0201 - Im Zentrum des Schreckens
Suko.
»Was?«
Die anderen fuhren zu ihm herum.
»Ja. Und John lebt. Mit eigenen Augen konnte ich mich davon überzeugen. Er hat sich bewegt und befand sich auch nicht in direkter Lebensgefahr.«
»Aber wo er sich genau aufhält, konntest du auch nicht erkennen?« fragte Kara. Sie hatte sich ebenfalls voll auf John konzentriert.
»Nein.«
»Ich nehme an, dass Asmodis oder seine Tochter dahinterstecken. Sie werden John in irgendeinem ihrer Reiche als Gefangenen halten. Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen.«
»Wenn man nur wüsste wo«, sagte Shao gequält. Sie fuhr fort: »Kann man den Versuch nicht wiederholen?«
Alle schauten auf Tanith. Erschöpft saß sie auf ihrem Stuhl. Der Kopf war nach vorn gesunken, die Stirn berührte die Tischplatte. Niemand sagte etwas direkt, aber jeder wusste, dass man von Tanith die gleiche Energieleistung nicht noch einmal so schnell erwarten konnte.
»Bleibt nur der Kelch des Feuers«, meint Myxin. »Aber ob er uns zu John Sinclair führen kann, ist wirklich fraglich.«
Da gaben ihm die anderen recht.
***
Jemand rief meinen Namen! Nein, nicht jemand, sondern Kara. Ich hörte ihre Stimme, saugte ihre Gedanken aus einer unvorstellbaren Entfernung auf und hörte auch eine andere Stimme, die ebenfalls meinen Namen rief. Die kannte ich nicht. Still hockte ich auf dem Gerüst und lauschte. Ein unbeschreibliches Gefühl durchströmte mich, denn die andere Seite, die normale Welt, hatte Kontakt mit mir aufgenommen. Es gab mir die Sicherheit, dass meine Freunde alles tun würden, um mir zu helfen. Sie setzten wirklich alles ein, um mich aus dieser Hölle zu holen.
Dann waren die Stimmen weg. Noch bevor ich gedanklich Antwort geben konnte, riss der Kontakt ab. Irgendein unbekannter Störfaktor war ins Spiel gekommen, den wir beide, Sender und Empfänger, nicht hatten ausschalten können. Sosehr ich mich auch konzentrierte, kein fremder Gedanke erreichte mehr mein Gehirn. Dafür sah ich etwas.
Jemand ging über das Wasser. Mit gemessenen Schritten und von den kleinen Flammen umspielt, schritt Asmodina auf das Gerüst des Schreckens zu.
War sie der Störfaktor? Hatte sie vielleicht bemerkt, dass meine Freunde Kontakt mit mir aufgenommen hatten? Bestimmt, denn in diesem Reich regierte sie allein. Sie ließ sich Zeit. Ich war froh darüber, so konnte ich mir zurechtlegen, was ich ihr sagen würde. Trotz des geschwärzten Gesichts war das Lächeln auf ihren Lippen zu sehen. Und es hatte nichts von diesem Siegerausdruck verloren. Asmodina fühlte sich sicher.
»Nun, großer Geisterjäger?« sagte sie, als sie nahe genug herangekommen war. »Du lebst ja noch.«
»Ja, so leicht bin ich nicht zu töten.«
»Es hätte mich wirklich gewundert.«
»Was?«
»Dich als Leiche zu finden. Aber das geschieht noch früh genug. Was ist das eigentlich für ein Gefühl, sich befreit zu haben und trotzdem zu wissen, dass man verloren ist?«
»Ein gutes und ein schlechtes.«
»Du bist ehrlich. Aber das hier…«, sie deutete in die Runde, »… ist erst der Auftakt.«
»Was willst du?«
»Dich fragen, ob dir die Unterhaltung vorhin gut gefallen hat?« Sie wusste also Bescheid. Demnach war Asmodina der Störfaktor in unserem gedanklichen Gespräch gewesen.
»Das Gespräch hat mir gut gefallen«, gab ich zu. »Es beweist mir, dass meine Freunde an mich denken.«
Asmodina nickte. »Das gebe ich zu, Geisterjäger, Sie denken an dich. Sogar sehr stark, aber es nutzt ihnen und dir nichts. Sie werden dich hier nicht rausholen können.« Mit einer verächtlichen Bewegung winkte sie ab.
Doch wollte ich mir meinen Optimismus nicht nehmen lassen. Es war schon ein seltsames Bild. Ich hockte über Asmodina und schaute auf ihren Kopf hinunter. Und sie stand auf dieser Flüssigkeit. Die Gehängten hingen nach wie vor in der Brühe, sie blieben auch dort. Nur die Seile schauten noch daraus hervor. Ich blickte Asmodina an. In ihrem Gesicht zuckte es. Es strahlte den Triumph ab, den die Teufelstochter empfand. Noch nie hatte ich mich so in ihrer Hand befunden. Ich war nicht nur ihr Gefangener, sondern auch der meiner jetzigen Umwelt. Entkommen konnte ich aus eigener Kraft nicht.
»Was ist das für eine Hölle, in die du mich geschleppt hast?« wollte ich wissen.
»Die Hölle der ewigen Leiden!«
»Ein guter Name.«
»Fegefeuer kommt dir vielleicht bekannter vor. Das hier ist das Fegefeuer. Ihr Menschen habt diesen Ausdruck geprägt, ich habe ihn übernommen.«
»Und was haben die Bedauernswerten
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