0231 - Der Tod spielt auf im Treppenhaus
fürchte, dass wir zu spät gekommen sind«, sagte er düster. Phil fasste den Lieutenant am Ärmel.
»Sie glauben doch nicht, dass Rallaro den Mann, die Frau und das Kind hat beseitigen lassen? — Das ist einfach nicht vorstellbar!«
Clay gab keine Antwort, aber sein Gesicht bewies, dass er Rallaro auch dieses Verbrechen zutraute.
»Bitte, fahren Sie uns zum Hauptquartier!«, sagte ich. »Wir schalten das FBI in die Fahndung nach dem Mann ein.«
***
Zehn Minuten später standen wir Mr. High in seinem Büro gegenüber. Es bedurfte nicht vieler Worte, um unserem Chef zu erklären, warum das Schicksal des Hafenarbeiters Federigo Montalban für uns so wichtig war. Mr. High alarmierte per Hundtelegramm sofort sämtliche Polizeireviere in New York, und er beauftragte fünf G-men, die Nachforschungen aufzunehmen.
Sobald die Aktionen liefen, wollten Phil und ich aufbrechen. Der Chef hielt uns zurück.
»Was haben Sie als nächsten Schritt vor?«, fragte er.
»Wir werden Rallaro suchen!«, sagte ich.
»Das dachte ich mir. — Jerry und Phil, ich möchte Sie warnen. Sie haben nicht die Aufgabe, Juan Rallaro um jeden Preis aus dem Weg zu räumen. Sie haben sich verpflichtet, immer im Rahmen des Gesetzes zu handeln.«
»Manchmal fürchte ich, Chef, dass wir eine Niederlage einkassieren werden, wenn wir immer zuerst an das Gesetz und erst in zweiter Linie an die Aufgabe denken«, sagte Phil.
Mr. High lächelte ein wenig. »Wenn Sie ohne Rücksicht auf das Gesetz arbeiten wollen, Phil«, sagt er, »dann müssen Si£ Ihren Ausweis und Ihre Pistole auf diesen Tisch legen, und dann werden Ihre eigenen Kollegen Sie verfolgen, falls Sie Juan Rallaro töten sollten.«
Phil presste die Lippen zusammen und sah zu Boden.
»Schon gut, Chef«, knurrte er schließlich. »Leider wissen Jerry und ich viel zu genau, was wir tun und lassen dürfen.«
»Ich setzte volles Vertrauen in Sie, wie immer.«
Die Warnung des Chefs wirkte. Wir verzichteten darauf, Rallaro zu suchen.
Wir wussten, dass er mehrere Wohnungen im Viertel besaß. Eine davon lag in der Vestry Street über dem Arriba Nightclub, und wir kannten auch die anderen Adressen. Wahrscheinlich hätten wir ihn irgendwo gefunden, aber wir hätten nichts gegen ihn unternehmen können.
Es war sinnlos, ihm zu drohen, oder zu versuchen, ihn einzuschüchtern. Er hatte gelernt, dass wir gefährlich waren, und er würde den gleichen Fehler wie im Arriba Klub nicht noch einmal begehen.
Wir taten alles, um eine Spur von Federigo Montalban zu finden. Den ganzen Nachmittag über versuchten wir, etwas aus den Leuten herauszuholen, die ihn kannten. Wir gingen jedem noch so spärlichen Hinweis nach, und mit uns suchten G-men und Polizeibeamte in ganz New York nach dem Mann, seiner Frau und dem Kind.
Die Suche blieb ergebnislos.
Nachts um elf Uhr trafen wir noch einmal mit Lieutenant Clay zusammen, dessen Leute uns bei unserer Arbeit unterstützt hatten. Wir telefonierten mit der Fahndungsabteilung des Hauptquartiers. An mehreren Stellen der Stadt hatten Cops Leute festgehalten, die sie für die Gesuchten hielten, aber alle Fälle stellten sich als Irrtümer heraus.
Etwa um Mitternacht langten wir vor der Haustür der Desbrosses Street 162 an. Es war zwecklos, in der Nacht weiterzusuchen, und uns beiden stand heute nicht der Sinn danach, unseren Streifzug durch das Viertel fortzusetzen. Als ich schon die Hand auf der Klinke hatte, hörte ich einen leisen Pfiff. Er kam von der gegenüberliegenden Straßenseite.
Phil und ich sahen uns um.
»Vielleicht ein Boy und ein Girl«, meinte Phil.
Ich drückte die Tür auf. Im gleichen Augenblick wurde wieder gepfiffen.
»Es kommt aus der alten Fabrik auf der anderen Seite«, stellte Phil fest.
Schräg der Nummer 162 gegenüber lag ein verlassenes Fabrikgebäude. Die Fenster waren zerbrochen. Ein paar verrottete Maschinen standen noch in der Halle, die das ganze Erdgeschoss einnahm, aber niemand bewohnte den Bau, ausgenommen die Ratten.
Ich löste mich von der Tür und trat an den Fahrbahnrand. Zum dritten Mal wurde gepfiffen, und ich legte ganz sacht die Hand an den Griff meiner Pistole.
»He, wenn Sie etwas von uns wollen, kommen Sie herüber!«, rief ich laut.
Eine Männerstimme rief, aber leise: »Kommen Sie! Rasch! Seien Sie vorsichtig! Bitte, beeilen Sie sich!«
Ich nahm die Pistole in die Hand.
»Bleib besser hier!«, sagte ich leise zu Phil.
Ich überquerte die Fahrbahn und ging auf das schwarze Gemäuer der Fabrik zu.
Die
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