0224 - Nur der Satan kennt Manhattan
Wenn er sich auch die Manschetten erst im Jaguar zuknöpfte und dort im Fahren die Krawatte band.
Ich fegte mit rotierendem Rotlicht und heulender Sirene durch die Straßen. Auf den Gehsteigen bummelten amüsierbedürftige Touristen und New Yorker lachend und schwatzend dahin. Sie reckten die Hälse, als wir an ihnen vorbeizischten, und manche schüttelten wohl auch die Köpfe. Diese verrückten Cops mochte der eine oder andere denken. Immer müssen sie sich mit ihren Sirenen wichtig machen! Als ob sie sich nicht Zeit nehmen könnten.
Wir wussten es bloß nicht, dass wir uns getrost hätten Zeit nehmen können. Ob wir zehn Minuten später oder zehn Stunden später angekommen waren, wir hätten ja doch nichts mehr ändern können. Aber wer kann das immer vorher ahnen?
In der Fletcher Street war ein ziemlicher Menschenauflauf. Wir bogen mit noch heulender Sirene in die Straße ein, und das hatte den Vorteil, dass uns die massenweise vorhandenen Cops kommen hörten. Sie drückten die Gaffer auseinander und schufen uns eine Gasse, sodass wir bis zu der Stelle fahren konnten, wo die anderen Polizeiwagen parkten.
Als wir ausstiegen, erkannten wir die schwarze Dienstlimousine von Mr. High. Den großen Wagen unserer Mordkommission. Vier andere FBI-Wagen. Sechs Streifenwagen der Stadtpolizei.
»Allerhänd los hier!«, murmelte Phil halblaut vor sich hin. »Sieht verdammt mau aus.«
»Ja«, nickte ich. »Leider…«
Wir gingen an der Reihe der Fahrzeuge entlang. Am Eingang der Einfahrt waren zwei große Standscheinwerfer aufgebaut. Ihre Kabel führten zum Motor des Einsatzwagens unserer Mordkommission, der über einen Generator Strom für solche Zwecke erzeugen konnte. Der Motor lief mit leisem Tuckern.
In der Einfahrt waren sechs oder sieben Männer beschäftigt. Blitzlichter des Fotografen von de Mordkommission flammten auf. Wir gingen weiter, auf den Einsatzwagen zu. In seinem hinteren, kastenförmigen Aufbau brannte Licht. Wir sahen es durch die zugezogenen Vorhänge in den Fenstern schimmern. Vor der Hecktür, die geschlossen war, stand Lyonei Winter, ein G-man von der Mordkommission.
»Tag«, brummte ich. »Was ist los, Lyonei?«
Er verzog das Gesicht, nickte mit dem Kopf zur-Tür hin und erwiderte leise: »Der Chef ist drin, der Captain vom nächsten Revier, unser Doc, ein Patrolman und Neville.«
»Dann müssen sie sich ja gegenseitig auf die Füße treten«, brummte Phil. »Weißt du schon etwas?«
»Ja, ein paar Einzelheiten. Der Patrolman war mit seinem Kollegen auf Streife, als sie einen Schuss hörten. Sie kümmerten sich natürlich darum. In der Einfahrt fanden sie zwei Männer.«
»Zwei?«, unterbrach ich.
Lyonei Winter nickte.
»Ja, Jerry. Zwei. Einer davon war tot. Er hielt ein FBl-Abzeichen in der Hand.«
»Unsere Dienstmarke?«, warf Phil fragend ein. »Die große in dem Etui?«
»Ja. Aber von einem Etui habe ich nichts gehört. Das ist ja wohl auch Nebensache. Jedenfalls hatte der Tote die Marke in der Hand.«
»Weiß man schon, wer der Tote ist?«
»Nein. Bisher noch nicht. Aber genau vor ihm lag Neville. Seine Dienstpistole in der Hand. Aus der Waffe fehlt ein Schuss.«
Ich nahm mir den Hut ab und wischte mir den Schweiß von der Stirn.
»Aber der andere war doch auch bewaffnet?«, fragte ich.
Lyonei sah uns erstaunt an. Er schüttelte nur den Kopf. Zu dieser Frage sagte er kein Wort.
Phil und ich warfen uns einen betretenen Blick zu. Die ganze Geschichte sah viel ernster aus, als wir zunächst geglaubt haben.
»Irgendwie wird sich die Geschichte schon auf klären«, brummte ich nach einer Weile. »Neville kann das ganz bestimmt erklären. Wieso lag er eigentlich unmittelbar vor oder neben dem Toten?«
»Es sieht fast so aus, als ob er von seiner eigenen Waffe im Rückstoß am Kinn getroffen worden wäre.«
»Das gibt es doch gar nicht!«, rief Phil. »Neville ist mit der 38er verheiratet! Seit wer weiß wie vielen Jahren geht er mit dieser Waffe um! Er kann doch das Ding so f esthalten, dass er nicht selber von ihr Knockout geschlagen wird!«
Lyonei Winter zuckte die Achseln.
»Es kommt uns ja allen Spanisch vor, Phil«, sagte er. »Ich kann dir nur das erzählen, was ich weiß. Und es sieht so aus! Das heißt ja nicht, dass es so gewesen sein muss!«
»Natürlich«, lenkte Phil ein. »Du hast recht. War er bewusstlos, als er gefunden wurde?«
»Ja.«
»Schöne Schweinerei«, brummte ich düster. »Wenn der andere wirklich keine Waffe bei sich hatte, sieht es böse aus für
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