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02 - Von dir kann ich nicht lassen

02 - Von dir kann ich nicht lassen

Titel: 02 - Von dir kann ich nicht lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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ihn
zuweilen ebenso, wie sie ihn verärgerte. Er begann sich wie eine alte Frau zu
fühlen, deren bezahlte Gesellschafterin die Besorgungen erledigte und die Leere
in Schach hielt.
    Jane
wechselte seinen Verband einmal am Tag. Einmal ließ er sie seinen Oberschenkel
massieren, ein Experiment, das er, obwohl ihre Berührung die Schmerzen magisch
linderte, nicht wiederholte. Es war beängstigend erregend, und daher rügte er
sie, weil sie vor Prüderie errötete, und sagte ihr, sie solle sich hinsetzen.
Sie sortierte seine Post, während er sie las und brachte sie mit seinen
Anweisungen zu Quincy zurück. Sie las ihm vor und spielte mit ihm Karten.
    Eines
Abends ließ er Quincy hereinrufen, um mit ihm Schach zu spielen, und wies sie
an, sich dazuzusetzen und zuzusehen. Mit Michael Schach zu spielen, war für ihn
ungefähr so aufregend, wie das Kricketspielen mit einem Dreijährigen. Obwohl
sein Sekretär ein guter Spieler war, konnte Jocelyn ihn mühelos besiegen. Natürlich
war es stets befriedigend zu gewinnen, aber es war nicht besonders erheiternd,
wenn man den Sieg mindestens zehn Züge im, voraus absehen konnte.
    Danach
hatte Jocelyn mit Jane Schach gespielt. Sie war beim ersten Mal so abgrundtief
schlecht, dass man seine Langeweile daran ermessen konnte, dass er sie es am
nächsten Tag erneut versuchen ließ. Dieses Mal hätte sie Michael ein
einigermaßen ausgeglichenes Spiel bieten können, aber gewiss nicht ihm. Beim
fünften Spiel gewann sie.
    Sie
lachte und klatschte in die Hände. »So musste es kommen, sehen Sie«, belehrte
sie ihn, »weil Sie gelangweilt und hochmütig sind, mich von oben herab
betrachten, als wäre ich ein Fleck auf Ihrem Stiefel, und hinter vorgehaltener
Hand gähnen. Sie waren nicht konzentriert.«
    Was
insgesamt stimmte. »Also geben Sie zu«, fragte er, »dass ich gewonnen hätte,
wenn ich konzentriert gewesen wäre, Jane?«
    »Oh,
sicher«, räumte sie ein. »Aber sie waren es nicht und haben daher verloren.
Recht schimpflich, könnte ich hinzufügen.«
    Danach
konzentrierte er sich.
    Manchmal
redeten sie auch nur miteinander. Es war seltsam für ihn mit einer Frau zu reden. Er war erfahren im Gesellschaftsplausch mit Damen. Er war geschickt im
Wortgeplänkel mit Kurtisanen. Aber er konnte sich nicht erinnern, sich mit
einer Frau jemals einfach nur unterhalten zu haben.
    Eines
Abends las sie ihm vor, und es amüsierte ihn seine Beobachtung, dass ihre
Augen, da sie das Haar streng aus dem Gesicht gestrichen trug, an den Winkeln
schräg aufwärts verliefen. Es war natürlich ihre Art kleiner Rebellion, ihren
Kopf auch ohne Haube so wenig anziehend wie möglich wirken zu lassen, und er
hoffte hartherzig, dass sie davon Kopfschmerzen bekäme.
    »Miss
Ingleby«, sagte er seufzend und unterbrach sie damit mitten in einem Satz, »ich
kann nicht länger zuhören.« Nicht dass er überhaupt gut zugehört hatte. »Meiner
Meinung nach, der Sie durchaus widersprechen dürfen, war Gulliver ein
Dummkopf.«
    Wie er
es erwartet hatte, presste sie die Lippen fest zusammen. Eine seiner wenigen
Freuden während der vergangenen Woche war es gewesen, sie zu provozieren. Sie
klappte das Buch zu.
    »Sie
denken vermutlich«, sagte sie, »dass er diese kleinen Leute hätte zertreten
sollen, weil er größer und stärker war als sie.«
    »Sie
sind solch eine angenehme Gesellschafterin, Miss Ingleby«, sagte er. »Sie legen
mir Worte in den Mund und entheben mich so der Notwendigkeit, selbst denken und
sprechen zu müssen.«
    »Soll
ich ein anderes Buch auswählen?«, fragte sie.
    »Dann
würden Sie vermutlich eine Predigtsammlung wählen«, erwiderte er. »Nein, wir
werden uns stattdessen unterhalten.«
    »Worüber?«,
fragte sie nach einem kurzen Schweigen.
    »Erzählen
Sie mir von dem Waisenhaus«, forderte er sie auf. »Wie haben Sie dort *gelebt?«
    Sie
zuckte die Achseln. »Da gibt es nicht viel zu erzählen.«
    Es
musste gewiss eine bessere Art Waisenhaus gewesen sein. Aber selbst wenn, blieb
ein Waisenhaus ein Waisenhaus.
    »Waren
Sie dort einsam?«, fragte er. »Sind Sie einsam?«
    »Nein.«
Er erkannte, dass sie ihre persönliche Geschichte nicht allzu bereitwillig
erzählen würde. Sie war nicht wie so viele Frauen und auch Männer, um
ehrlich zu sein , die nur der geringsten Ermutigung bedurften, um mit
großer Begeisterung und noch größerer Ausführlichkeit von sich zu erzählen.
    »Wieso
nicht?«, fragte er und sah sie mit schmalen Augen an. »Sie sind ohne Mutter
oder Vater, Bruder oder

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