0233 - Gejagt von den Dämonenschatten
flog ein jungenhaftes Lächeln, das Babs so sehr an ihm liebte. Allerdings konnte sie es in letzter Zeit höchst selten noch an ihm finden, weil Kerr die letzten Monate völlig in der Tretmühle seines Berufs aufgegangen war. Auch bei Scotland Yard machte sich der Personalmangel bemerkbar.
»Was ist es denn?«
»Sei so lieb und stell mir eine Blitzverbindung mit Château Montagne her«, sagte er, warf einen Blck auf den Kaffee und fügte hinzu: »So blitz aber auch wieder nicht, zuerst will ich meinen wohlverdienten Muntermacher einschütten!«
»Château Montagne?« echote Babs. »Zamorra? Was ist passiert?«
Wenn Kerr mit Zamorra sprechen wollte, dann nicht um über das miese Wetter zu plaudern!
»Top Secret!« verkündigte Kerr jedoch wichtigtuerisch und schob seinen Luxuskörper mit gut getarnter Eleganz aus dem Miniraum.
Er zog den Mantel aus, nahm den Kristall heraus und setzte sich hinter seinen Schreibtisch, auf dem bereits der tägliche Papierkrieg zur Absegnung wartete.
Kerr degradierte den Kristall zum Briefbeschwerer und wartete dann in aller Ruhe auf seinen Kaffee.
Er ahnte nicht, in welcher Gefahr er schwebte…
***
Raffael Bois war einiges gewöhnt, seit er in den Diensten von Professor Zamorra stand. Mit den Jahren hatte er einen gewissen Sinn für das Übernatürliche bekommen.
Jetzt schluckte er aber doch, als unmittelbar vor ihm zwei Gestalten aus dem Nichts erschienen, die er in der Nacht noch ins Nichts verschwinden sah: Zamorra und Nicole Duval!
Der Butler hielt sich zum Zeitpunkt ihrer Materialisation zufällig im Arbeitszimmer des Parapsychologen auf.
Er spürte einen Stich der Erleichterung, als er die beiden Menschen wohlbehalten vor sich sah. Das Fantastische der Situation registrierte er eher beiläufig.
Bisher hatte er noch keine amtlichen Stellen über das Verschwinden informiert; diese Umsicht sah sich wieder einmal gerechtfertigt.
»Mit Verlaub«, räusperte sich Raffael, »darf man fragen, woher Sie kommen, Chef?«
Zamorra sah ihn verdutzt an.
Dann fiel er in prustendes Gelächter, weil man über Raffaels Butlerwürde zu Zeiten nichts anderes tun konnte, als lachen. Besonders, wenn sie völlig deplaziert wirkte.
»Wir sind wieder zu Hause«, seufzte Zamorra, nachdem er wieder Luft bekam. Er preßte Nicole erleichtert an sich. »Was sagst du dazu? Das Amulett hat auch mal wieder was Gutes getan!«
Auch Nicole lächelte.
Doch da war auch Skepsis in ihrem Blick. Mit leichter Verwirrung sah sie sich um.
»Wie spät ist es, Raffael?« erkundigte sie sich, von einer unbestimmten Ahnung erfüllt.
Der Butler deutete auf die Digitaluhr, die auf Zamorras Schreibtisch stand.
»Sechzehn Uhr dreiundzwanzig«, las er die Ziffern ab. In diesem Moment sprang eine Zahl um. »Sechzehn Uhr vierundzwanzig«, korrigierte sich Raffael.
Zamorra hob die Brauen.
Sein Erstaunen war echt. Er konnte nicht glauben, daß sie so lange an jenem seltsamen Ort verbracht hatten.
Sechzehn Stunden!
Dann erst fiel ihm ein, daß das Amulett die jeweiligen Orts Versetzungen durchgeführt hatte. Ortsversetzungen, die nichts mit Teleportation oder dem zeitlosen Sprung der Druiden zu tun hatten, sondern über die Zeitspur verliefen. Im Klartext hieß das, daß Merlins Stern gar nicht in der Lage war, im üblichen Sinn Menschen oder Gegenstände an andere Orte zu versetzen. Wenn überhaupt, ging das nur über den Umweg der Zeitmanipulation!
Eine örtliche Versetzung mit dem Amulett bedeutete deshalb zwingend auch einen Zeitsprung. Warum das so und nicht anders war, wußte Zamorra selbst nicht, dafür hatte er sich mit dieser Problematik noch nie eingehend genug auseinandergesetzt.
»Verdammt«, knurrte er und legte Nicole und Raffael seine Hypothese dar.
Raffael empfahl sich schon nach wenigen Worten grauer Theorie, indem er beiden ein verspätetes Frühstück versprach. Weder Zamorra noch Nicole hatten etwas dagegen. Das kurze Abenteuer hatte sie doch etwas geschafft, und die beste Möglichkeit, verlorene Kräfte zu regenerieren war ihrer. Meinung nach immer noch, erstmal herzhaft zuzulangen.
Danach konnte man dann die zweite Stufe der Entspannung angehen und den versäumten Schlaf nachholen. Gemeinsam, versteht sich.
»Ziehen wir uns fürs Frühstück extra noch an, äh, um, oder lasen wir’s uns schmecken wie wir sind?« stellte Nicole die Vertrauensfrage.
Ihre Augen leuchteten verheißungsvoller denn je. Für sie schien das bedrohliche Erlebnis abgeschlossen zu sein und den Stellenwert
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