0230 - Heroin für Gangsterarme
stieß einen spitzen Schrei aus und ließ das Messer fallen.
Hagerts stürzte nach hinten.
Ich lehnte mich gegen die Wand und schloß die Augen.
»Donnerwetter!« sagte eine leise, zitterige, fast ehrfürchtige Stimme. »Donnerwetter, Sir! Das werde ich meinem Sohn erzählen, wenn er hier ist!«
Im Augenblick war es mir völlig gleichgültig, wer wem was erzählte.
***
Als die beiden Burschen wieder zu sich kamen, hockten sie gefesselt nebeneinander auf der Couch, die sie gerade ruiniert hatten. Stanislaus Potenkusch saß auf einem Stuhl und gab sich Mühe, nicht zu zeigen, daß er Schmerzen hatte. Die Frau hatte die Kinder beruhigt und dann unter den zerbrochenen Gläsern drei winzige Schnapspintchen gefunden, die noch verwendungsfähig waren. Eine Flasche scharfer, beißender, aber guter Schnaps stand mitten auf dem Fußboden.
Der Alte aus der Mansarde, Potenkusch und ich hatten uns zugeprostet. Und ich glaube, es haben wenige Schnäpse so gut geschmeckt wie dieser.
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Humming und Hagerts unruhig wurden. Vermutlich fürchteten sie, meine Art der Unterhaltung könnte ihrer Gesundheit nicht bekommen, die augenblicklich Sowieso schon angegriffen genug war. Es konnte nicht schaden, wenn sie ein bißchen Angst schwitzten.
Die Frau verließ mit ihren Kindern die Wohnung. Draußen im Treppenhaus hatten sich eine Menge Leute versammelt, wie ich in dem Augenblick erkennen konnte, als die Frau mit den Kindern hinausging. Die Tür schloß sich hinter ihr. Ich nickte zufrieden. Die Leute draußen taten mir allein duch ihre Anwesenheit einen großen Gefallen. ‘
»Ihr seid fünf«, sagte ich. »Das weiß ich genau. Wo sind die anderen?«
Die beiden schwiegen. Ihre Gesichter zeigten Trotz. Ich zuckte die Schultern und stand auf.
»Ganz wie ihr wollt«, sagte ich. »Dann gehe ich jetzt selber, um einen Wagen heranzutelefonieren, der euch fortbringt. Es kann sein, daß ich eine Viertelstunde wegbleibe. Vielleicht auch 20 Minuten. Ich frage mich, was wohl die aufgebrachten Nachbarn in der Zwischenzeit mit euch machen werden… Na, ich werd’s ja sehen, wenn ich zurückkomme.«
Ich ging zur Tür. Der alte Mann verbiß sich ein Grinsen, das konnte ich deutlich an seinen lustig funkelnden Augen erkennen.
Als ich die Hand auf den Türknopf legte, rief Hagerts hastig: »Halt! So bleiben Sie doch! Sie können uns doch nicht dieser Meute ausliefern!«
»Sagten Sie ›Meute‹?« wiederholte ich erstaunt. »Das sind alles ehrbare Leute. Natürlich haben sie ein bißchen Wut. Allmählich läuft jedem mal die Galle über. Und ihr habt euch ja alle Mühe gegeben, die Wut dieser Leute zu schüren. Ich will nicht sagen, daß nicht auch die ehrenwertesten Leute, wenn sie richtig Wut haben, ein bißchen brutal werden könnten. Aber ich glaube nicht, daß sie mir etwas tun werden.«
Ich wandte mich wieder der Tür zu und zog sie auf.
»Stopp!« rief Humming. »Machen Sie die Tür zu! Ich sag’s Ihnen, wo die anderen sind! Aber nur, wenn Sie mir versprechen, daß Sie uns nicht allein diesen Leuten ausliefern!«
»Hede schon!« brummte ich. »Auf Bedingungen lasse ich mich nicht ein. Eure Sorte stellt einem G-man keine Bedingungen.«
Humming schnaufte. Noch bevor er sich endgültig dazu durchgerungen hatte, die anderen zu verpfeifen, platzte Hagerts damit heraus: »Sie sitzen in einer Kneipe und warten auf uns!« sagte er und fügte den Namen hinzu. Ich kannte die verräucherte Bude bereits, denn ich hatte gestern eine Tasse Kaffee dort getrunken.
Ich riß ein Blatt aus meinem Notizbuch, schrieb unsere Telefonnummer darauf und drückte es dem alten Mann in die Hand.
»Gehen Sie zum nächten Telefon, und rufen Sie diese Nummer an!« bat ich. »Sagen Sie, Sie sprächen im Aufträge von Jerry Cotton! Man soll die beiden Streifenwagen, die dieser Straße am nächsten stehen, sofort hierhinschicken. Ich warte hier oben auf die Kollegen.«
Der Alte nahm den Zettel. Er tappte auf seinen alten Beinen zur Tür. Als er sich auf der Schwelle noch einmal umdrehte, sagte er: »Ich glaube, ich habe noch nie in meinem ganzen Leben so gern einen Telefonhörer in die Hand genommen.«
Er ging hinaus. Ich blickte ihm nach. Potenkusch zeigte mir in der Küche das Waschbecken und gab mir ein frisches Handtuch und Seife. Ich wusch mir das Gesicht und trocknete mich ab. Danach steckten wir beide uns Zigretten an und warteten.
Es dauerte ungefähr zehn Minuten bis der Alte wiederkam. »Sie wollten mich nicht die
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