0231 - Der Tod spielt auf im Treppenhaus
nicht selten vor, dass wir einen Drugstore betraten, und sich niemand darin befand außer einigen Burschen, von denen wir genau wussten, dass sie zur Gang gehörten.
Alle anderen Leute hatten das Weite gesucht.
Ich glaube, dass Rallaro die zunehmende Spannung ebenso spürte wie wir.
Er musste begreifen, dass es nicht genügte, wenn er in gewohnter Weise seinen Zwang ausübte und zeigte, dass wir ihn nicht daran hindern konnten. Er musste fühlen, dass allein unsere Anwesenheit genügte, um auf die Dauer seine Stellung zu unterhöhlen. Er wusste, dass, wenn es uns gelang, nur einen Stein aus der Mauer von Angst, die er um sich errichtet hatte, zu brechen, die ganze Mauer Zusammenstürzen würde.
Wir merkten, dass der Kampf begann, als die Zwischenfälle sich häuften. Von Anfang an, als wir unsere nächtlichen Rundgänge begannen, hatte es Zwischenfälle gegeben. In Slum-Bezirken kommt es immer wieder einmal zu Zusammenstößen, häufig mit Leuten, die einen über den Durst getrunken haben, oder mit irgendwelchen Halbstarkengruppen, die nicht wissen, wohin sie mit ihrer Kraft sollen.
Auch wenn wir nicht direkt angepöbelt wurden, mischten wir uns in solche Auseinandersetzungen ein und sorgten für Ruhe und Ordnung, wie es jeder normale Polizist getan hätte.
In zwei Fällen gerieten wir selbst mit einer Bande Jugendlicher aneinander.
Wir zeigten ihnen, dass sie vom Boxen nichts verstanden, und als die Meute den Rückzug antrat, lagen vier Knaben sanft schlummernd auf dem Pflaster.
Wir lieferten sie im 14. Revier von Lieutenant Clay ab, und der Lieutenant verstand es, aus den Jungen eine ganze Reihe von Namen ihrer Kumpane herauszuholen. Er veranstaltete zwei Razzien und kassierte an die zwanzig Jugendliche, die von einem Schnellrichter wegen Herumtreiberei, Ruhestörung und sonstiger Kleinigkeiten zu Jugendstrafen verdonnert wurden.
Selbstverständlich blieb diese Maßnahme ohne unmittelbare Auswirkung auf Rallaros Herrschaft. Aber die Leute sahen doch, dass die Polizei sich nicht scheute, auch in diesem Bezirk aufzutauchen.
Die Razzien hatten zur Folge, dass die Zusammenstöße geringer wurden, ja, dass sie fast völlig aufhörten. Ich hatte den Eindruck, als habe Rallaro befohlen, dass alle sich ruhig verhalten sollten. Diese Ruhe trat etwa in der Mitte jener Zeit ein, die wir für die nächtlichen Streifzüge verwandten.
Dann, schlagartig von einer Nacht auf die andere, brachen die Unruhen wieder aus, aber damals ahnten Phil und ich nicht, dass sie der Anfang von Juan Rallaros Ende bedeuteten.
***
Es begann damit, dass eine Horde von Burschen, von denen keiner älter als zwanzig Jahre war, gegen Mitternacht mit einem Wagen durch die Watts Street tobte. Die Jungen hingen auf der Mühle, einem alten Chevrolet, wie die Trauben. Sie hockten und lagen auch auf dem Kühler, und sie nahmen dadurch dem Fahrer hinter dem Steuer die Sicht, was diesen wiederum durchaus nicht veranlasste, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Das Auto fuhr Schlangenlinien, geriet immer wieder auf den Bürgersteig und brachte, da der Fahrer auf die Zurufe seiner Kumpane angewiesen war, die Passanten in Gefahr.
Die Watts Street war zu dieser Stunde noch sehr belebt. Die Leute mussten sich vor dem rasenden Gefährt in Hauseingänge und Toreinfahrten retten.
Der Zwischenfall geschah, als Phil und ich die Watts Street passierten, und ich hatte den Eindruck, dass man auf uns gewartet hatte, um die Sache steigen zu lassen, denn der Wagen kam aus einer Querstraße hervorgeschossen.
Den Wagen begleitete eine Schimpfkanonade der erschreckten Menschen. Phil und ich sprangen auf die Fahrbahn, um den Schlitten zu stoppen.
Der Wagen blieb bei seiner Geschwindigkeit, die an die dreißig Meilen betragen mochte. Wir mussten uns mit weiten Sätzen zur Seite retten, aber wir waren schließlich durch eine harte Schule gegangen. Wir wichen dem Wagen aus, aber wir griffen beide zu. Ich erwischte die Lederjacke eines Boys, der auf dem Kühler saß. Ich warf mich gegen den Ruck wie ein Cowboy, der ein ungezähmtes Pferd am Lasso hat. Der Boy vermochte sich nicht zu halten. Er kam herunter, und da ich ihn im richtigen Augenblick losließ, wurde ich nicht mit in seinen Sturz hineingerissen. Phil gelang auf der anderen Seite das gleiche Manöver.
Von einem Wagen, der mit dreißig Meilen in der Stunde fährt, fällt man nicht gerade sanft. Die Jungen knallten massiv auf das Pflaster. Der eine von ihnen rollte um seine eigene Achse, landete im Bordstein und
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