02 - Von dir kann ich nicht lassen
Wert legte.
Er
fühlte sich von der Welt abgeschieden. Von seinem üblichen Selbst abgeschieden.
Mit Jane. Die gewiss auch von ihrer Welt und ihrem üblichen Selbst abgeschieden
war, wie auch immer beides gewesen sein mochte. Konnte dies fortbestehen?,
fragte er sich. Unbegrenzt? Für immer?
Oder
konnte er zumindest zu einem gelegentlichen Zufluchtsort werden, dieser Raum,
der so sehr Jane war und in dem er sich behaglich, ruhig und zufrieden fühlte
ganz anders als bei seinem normalen Lebensstil?
Er
sollte diesen törichten' unrealistischen und uncharakteristischen Träumen ohne
großen Aufhebens ein Ende setzen, dachte er. Er sollte gehen oder mit
ihr schlafen.
»Woran
arbeitest du?«, fragte er sie stattdessen.
Sie
lächelte, ohne aufzublicken. »An einer Tischdecke«, sagte sie. »Für den
Esszimmertisch. Ich musste irgendeine Beschäftigung finden. Und Sticken
war schon immer eine meiner Leidenschaften.«
Er
beobachtete sie unter trägen Lidern noch eine Weile. Der Stickrahmen war von
ihm fortgeneigt, so dass er das Muster nicht sehen konnte. Aber die Seidenfäden
wiesen Herbstfarben auf, die sich alle geschmackvoll ergänzten.
»Wärst
du böse«, fragte er, »wenn ich es mir ansehe?«
»Aber
nein.« Sie wirkte überrascht. »Aber du bist nicht zur Höflichkeit verpflichtet,
weißt du. Du brauchst kein Interesse zu heucheln.«
Er ließ
sich zu keiner Antwort herab. Er wuchtete sich aus dem tiefen, bequemen Sessel
hoch und legte sein geschlossenes Buch dabei auf ihres.
Sie
arbeitete an einem HerbstwaldMotiv.
»Wo ist
die Vorlage, nach der du arbeitest?«, fragte er sie. Er wollte das ganze Bild
sehen können.
»In
meinem Kopf«, belehrte sie ihn.
»Aha.«
Nun verstand er, warum es für sie eine Leidenschaft war. Sie konnte nicht nur
geschickt mit der Nadel umgehen. »Also ist es für dich eine Kunst, Jane. Du
hast ein gutes Auge für Farbe und Entwurf«
»Seltsamerweise«,
sagte sie, »konnte ich meine Visionen niemals auf Papier oder Leinwand
festhalten. Aber durch die Nadel fließen meine Bilder mühelos von meiner
Vorstellung in den Stoff.«
»Ich
war auch nie gut darin, Szenen darzustellen«, sagte er. »Ich hatte stets das
Gefühl, dass die Natur es um vieles besser kann als ich. Gesichter von Menschen
sind eine andere Sache. Da kann man sehr viel Leben und Wesenhaftigkeit
einfangen.«
Er
hätte sich auf die Zunge beißen können, sobald die Worte heraus waren. Er richtete
sich einigermaßen verlegen auf.
»Du
malst Portraits?« Sie schaute zu ihm hoch, leuchtendes Interesse in den Augen.
»Ich dachte immer, das müsse die schwierigste Kunstform sein.«
»Ich
beschäftige mich oberflächlich damit«, sagte er steif, ging zum Fenster und
blickte in den kleinen Garten hinaus, der bemerkenswert gut gepflegt aussah,
wie er erkannte. Waren diese Rosen schon immer dort gewesen? »Es ist eher
Vergangenheit. Ich habe mich oberflächlich damit beschäftigt.«
»Es war
vermutlich«, sagte sie ruhig, »keine männliche Beschäftigung.«
Sein
Vater hatte ihn weitaus vernichtender kritisiert.
»Ich
möchte dich gerne malen«, hörte er sich sagen. »Dein Gesicht zeigt noch sehr
viel mehr als nur erlesene Schönheit. Es wäre eine enorme Herausforderung.«
Hinter
ihm herrschte Schweigen.
»Oben
werden wir unsere sexuelle Leidenschaft befriedigen«, sagte er. »Hier in diesem
Raum könnten wir allen anderen Leidenschaften frönen, wenn du magst, Jane. Fern
der neugierigen Blicke und höhnischen Reden der Welt. Das hast du in diesem
Raum geschaffen, nicht wahr? Eine Zuflucht, wie du es nennst, einen
Zufluchtsort, wo du du selbst sein kannst, wo alle anderen Tatsachen deines
Lebens, einschließlich der Tatsache, dass du meine Mätresse bist, beiseite
geschoben werden können und du einfach Jane sein kannst.«
Er
wandte den Kopf. Sie sah ihn unverwandt an, die Nadel über ihrer Arbeit
schwebend.
»Ja«,
sagte sie nur.
»Und
ich bin der Letzte, mit dem du diesen Raum teilen wolltest.« Er lächelte sie
reumütig an. »Ich werde nicht darauf beharren. Du wirst mich zukünftig im Wohnzimmer
empfangen, wann immer wir uns nicht im Schlafzimmer aufhalten.«
»Nein.«
Sie ließ einige Augenblicke verstreichen, bevor sie wohldurchdacht fortfuhr.
»Nein, ich werde diesen Raum nicht länger nur als meinen, sondern auch als
deinen betrachten. Als einen Ort, an dem unser Vertrag und unsere jeweilige
gesellschaftliche Stellung keine Anwendung finden. Ein Ort, an dem du malen und
lesen kannst, an dem ich
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