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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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und man benötigte riesige Mengen an Eisen und Holz für die Waffenschmiede, Pferde für die Kavallerie, Steine für den Festungsbau, Tuche für die Militärschneider und Segelmacher für die Flotte. Die Liste war beinahe endlos, die Reserven der Kämmerei dagegen waren sehr endlich. Ohne irgendwelche bedeutenden Zugeständnisse zu machen, war es Bardow schließlich gelungen, Verständnis für die Händler zu heucheln, während er sie gleichzeitig dazu brachte, einige bedeutsame Verträge zu unterzeichnen. Er hatte eine persönliche Nachricht von Yasgur mitgebracht, der sich im letzten Jahr mit den Kaufleuten auseinander gesetzt hatte, eine Schriftrolle, die er Sergeant Jamek zur Aufbewahrung gegeben hatte, bevor er den Versammlungssaal betrat. Als er später mit den unterzeichneten Dokumenten aufbrach, hatte Bardow darüber nachgedacht, welch überzeugende Wirkung ein mit einem Siegel und Band geschmückter Brief hatte, der von markigen Empfehlungen nur so wimmelte, die von einem ein Meter neunzig großen, imponierend gekleideten und eisenhart dreinblickenden Paladin mit befehlsgewohnter Stimme verlesen wurden.
    Als sie jetzt über die Uferpromenade eilten und gegen die eisigen Böen ankämpften, die von der Bucht heranpeitschten, überkam den Erzmagier eine düstere Stimmung. Nur er und wenige andere, Medwin, Alael und Terzis und ein paar Magier verstanden in vollem Umfang die Bedrohung, welche die Schattenkönige darstellten. Das Kristallauge erleichterte den Gebrauch der Niederen Macht und verstärkte sie in manchen Fällen auch. Gleichzeitig diente es als Wächter gegen die Meister des Brunn-Quell in und um die Stadt herum. Aber diejenigen, die am häufigsten damit arbeiteten, stellten bald fest, dass sie beunruhigende Einsichten in die Dunkelheit bekamen, die sie umhüllte. Bardow selbst bemerkte die Schattenkönige und das ungeheure Ausmaß der Macht, die sie befehligten, immer deutlicher. Immer wieder hatte er das furchtbare Gewicht ihres Blickes selbst über hunderte Meilen Entfernung wie eine schwarze, heimtückische Last auf seinem Bewusstsein gespürt. Während dieser kurzen Episoden hatte er einen Fokus für seine Ziele gefunden, einen Feind, gegen den er kämpfen musste, eine Verlockung, der zu widerstehen war. Zu anderen Zeiten versenkte er sich in die zahllosen Probleme der Stadt und hoffte so, der Bürde und der Verzweiflung zu entgehen. Doch es schien unvermeidlich. Selbst jetzt, während das Dröhnen der Trommeln anschwoll, und sie sich dem Fünfkönigs-Pier näherten, fühlte er die schwache, geduldige Erwartung der fernen Beobachter. Die feinen Fäden einer tückischen Intrige wurden an diesem Tag verknüpft, und selbst mit Hilfe des Kristallauges hatte er ihre Natur nicht herausfinden können. Die Menge drängte sich unter die ebenerdigen Arkaden, die zum Fünfkönigs-Pier führten, Bardow deutete jedoch auf eine Holzkonstruktion. Es handelte sich um eine von mehreren neu errichteten Rampen, und sie führte zur ersten und zweiten Etage. Schneeflocken wirbelten um sie herum, als sie die erste Etage hinaufeilten. Von Säulen gestützte Stege führten am Ende und an den Seiten des Piers entlang. Sie gehörten zu dem ursprünglichen Stapelplatz aus Stein, der vor über fünfhundert Jahren errichtet worden war. Die massiven hölzernen Aufbauten mit ihrem Dach waren erst vor knapp hundert Jahren von Kaiser Tavalir IX. hinzugefügt worden. Er war es überdrüssig geworden, Zeremonien unter freiem Himmel abhalten zu müssen.
    Sie befanden sich auf der rückwärtigen Empore, als Bardow einen Bekannten unter einer Gruppe von Soldaten erblickte, die gerade die Treppe hinaufstiegen, welche außen an dem Pier zum ersten Stockwerk hinaufführte. Es war Yarram, der neue Lordkommandeur der Ritter vom Vater-Baum. Bardow sah ihn nur einen Moment, aber die grimmige Entschlossenheit des Mannes war unverkennbar, und die Schlammspuren auf seinem Kriegsharnisch kündeten von einer ernsten Absicht. Dann verschwand er die Treppe hinauf außer Sicht.
    Bardow runzelte die Stirn und blieb stehen. Yarram wollte Yasgur aufsuchen, davon war der Erzmagier überzeugt, und ihm vermutlich eine dringende Nachricht überbringen. Bardow fühlte sich plötzlich unbehaglich. War dies der Eröffnungszug in der Intrige des Feindes?
    »Was stimmt nicht, Meister?«, fragte Fionn. Die Männer seiner Eskorte betrachteten ihn verwirrt und besorgt. Bardow schloss die Augen und rieb sich mit zwei Fingern über die Stirn. Obwohl der

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