0226 - Jagd auf Staatsfeind Nr. 1
sie es auch gesehen. Wenn jetzt wieder ein Wagen von uns vorfährt, aus dem ein Mann aussteigt, der ein Arzt von uns sein könnte, dann kann das doch eigentlich gar nicht auffallen, nicht wahr? Sie wollen eben mit dem Mann über den Zustand seiner Frau sprechen. Ist doch ganz natürlich, oder finden Sie nicht?«
Phil zog die Augenbrauen zusammen. Er zog blitzschnell das Für und Wider in Erwägung, nickte aber rasch und sagte entschlossen: »Wir tun es. Es ist nur ein kleines Risiko, und ich werde darauf achten, dass man so wenig wie möglich von meinem Gesicht sehen kann. Es war ein guter Einfall, Mister Snuffer. Ich bin Ihnen dankbar dafür.«
»Nicht der Rede wert. Ich habe selbst Kinder… Der Wagen steht schon bereit.«
»Danke.«
Phil nahm die vom FBI-Arzt ausgeliehene Instrumententasche und ließ sich von Snuffer zum Wagen begleiten. Der Fahrer war ein Mann, der mindestens fünfzig Jahre alt sein musste. Er hatte ein verschlossenes, biederes Gesicht und breite, schwielenbedeckte Hände.
»Das ist Sam Morris«, sagte Snuffer. »Unser Hausmeister. Er ist absolut zuverlässig.«
»Hallo, Mister Morris«, sagte Phil und stieg ein.
»Hallo Sir«, brummte der Mann und drehte den Zündschlüssel.
Die Fahrt verlief schweigsam. Als sie auf die Sperre der Staff Street Zufuhren, sprangen zwei Polizisten vom Gehsteig und schoben einen Bock beiseite, sodass sie nicht erst anzuhalten brauchten. Es gab nicht viele Häuser in dieser kurzen Straße, aber Phil tippte sofort auf das richtige, weil es die größte Villa war. Kidnapper suchen sich nie arme Leute aus.
»Augenblick, Sam«, rief Phil, als der Wagen anhielt. »Tun Sie so, als ob Sie sich mit mir unterhielten. Die Frau da draußen braucht mich nicht zu sehen.«
Phil stützte den Ellenbogen auf die obere Kante des Armaturenbretts und verbarg sein Gesicht hinter der Hand. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie Isabell Clifford in ihren cremefarbenen Cadillac stieg, den langen und breiten Wagen durch zweimaliges Vor-und Zurücksetzen wendete und schließlich durch die Sperre an der Ecke der Dyckman Street die Straße verließ.
Was hat die Clifford hier zu suchen? dachte Phil. In letzter Zeit ist sie ungeheuer aktiv. Überall, wo etwas Besonderes los ist, taucht sie auf. Will sie alle Belohnungen, die ein Staatsanwalt je aussetzen kann, für sich kassieren?
»Warten Sie bitte«, sagte er und stieg rasch aus.
Ohne sich einmal umzusehen, ging er schnellen Schrittes auf die Villa zu. Er klingelte lange. Eine bejahrte Farbige öffnete ihm.
»Guten-Tag«, sagte Phil. »Ich möchte Mister Traughers sprechen. In bin Arzt vom Medical Centre. Ich habe gerade Mrs. Traughers untersucht.«
»Oh!«, entfuhr er der Frau. »Ist alles in Ordnung? Bitte, kommen Sie doch herein. Kann ich irgendetwas für die Gnädigste tun?«
»Sie braucht vor allem Ruhe«, sagte Phil, während er durch die düstere Diele geführt wurde.
»Wie geht es meiner Frau?«, rief ein Mann, den Phil erst jetzt in einer halboffenen Tür stehen sah.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte Phil ruhig. »Wo kann ich mit Ihnen sprechen? Sie müssen mir ein paar Auskünfte über den allgemeinen Gesundheitszustand Ihrer Gattin erteilen, bevor wir uns für diese oder jene Behandlungsmethode entscheiden können.«
»Ach so«, sagte der Mann sichtlich erleichtert. »Ich dachte schon…«
Er führte Phil in die Bibliothek und bot ihm einen Platz an. Erst als sie beide saßen, sagte Phil: »Verzeihen Sie, dass ich Sie belogen habe. Mister Traughers. Ich bin nicht Arzt, ich bin FBI-Beamter. Sie werden verstehen, dass wir uns auf eine unauffällige Art mit Ihnen in Verbindung setzen mussten. Ich bin mit einem Krankenwagen des Medical Centre gekommen, sodass es den Kidnappern nicht auffallen konnte, selbst wenn sie in nächster Nähe wären.«
»Ich muss sagen, das imponiert mir. Aber trotzdem hat es keinen Zweck, dass wir uns miteinander unterhalten, Sir. Ich habe mich entschlossen, das FBI nicht um Hilfe zu bitten. Im Gegenteil, ich möchte Sie ersuchen, dafür zu sorgen, dass das FBI sich nicht einmischt.«
»Dieses Versprechen kann ich Ihnen nur für die Dauer der Abwesenheit Ihres Kindes geben.«
»Das genügt mir.«
Sein Ton war endgültig. Er machte deutlich, dass er keine Fortsetzung dieses Gespräches wünschte. Phil stand auf. Wenn er uns als eine Art von Feinden ansieht, hat es keinen Zweck, dachte er. Ich kann es ihm nicht übel nehmen, dass er völlig auf Nummer sicher gehen will, aber hoffentlich
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