0215 - Das Ölmonster
Springbrunnenfontänen.
Orientalische Pracht und westliche Verkaufstechnik hatten sich unter einem Dach zu einer Harmonie zusammengefunden. Manchem schien es zu gefallen, auch der stellvertretende Botschafter zeigte sich stolz, als wir im Mittelpunkt des Zentrums, wo sich auch der größte Springbrunnen befand, stehenblieben. »Na, was sagen Sie?«
»Ich bin beeindruckt«, gestand ich ehrlich ein. »Das hätte ich nie und nimmer erwartet.«
»So wie Sie, Mr. Sinclair, reagieren die meisten Besucher aus dem Westen.«
»Besteht denn Bedarf?« erkundigte sich Suko.
»Darauf können Sie sich verlassen. Im Augenblick allerdings ist der große Bau ziemlich leer. Die Menschen haben andere Sorgen. Das Auftreten der Ölschwemme hat sich natürlich sehr schnell herumgesprochen. Jetzt grassiert die Angst.«
»Verständlich.« Ich mußte mich zwingen, um eine Vorstellung davon zu gewinnen, wie das Einkaufszentrum aussah, wenn es von Kunden besucht wurde. Die augenblickliche Leere wirkte irgendwie gespenstisch und auch deprimierend. Sogar die Radiomusik empfand ich als störend.
Vielleicht auch deshalb, weil es fremde Klänge waren, die meine Ohren trafen. Wären nicht die langen Teppiche gewesen, so hätten unsere Schritte wie harte Kanonenschläge geklungen.
Von rechts kamen zwei Soldaten. Sie trugen khakifarbene Uniformen und waren mit Maschinenpistolen bewaffnet. Nebeneinander gingen sie.
Die Waffen hielten sie schußbereit und grüßten, als sie Djemal Faruk sahen.
Der nickte zurück. Dann ließ er sich Meldung machen.
»Keine besonderen Vorkommnisse«, hieß es. Jedenfalls interpretierte ich die kehligen Worte so.
Die beiden Soldaten gingen weiter. Ich fragte mich, ob wir richtig gehandelt hatten.
Wir waren davon ausgegangen, daß Militär und Polizei die strategisch günstigen Orte der Stadt besetzen sollten. Das hieß: all diejenigen Plätze, die unter Umständen für einen Angriff des Ölmonsters und seiner Schlammwesen in Frage kamen.
Wir hatten uns dabei für dieses Einkaufszentrum inmitten der kargen Wüstenlandschaft entschieden. Wie es draußen aussah, wußten wir nicht, denn das Zentrum besaß keine Fenster. Von außen sah es aus wie eine riesige alte Bahnhofshalle, nur eben aus hellen Steinen gebaut.
Als wir es betraten, da hatte die Sonne bereits ihre Farbe verändert. Das satte, strahlende Gelb war mehr in ein Orange übergegangen, ein Zeichen, daß die Sonne bald sinken würde.
Die Dunkelheit war für einen Angriff natürlich ideal. Wie der erfolgen würde, konnte keiner von uns beantworten. Ich hoffte nur, daß er nicht so schlimm sein würde, denn falls der Boden unter uns aufbrach, konnten wir kaum etwas tun, um die gefährlichen, alles unter sich begrabenden Ölmassen zu stoppen.
Ich wollte ElChadd!
Gesehen hatten wir seine Fratze bereits im Flugzeug. Wenn ich allerdings daran dachte, welch einem Monster wir unter Umständen gegenüberstanden, wurde mir angst und bange. Gegen ElChadd waren wir in der Tat nur Zwerge.
»Sie denken an ihn, nicht wahr?« fragte mich Djemal Faruk.
Ich hatte keinen Grund, die Wahrheit zu verschweigen und nickte.
»Man weiß nicht, ob er kommt.«
»Wie meinen Sie das?«
»Nun, es ist so. Er selbst ist der Hüter der Tiefe. Er hat sich uns einmal gezeigt, und wenn ich die alten Legenden richtig interpretiere, so hat er immer seine Diener vorgeschickt, denn er ist ein Wesen, das man nicht töten kann.«
»Von welchen Dienern sprechen Sie?« wollte Suko wissen.
»Wie Sie im Hotel erlebt haben.«
»Meinen Sie diese Ölwoge?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube, das ist falsch. Eine Ölwoge ist es wohl nicht. Sie setzt sich aus zahlreichen Einzelteilen zusammen. Ich nehme an, daß es so ist wie in London. Hätten sie sich die Wesen dort vereinigt, dann wären aus ihnen auch ihre größere Woge entstanden, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Wir verstanden.
Ich faßte zusammen. »Mit anderen Worten, Sie rechnen damit, daß die Ölwoge im Hilton sich splittert.«
»Genau.«
»Das wäre fatal«, flüsterte Suko und sprach mir mit dieser Formulierung aus dem Herzen.
Wir standen noch immer in der nähe des Springbrunnens, aus dessen Rohren helle Fontänen schossen, die im Licht der Scheinwerfer hell blitzten.
Plötzlich änderte sich die Farbe der Wasserstrahlen.
Suko fiel es zuerst auf. »John, sieh, die werden dunkel.« Er zog mich herum. Ich schaute nach und spürte das beklemmende Gefühl.
Tatsächlich, aus dem Wasser war Öl geworden. In dicken
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