023 - Der Kopf des Vampirs
Dämonen und dunklen Mächte bekämpft. Wir können dir sicher helfen, Ndoyo. Vielleicht kannst du sogar für uns arbeiten. Du bist doch kein Dummkopf. Männer wie dich, die zudem noch Erfahrungen mit dämonischen Machenschaften gesammelt haben und nicht erst mühsam überzeugt werden müssen, brauchen wir.«
»Gib dir keine Mühe, Kleiner! Für mich ist es zu spät. Ich gehöre Johan Zaander mit Haut und Haaren. Er besitzt eine Puppe aus Ton, deren Masse Blut und Haare von mir enthält. Wenn ich ihm entfliehen oder gegen ihn angehen will, braucht er sich nur die Puppe vorzunehmen. Und ihn selber angreifen kann ich nicht. Daran hindert mich – wie auch seine anderen Geschöpfe – ein magischer Bann.« Ndoyos Stimme klang traurig. »Und da ist noch etwas«, fuhr er fort. »Meine kleine Tochter. Ich mußte sie damals auf Zaanders Befehl aus Willemstaad, der Hauptstadt Curacaos, mitnehmen, als er mich in seine Knechtschaft zwang. Noe'mi war ein munteres, aufgewecktes kleines Mädchen von drei Jahren, schwarz wie Ebenholz, mit weißen Zähnchen und Knotenzöpfchen. Sie hatte braune Augen und ein allerliebstes Plappermäulchen.« Seine Stimme bebte. Tränen standen in seinen Augen. Es dauerte eine Weile, bis er weitersprechen konnte. »Zaander hat ihr Gehirn in den Körper einer Ratte transplantiert. Er hat es auf magische Weise vorher verkleinert. Ich bin fast wahnsinnig geworden, als er sie mir zum ersten Mal zeigte. Sie war eine weiße Ratte und sprang am Käfiggitter hoch, als sie mich sah. Sie piepste und gestikulierte mit den Vorderpfötchen. Und ich war machtlos. Ich konnte sie nicht retten, sie, die einmal meine kleine Noe'mi gewesen war. Ich konnte nicht einmal dieses Ungeheuer töten, das sich grinsend an unseren Qualen weidete.« Er konnte nicht weiterreden. Er hielt am Straßenrand und barg das Gesicht in den Händen. »Ständig droht er mir, Noe'mi müßte es büßen, wenn ich mich nicht genügend anstrenge, wenn ich versage oder ihn sonstwie verärgere. Er sagte, er wolle sie von anderen Ratten schwängern lassen, damit sie Rattenjunge bekommt, oder sie vivisezieren. Weißt du jetzt, weshalb ich nichts gegen Zaander unternehmen kann und seine Befehle ausführen muß?«
Donald Chapman schauderte. Dem dreißig Zentimeter großen Puppenmann tat der riesige Ndoyo leid. Nach einer Weile wischte Ndoyo sich die Augen, putzte sich die Nase und fuhr weiter.
»Ich kann nicht davon reden, ohne daß es mich packt«, gestand Ndoyo. »Wenn es einen Gott gibt, dann wird Johan Zaander für seine Schandtaten büßen und in der Hölle brennen. Ich aber muß ihm dienen. Mir bleibt keine andere Wahl.«
Die beiden äußerlich so verschiedenen Männer fuhren durch die Nacht, Amsterdam entgegen. Das Schicksal Ndoyos und das Donald Chapmans wies Parallelen auf. Beide waren Opfer von Dämonen, wenn es Ndoyo auch weit schlimmer getroffen hatte als Donald Chapman.
Chapman erzählte Ndoyo nun, wie er zu seiner jetzigen Größe gekommen war. Er sprach sachlich; er hatte sich mit seinem Los abfinden müssen. Jammern und Wehklagen halfen nichts.
Ndoyo hörte interessiert zu. »Dorian Hunter hat also diesen Roberto Coppello erledigt? Oh, wenn er doch nur auch Johan Zaander zur Strecke brächte! Aber daran glaube ich nicht.«
»Er hat jedenfalls bessere Aussichten, wenn du mich laufenläßt«, sagte Donald Chapman beschwörend. »Du brauchst nichts direkt gegen Zaander zu unternehmen. Du brauchst mir nur die Hände losbinden, rechts ranzufahren und die Autotür aufzumachen.«
Ndoyo schüttelte den Kopf. »Zaander würde durch Hypnose und magische Beschwörungen die Wahrheit aus mir herausholen, und dann müßte Noe'mi es büßen.« Er zuckte gequält zusammen. »Nicht einmal daran denken darf ich, dich laufenzulassen, ohne daß mir ein Schmerz durch Mark und Bein fährt. Hassen kann ich Zaander, solange ich will, ihm Böses wünschen und alles mögliche, aber sobald ich an praktische Erwägungen denke, durchzuckt es mich. Er hat in meinem Gehirn eine magische Blockade errichtet. Nein, mein armer kleiner Freund, ich muß dich dem Dämon ausliefern. Mir bleibt keine andere Wahl.«
Chapman redete auf Ndoyo noch weiter ein, aber er konnte ihn nicht umstimmen. Sie erreichten Amsterdam, fuhren durch die Stadt und hielten vor der alten halbzerfallenen Villa Johan Zaanders. Ndoyo stieg aus, holte hinter der Mauer den Schlüssel hervor und schloß das eiserne Gittertor auf. Er öffnete es und fuhr den Wagen vor die Villa.
Johan Zaander
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