02 Nightfall - Rueckkehr des Engels
aufgetaucht, und einige Beweise laufen weiter auf zwei Beinen durch die Gegend und sind definitiv nicht vernichtet.«
Rutgers schloss den Mund. Ihre Hände glitten von den Akten in ihren Schoß. Einen Augenblick lang musterte sie Caterina. »Dr. Moore und Dr. Wells sind für Bad Seed verantwortlich. Wenn jemand an dieser Sauerei schuld ist, dann die beiden. «
»Moore wird noch vermisst, und Wells ist bereits vor fünf Jahren in Rente gegangen. Es fällt also allein in Ihre Verantwortlichkeit. «
»Wollen Sie damit sagen, ich sei an dieser ganzen Sache schuld? Das war nicht nur ein Projekt des FBI. Sie und Ihre Leute haben eine große Rolle dabei gespielt.«
»Es geht nicht darum, was ich glaube. Es geht darum, wie meine Direktiven lauten.«
»Verstehe, und wie lauten sie?«
»Ich soll mich um alle offenen Rechnungen kümmern.«
Rutgers holte tief Luft. »Alle?«
»Alle außer einer.«
»Dante Prejean«, sagte Rutgers tonlos. »Was ist mit Wallace? Wir haben ihr den Posten eines Senior Agents in Seattle angeboten. Sie haben doch wohl nicht vor …«
»Wallace geht Sie nichts mehr an«, unterbrach Caterina. »Sie brechen sofort alle Überwachungen Wallaces ab. Rufen Sie auch Ihre Leute zurück, die Prejean beobachten, und falls Moore auftaucht, lassen Sie mich das sofort wissen.«
Caterina hatte das Gefühl, Dr. Moore sei tot. Aber so lange sich ihr Verdacht nicht bestätigt hatte, musste sie sich verhalten, als sei die vermisste Wissenschaftlerin noch am Leben.
Sie stand auf. »Falls sich jemand aus dem Staub macht, muss ich annehmen, dass er gewarnt wurde, und zwar von Ihnen.« Sie hielt dem starren Blick der Frau ihr gegenüber stand, bis diese schließlich mit zusammengepressten Lippen wegschaute. »Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt.«
»Völlig.«
Caterina schnappte sich den Störsender vom Schreibtisch, ohne ihn auszuschalten. Sie hielt ihn einfach in der Hand, als sie erklärte: »Diese Entscheidung ist nicht revidierbar. Sie können keinen Einspruch erheben.«
Rutgers blickte zu ihr auf, und ihre Augen wirkten dunkel und bitter wie verbrannter Kaffee. »Das kann man nie.«
Caterina schaltete den Störsender aus und schob ihn in die Tasche. Mit einem kurzen Nicken drehte sie sich auf dem Absatz um und durchquerte den Raum. Vor der Tür blieb sie stehen.
»Ich habe das Gefühl, völlig im Dunkeln arbeiten zu müssen«, sagte Rutgers.
Caterina öffnete die Tür. »Nein. In unserer Branche ist es leicht, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen.« Sie trat auf den Gang hinaus und schloss die Tür hinter sich. »Das ist das Problem. «
6
SPUREN UNTER IHREM FENSTER
Seattle, Washington · 22. März
Dante wählte ein Fenster im hinteren Teil des dunkel daliegenden Hauses. Dort hängte er einen Fensterladen aus, den er an die schneeweiße Mauer lehnte. Er schlug rasch und heftig mit der Faust gegen den Fensterrahmen, und das Schloss schnappte mit einem leisen Ächzen auf. Einen Augenblick lang hielt er inne und lauschte. Nichts war zu hören – keine bellenden Hunde, keine rasenden Herzen. Nichts. Nur Stille.
Er schob den elfenbeinfarbenen Vorhang beiseite, der sich aus dem offenen Fenster bauschte, und schwang ein Bein über das Fensterbrett, um in das dunkle Zimmer zu steigen. Drinnen sah er sich neugierig um. Er zog seine Kapuze vom Kopf, schüttelte sein Haar und strich es sich aus dem Gesicht.
Heathers typisches Aroma nach Salbei und regennassem Flieder, frisch wie nach einem Sturm, stieg ihm in die Nase. Ihre Aura – warm, charaktervoll und mit einer stillen, selbstverständlichen Autorität – erhellte das Zimmer.
Er schob die Sonnenbrille auf die Stirn. Sein Latexshirt raschelte leise. Vorsichtig trat er einen weiteren Schritt ins Zimmer, in dem eine Couch und ein Sessel, ein Schaukelstuhl und ein Couchtisch standen, auf dem Zeitschriften und Bücher verstreut lagen. Eine himmelblaue Wolldecke mit aufgedruckten Sternen war über den Sessel geworfen.
Dante sah sich im Haus um. Begierig nahm er die vielen Ausschnitte von Heathers täglichem Leben auf. Er strich mit den Fingern über die Rückenlehne der Couch, über den Sessel und spürte weiche Kissen und glattes Vinyl.
In der Küche standen einige Teller im Spülbecken. Ein grünes FERTIG leuchtete an der Spülmaschine auf, überall waren rosa und amethystfarbene Akzente gesetzt, Farben der Dämmerung. Ein Duft von Rosmarin, Olivenöl und Zitrone hing in der Luft.
Im Esszimmer lag ein Tischläufer mit grünlichen
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