02 - Schatten-Götter
Klippen von dem mit Kieseln übersäten Strand erhob. Er trat an die Steuerbordseite, umklammerte die hölzerne Reling und sah genauer hin. Ob die Fackelträger ihn suchten? Die Stimme des Priesters ertönte aus dem Schatten rechts neben ihm.
»Macht Euch keine Sorgen, Majestät. Sie verfolgen nicht Euch, sondern wahrscheinlich einen Dieb oder dergleichen.« Er schwieg einen Moment. »Sagt mir, Sire, fühlt Ihr Euch unsicher?«
Tauric lachte nervös. »Vollkommen unsicher, Meister. Ich empfinde kaum noch etwas anderes!« »Und fühlt Ihr Euch dazu genötigt, dieses verrückte Abenteuer aufzugeben und in den Palast zurückzukehren? Ja?« Der Priester nickte in seiner weiten Kapuze. »Das sind die Ängste eines vergangenen Lebens, die sich melden. Man kann sie nicht zum Schweigen bringen, aber man kann sie ignorieren.«
Tauric sammelte seinen Mut. »Ihr habt Recht. Der Himmelspferd-Tempel in Nimas wartet. Ich werde weder zweifeln noch zögern.«
Der Priester schlug ihm auf die Schulter.
»Mylord, Ihr seid heute gewachsen und habt die ersten Schritte auf dem Weg zu Eurer Bestimmung getan. Jetzt lasst uns unter Deck gehen und versuchen, eine heiße Mahlzeit zu bekommen. Wenn wir in einigen Stunden von Bord gehen, dürfen wir kein Feuer mehr entzünden, damit wir keine Aufmerksamkeit erregen …«
Tauric nickte und folgte dem Priester durch den offenen Niedergang hinunter, aber seine Unternehmungslust wurde von Schmerzen in seiner Schulter gedämpft, die von seinem künstlichen Arm ausgingen. Bardow saß mit versteinertem Gesicht an dem großen Tisch in der Halle der Verwalter und beobachtete, wie die zweiundzwanzig Weißen Gefährten von einer bewaffneten Eskorte aus der Tür geführt wurden. Einige betasteten ihre Pferdeanhänger, und sie wirkten untröstlich, nachdem sie alles, was sie wussten, unter dem stählernen Blick des zornigen Erzmagiers gebeichtet hatten. Als die letzten Männer verschwunden waren, beugte sich Bardow vor, stützte die Ellbogen auf den Tisch und musterte die Notizen, die er sich auf einem langen Streifen Pergament gemacht hatte. Dann schaute er Yasgur an, der die Vorgänge von einer Fensterbank an der Seite der Kammer verfolgt hatte, und runzelte die Stirn.
»Wenigstens wissen wir jetzt alles«, sagte Bardow.
»Ein Jammer, dass wir es nicht vor fünf Stunden wussten, als sie alle noch in der Stadt waren«, erwiderte Yasgur mürrisch.
Warum wussten wir nicht, bevor dies alles geschah, dass ein Diener des Schattenkönigs Kodel im Palast verborgen war?,
dachte Bardow.
Er wünschte, er wüsste darauf eine Antwort. Der Waffenmeister musste ein Hexer mit erheblichen Fähigkeiten sein. Er hatte vor dem Aufstand Taurics metallenen Arm ersonnen, und jetzt war es ihm gelungen, sich die ganze Zeit unentdeckt in Besh-Darok aufzuhalten. Fragte sich nur, ob er ein Meister allein des Brunn-Quell war oder auch die Niedere Macht anwenden konnte. Bardow hatte sich über den Zeitpunkt des heimlichen Aufbruchs gewundert, der so kurz nach Nereks Rückkehr und der Erneuerung ihrer Kräfte lag. Von den Wachen des Nachtfrieds hatte er erfahren, dass jemand am frühen Nachmittag einen kleinen Vogel durch die Korridore hatte flattern sehen. Und als einer der Lakaien später in Taurics Schlafgemach getreten war, hatte er einen ähnlichen Vogel gesehen, der mit einem Streifen Papier im Schnabel von einem Hocker hochgeflattert und aus einem offenen Fenster geflogen war.
Bardow lächelte trübe. Er war fest davon überzeugt, dass dieser Vogel dem Waffenmeister von seinen Herren in Gorla oder Keshada mit der Nachricht geschickt worden war, den Jungen aus dem Palast zu locken. Und der Waffenmeister seinerseits hatte die kleine Kreatur benutzt, um die Nachricht zu stehlen, die Tauric in seinen Gemächern hinterlassen hatte. Das war zwar nur eine Annahme, aber Bardow war sicher, dass Tauric einen Brief hinterlassen hatte, eine Erklärung irgendeiner Art. Ja, eine an das Brunn-Quell gebundene Kreatur, die so klein war, konnte in der Verwirrung, die Nereks Kraft auslöste, unbemerkt bleiben.
»Das naheliegendste Problem«, sagte Bardow müde, »ist, einer Panik unter der Stadtbevölkerung zuvorzukommen. Wir müssen überlegen, wie wir verhindern können, dass die Geschichte durchsickert.« »Das ist unmöglich«, erwiderte Yasgur. »Irgendjemand wird reden, und irgendjemand wird den Schluss ziehen, dass hier etwas verborgen wird. Die Gerüchte werden sich wie die Fliegen vermehren. Ihr müsst lügen, fürchte ich
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