun, was wir tun müssen. Jeder von uns – und wenn wir einmal

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