0202 - Das Halsband des Todes
heulte wie ein geschlagener Hund. Es war ein widerlicher Anblick.
»Ja, ich habe sie genommen. Ich habe sie an How verkauft. Er gab mir fünfunddreißigtausend dafür. Mehr wollte er nicht herausrücken.«
»Und warum hast du das getan?«
»Ich hatte Schulden. Doby erpresste mich. Er wollte dreizehntausend Dollar. Ich gab ihm nur zwölf, und ich wollte LU wiederhaben. Ich liebe Lil. Du versteht das nicht. Du wirst es nie verstehen. Du hast sie aus dem Haus gegrault und mir kein Geld gegeben. Ich musste Schulden machen.«
Er steigerte sich in maßlose Aufregung hinein.
»Du bist Schuld, nur du.«
Die alte Frau stand noch einen Moment ganz ruhig, dann hob sie den Krückstock, aber sie besann sich und reichte ihn mir.
Plötzlich klatschte es.
Mrs. Wassilof ohrfeigte ihren missratenen Sprössling. Er versuchte, sein Gesicht zu schützen, aber es gelang ihm nicht. Sie schlug unbarmherzig zu, rechts, links.
»Geben Sie her«, sagte sie dann und nahm mir die Brieftasche aus der Hand. »Ich erstatte keine Anzeige. Ich wünsche nicht, dass dieser Diebstahl bekannt wird. Haben Sie mich verstanden?«
»Wenn sie keinen Antrag stellen, so geht uns die Sache nichts mehr an«, sagte ich. »Der Diebstahl der Kette aus Ihrem Safe ist damit erledigt, nicht aber die beiden Morde.«
»Die stören mich nicht. Dieser Wachlappen hat jedenfalls niemand umgebracht. Dazu ist er zu feige.«
Sie machte kehrt, winkte und ich schloss mich ihr an.
Joan Beifort stützte ihre Chefin. An der Tür zog diese den Schlüssel aus dem Schloss, steckte ihn von außen hinein und sperrte zu. Dann verschwand der Schlüssel irgendwo zwischen den Falten ihres Rockes.
Ich ging die Treppe hinunter. Mrs. Wassilof benutzte ihren Lift.
»Kommen Sie mit und auch Sie, Joan«, befahl sie und ging in das mir bekannte Zimmer.
Sie ließ sich schwer auf die Couch fallen und griff mit unsicherer Hand nach der Whiskyflasche.
Sie füllte ihr Glas, trank und atmete ein paar Mal tief.
»Jetzt müsste ich mich eigentlich bei Ihnen bedanken«, sagte sie schneidend, »aber ich kann es nicht. Es ist so gekommen, wie Sie von Beginn an sagten. Ich hätte den Verlust verschmerzen sollen. Dann hätte ich noch einen Sohn, wenn er auch ein Nichtsnutz ist. Jetzt ist er ein Verbrecher«, sie stieß den Stock auf den Boden, »jawohl ein Verbrecher.«
Sie blickte auf den kleinen, runden Tisch, der immer neben ihr stand. Darauf befand sich ein Schachbrett auf dem die weißen und schwarzen Figuren aufgebaut waren. Daneben lag ein aufgeschlagenes Buch. Sie griff danach und klappte es zu.
›Berühmte Spiele unserer Weltmeister‹ las ich.
Plötzlich fiel mir etwas ganz anderes ein. Auch bei dem ermordeten Juwelier How hatten wir ein Schachbrett mit einer begonnenen Partie gefunden und uns überlegt, wer diese Partie wohl so meisterhaft begonnen haben könne.
Phil hatte sogar geglaubt, dass er diese Partie kenne.
Nun, er hatte sie gekannt. Sie stammte aus dem gleichen Buch, das auch bei mir zu Hause im Schrank stand. Mr. How musste sie begonnen haben, bevor er ermordet wurde. Aber wo war das Buch geblieben?
Kaum ein Spieler ist imstande, diese Meisterpartien aus der Erinnerung zu wiederholen.
Mrs. Wassilof sah plötzlich zehn Jahre älter aus. Ihr Gesicht war verfallen und müde.
»Gehen Sie. Ich hoffe, Sie nie wiederzusehen«, sagte sie leise. »Es klingt vielleicht verrückt, aber ich kann es Ihnen nicht verzeihen, dass Sie diesen Diebstahl aufgeklärt haben.«
Joan Bedfort sah mich bedauernd an und kümmerte sich um die alte Frau. Ich ging langsam und niedergeschlagen. Ich konnte mich meines Erfolgs nicht freuen.
Hatte ich überhaupt einen Erfolg gehabt? Noch wusste ich nicht, wer How und wer Parsimon ermordet hatte. Serge Wassilof kam dafür nicht mehr in Betracht.
Ich startete meinen Jaguar. Da fiel mir ein, dass ich vergessen hatte zu fragen, warum Serge sich mit Milano geprügelt hatte. Aber das würde Phil wahrscheinlich erfahren haben.
***
Es war zwölf Uhr, als ich ins Office kam.
»Na, was machst du denn für ein Gesicht?«, fragte mich mein Freund. »Du siehst aus, als sei dir die ganze Petersilie verhagelt.«
»Hast du etwas herausbekommen?«
»Ja. Serge Wassilof hat die Perlen gestohlen und sie an How veräußert. Er tat es, um seine Schulden zu bezahlen und um seine Frau zurückzugewinnen. How war ein Gauner. Er hat ihm nur ein Viertel des wirklichen Wertes bezahlt. Die Alte hat ihren Sohn geohrf eigt und ihn dann eingeschlossen. Sie will keine
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